Angst vor dem Blutbiss
machten den Eindruck, als würden sie nichts verstehen. Dann sprach Katja Lagemann plötzlich. Ihre Stimme klang wie die eines kleinen Kindes.
»Sind wir wirklich gerettet?«
»Ja, das seid ihr…«
***
Ihm gehörte die Schule. Ihm gehörten die Menschen. Ihm gehörte all ihr Blut. Der Namenlose konnte sich kaum beruhigen. Er war der große Sieger. Er würde sich alles, aber auch alles holen. Diese Nacht sollte zu seinem Blutfest werden, und er würde sich am Entsetzen seiner Opfer ergötzen, die Angst vor dem Blutbiß hatten.
Er ging weiter.
Die Treppe lag vor ihm. Er mußte noch einige andere überwinden, um in der Halle zu erscheinen. Genau dieses Ziel hatte er sich als erstes ausgesucht. Dort würde er sich umschauen, er wußte, daß die Schüler und Schülerinnen sich oft genug in der Halle aufhielten. Wenn sie ihn sahen, würden sie flüchten, aber nicht alle würden ins Freie entkommen.
Viele würden in ihrer Angst in die Zimmer laufen, und dort saßen sie dann fest wie in einer Zelle.
Er lächelte.
Er fletschte die Zähne, er freute sich über das Blut. Für ihn sollte es in Strömen fließen.
Die nächste Treppe lag vor ihm. Sie war ihm vertrauter, denn man hatte sie aus Stein gebaut. Die bis unter das Dach führende Treppe hatte Holzstiegen.
Ab jetzt nicht mehr.
Er ging.
Die erste Stufe, die zweite, die dritte, er ging auch schneller, und auf der sechsten Stufe erwischte es ihn.
Plötzlich verkrampfte sich sein Körper. Sein rechter Arm schnellte in einem zuckenden Reflex hoch, senkte sich wieder, und so konnte die Hand das Geländer umfassen.
Es war der reine Wahnsinn. Etwas hatte ihn erwischt wie ein Stich mit der Laserkanone. Dieses Etwas hatte sich durch seinen Körper gebohrt und einen glühenden Schmerz hinterlassen. Er konnte plötzlich fühlen und hatte im ersten Augenblick den Eindruck, daß dieser Schmerz der Vorbote des Todes gewesen war.
Der Vampir stand auf der Treppe. Er schwankte. Jetzt mußte er sich festklammern, um nicht zu fallen. Etwas rieselte durch seinen Körper, und er merkte, daß er zitterte.
Bleich war er geworden, noch bleicher.
Was war das nur? Was war das? Während dieser Gedanken glitt er in die Knie. Die gesamte Umgebung drehte sich vor seinen Augen. Etwas, das er nie für möglich gehalten hatte. Es bereitete ihm Sorgen, daß er plötzlich wie ein Mensch reagierte, dabei war er gar nicht angegriffen worden. Er nicht, nein, aber eine andere Person.
Susan!
Der Name war wie ein Schrei, der durch sein Gehirn hallte. Susan war angegriffen worden, und nicht nur das, jemand hatte es geschafft, sie zu vernichten.
Es gab sie nicht mehr.
Der namenlose Blutsauger produzierte schreckliche Geräusche. Er hockte auch jetzt auf der Treppenstufe wie ein ängstliches Kind, das auf seine Strafe wartete.
Es ging vorbei. Es mußte einfach an ihm vorbeigehen, denn er existierte noch. Er wollte einkehren in die Vampirwelt des Dracula II. Er, der Heimatlose, wollte endlich eine Heimat finden und bei den anderen sein.
Aber erst mußte er seine Rache durchziehen, auch wenn ihm ein Teil nicht so gelungen war, wie er es sich vorgestellt hatte.
Susan war vernichtet – endgültig, es gab sie nicht mehr. Aber wer hatte sie getötet?
Die beiden Mädchen?
Nein, nicht die. Das konnte er einfach nicht glauben. Es gab da noch jemand anderen.
Häscher waren ihm auf der Spur. Er hatte sie nicht gesehen, er hatte sie nur gefühlt. Sie mußten in der Schule sein, die doch ihm gehörte, verflucht.
Er erhob sich.
Seine Bewegungen waren wieder geschmeidiger geworden. Die letzten Minuten hatten ihm die Zeit gegeben, sich zu erholen. Weitergehen, hinein in die Halle.
Die Schule gehört mir!
Er dachte nicht mehr so, denn von nun an kam ihm der Gedanke als blanker Hohn vor.
Er würde, er mußte vorsichtiger sein…
***
Und vorsichtig waren auch Jane Collins und ich. Dieser Blutsauger konnte überall lauern. Es gab zahlreiche Verstecke. Er konnte sich in jede dunkle Türnische hineingedrückt haben, er konnte auch eine Waffe tragen, alles war möglich. Wo sollten wir anfangen?
Vampire lieben Dunkelheit, und dunkel war es im Keller. Aber draußen lauerte bereits die Nacht, und sie hatte ihre Finsternis durch die Fenster in die Zimmer und Flure geschickt, so daß auch innerhalb der Schule das Licht nicht eben strahlend war, obwohl die Deckenleuchten eingeschaltet worden waren.
Es waren helle Kugellampen, die an langen, starren Stäben nach unten hingen. Sie schwebten in den hohen
Weitere Kostenlose Bücher