Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)
Jahren gestorben, dachte er. David musste damals noch ein Baby gewesen sein, Anna-Maria drei, und Jonas war wahrscheinlich noch nicht einmal zur Schule gegangen. Himmel, wie hatte sie das geschafft? Drei kleine Kinder, ein Geschäft und ein Haus, die sie beide verkaufen musste, und das andere Haus, das sie ihr Leben lang geliebt hatte, stellte sich als blaue Scheußlichkeit heraus. Die Tatsache, dass sie es geschafft und offensichtlich gut geschafft hatte, verriet viel über Sannas Charakter.
Den Frauen, die er kannte, wäre das nie gelungen. Der Verkauf von Geschäft und Haus wäre wohl kein Problem gewesen. Dafür hätten sie ihre Anwälte und Makler angerufen. Auch der Umzug in dieses Haus in der schönen Allee wäre kein Thema gewesen, wenn auch keine der Frauen, die er sonst ausgeführt hatte, eingezogen wäre, ohne vorher einen Dekorateur zu beauftragen. Außer vielleicht seine Ex-Verlobte Gitta. Sie hatte ihn dadurch überrascht, dass sie ihm das Gefühl vermittelt hatte, dass er die Frau hinter der schönen Fassade gar nicht gekannt hatte. Das, was jede dieser Frauen in die Knie gezwungen hätte, waren die Kinder.
Jede Frau in seiner Bekanntschaft würde bei dem Gedanken an drei Kinder vor Schreck lauf aufschreien. Drei Kinder alleine aufziehen zu müssen hätte ihnen allen den Rest gegeben.
Ihm fiel auf, dass Sanna es konsequent vermied, ihm in die Augen zu sehen. Im Sonnenlicht konnte er goldene Lichter in ihrem Haar spielen sehen. Im Kunstlicht der Hotellobby und später im Zimmer hatte er das Gold und die paar Sommersprossen auf ihrer Nase nicht sehen können. Dagegen kannte er den verführerischen Schwung ihrer Unterlippe nur zu gut aus Erinnerung und Berührung. Sanna hatte wie flüssiges Feuer geschmeckt, und er hatte nicht genug von ihr bekommen können. Er glaubte nicht, dass er je genug von ihr bekommen könnte, und das machte ihm angst.
Was sollte er tun, wenn sein Verlangen nach ihr nicht erlosch? Er hatte gehofft, dass Sanna, wenn er unangemeldet hereinplatzte, etwas tun würde, was ihm gezeigt hätte, wie unpassend sie für ihn war. In einen Kindergeburtstag hineinzugeraten hätte da eigentlich wirken sollen. Er sollte schon lange wieder auf dem Nachhauseweg sein. Warum war er dann noch hier?
Er sah zu, wie sie die übriggebliebenen Brötchen in den Brotkasten packte. Sofort glitt sein Blick ihren Rücken entlang und heftete sich auf die langen, schlanken, sonnengebräunten Beine. Ihre Shorts saßen weder besonders eng, noch zeigten sie viel Bein, aber dennoch mussten es die aufregendsten Shorts sein, die je eine Frau getragen hatte. Hitze flammte in ihm auf, und das Blut kreiste schneller durch seine Adern. Er wollte sie. Er wollte sie jetzt. Obwohl draußen zwei Kinder im Garten spielten und eines oben schlief, wollte er so tief in sie eindringen, dass die Qual der letzten zwei Monate damit gebannt war. Zweiundsechzig Tage und Nächte lang hatte er in Angst gelebt, sie nicht wiederzufinden. Nun, wo er sie gefunden hatte, konnte er nur daran denken, sie ins nächste Bett zu bringen.
Er konnte ihr wirklich keinen Vorwurf machen, wenn sie ihn aus dem Haus warf. Er verdiente den Rauswurf, weil er sich lüsternen Gedanken über ihren Körper hingab, während ihre Kinder um sie herumtobten. Er sollte sich schämen, tat es aber nicht. Dafür begehrte er sie viel zu sehr.
Sie drehte sich um und sah ihn fragend an. Offensichtlich war sie nervös, als wüsste sie genau, woran er gerade dachte. Sie versuchte, in seinen Augen zu lesen, aber das machte sie nur noch unruhiger. Er hoffte, dass ihm seine Gedanken nicht anzusehen waren.
Er musste etwas sagen, um auf andere Gedanken zu kommen. Er öffnete den Mund und sagte das Erste, was nicht mit Sex, ihrem Körper oder der Art, wie sie schmeckte, zu tun hatte.
„Dein Sohn wünscht sich also einen Papi zum Geburtstag.“
4.
Der Lappen, mit dem sie gerade den Tisch hatte abwischen wollen, fiel mit einem leisen Platschen zu Boden. Sie musste sich verhört haben. Sie konnte Johannes unmöglich richtig verstanden haben. „Entschuldige, was hast du gesagt?“
„Ich habe mich gefragt, warum Jonas seinen wichtigen Geburtstagswunsch darauf verschwendet hat, sich einen Papi zu wünschen. Du schaffst es doch offensichtlich wunderbar, ihn ohne
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