Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)
er eigentlich, dass es eher so klang, als hätte sie schon mal vorgehabt, eine Einladung anzunehmen, sich dann aber alle Argumente vorgehalten, weshalb das keinen Sinn machte.
Er hätte gerne gewusst, wann sie das erste Mal erwogen hatte auszugehen. War es ehe oder nachdem sie ihn kennengelernt hatte?
„Ich ...“
Sie sprach nicht weiter, als Jonas und Anna-Maria ins Haus gehetzt kamen, als drohte der Himmel herabzufallen. Die Tür flog mit einem lauten Knall auf. Noch ehe sie sich wieder schließen konnte, sprang Rocco mit lautem Gebell und der Grazie eines Elefanten im Porzellanladen hinterher. Hinter ihm schlug die Tür wieder zu, und es gab erneut einen Knall.
„Hallo, Mama“, schrie Jonas, hielt auf seine Geschenke zu und begann, sie durchzuwühlen. „Was gibt es zum Abendbrot?“
„Wir haben gerade die Reste vom späten Mittagessen weggeräumt.“ Sannas Hand schoss vor und schloss sich um Anna-Marias Arm, ehe sie sich aus der Küche stehlen konnte. „Und du, junge Dame, brauchst ein Bad.“
Johannes versuchte, mit dem plötzlichen Aufruhr Schritt zu halten. Sein Blick glitt von Jonas zu Sanna und weiter zu Anna-Marias ruiniertem Kleid und schließlich zu Rocco, der eine Wasserschüssel bearbeitete, als hätte er gerade die Sahara durchquert, und wanderte dann zurück zu Sanna. Jeder redete gleichzeitig. Anna-Maria beklagte sich, weil sie nicht umgezogen werden wollte, Sanna jammerte über das Kleid, und dass sie es nie sauber bekommen würde, und Jonas wollte Abendbrot essen. Rocco schlabberte noch immer aus seiner Fünf- Liter-Schüssel. Rundum flogen die Wassertropfen.
„Aber Mama“, jammerte Jonas. „Ich hatte gar keine Zeit zu essen. Ich musste so viele andere Dinge erledigen.“
„Ich weiß ganz sicher, dass ich dir vor höchstens einer Stunde einen Hamburger überreicht habe. Was ist damit passiert?“
Sie zupfte ein Blatt und ein paar Zweige aus dem Zopf ihrer Tochter und sah dann wieder ihren Sohn an.
„Er ist mir runtergefallen, und Rocco hat ihn gefressen.“ Jonas suchte sich eine Bascape aus und setzte sie sich auf den Kopf.
„Können wir heute Pizza bestellen?“
„Heute nicht, Jonas.“ Sanna griff sich ein großes gelbes Handtuch, das in Roccos Nähe gehangen hatte, und hielt es mit beiden Händen vor sich. Johannes sah verwundert zu, wie der Hund seinen großen Kopf hineindrückte und hin und her rubbelte. Der Hund schien sich sein haariges Gesicht abzutrocknen. Sanna half ihm und hängte das Handtuch dann zurück an den Haken. Rocco schob mit dem Kopf einen Stuhl zur Seite und verschwand unter dem Küchentisch. Gähnend legte er sich hin und schlief ein.
„Aber, Mama, ich habe doch Geburtstag.“
„Ich weiß, dass wir sonst an Geburtstagen Pizza essen, aber ohne Oma, Opa oder Tante Clara will ich nicht ausprobieren, ob die Pizza in zwanzig Minuten hier ist, sonst Geld zurück.“
„Aber, Mama, wir haben doch Gesellschaft.“ Jonas sah Johannes an und grinste. „Zählt Johannes etwa nicht als Gesellschaft?“
Johannes sah Sanna an und lächelte. Jonas rettete ihn bereits das zweitemal vor einem Rausschmiss. „Ich habe einen Vorschlag“, sagte er. „Du ziehst Anna-Maria etwas Schmutzabweisenderes an, und Jonas kann seine Geschenke wegräumen. Und wenn David aufwacht, können wir Pizza bestellen und die Zeit nehmen. Ich lade euch ein.“
„Bitte, Mama“, bettelte Jonas.
Johannes sah, wie unentschlossen Sanna war. Vielleicht ging sie gerade die Liste mit all den Gründen durch, warum sie nicht ausgehen konnte. „Komm schon, Sanna“, neckte er sie, „es ist nur Pizza, sonst nichts. Ich war vorhin so beschäftigt, dass ich nicht einmal einen Hamburger abbekommen habe.“
Er war nicht hungrig gewesen und war es auch jetzt noch nicht, aber er wollte sich keinesfalls die Gelegenheit entgehen lassen, noch etwas länger hierbleiben zu können.
Sanna gab widerstrebend nach. „Na gut.“
„Hurra!“, brüllte Jonas. „Können wir extra viel Käse auf die Pizza bekommen?“
„Weil dein Geburtstag ist, könnt ihr haben, was ihr wollt“, versprach Johannes.
„Hurra!“, brüllte auch Anna-Maria und schleuderte ihre dreckigen Schuhe von den Füßen. „Kann ich meine mit Fischchen darauf haben?“
Johannes schüttelte sich. Welches fünfjährige Kind aß seine Pizza denn mit Sardellen?
„Nein, Anna-Maria, nicht mit Sardellen“, erwiderte Sanna. „Ich habe dir schon einmal erklärt, dass die Fische nicht mehr leben und du sie nicht in dein
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