Angstfalle
vollständig schließen. Als ihr Blick auf den Hang fiel, glaubte sie Spuren zu erkennen, die darauf hinwiesen, dass sich dort jemand lange aufgehalten hatte. Alles war niedergetrampelt. Es könnten aber auch ihre eigenen Spuren sein. Den Ast zwischen den Rollläden zu entfernen hatte sie einige Mühe gekostet. Da war es möglich, dass sie selbst den Boden an dieser Stelle platt getreten hatte. Vielleicht entdeckte sie Zigarettenstummel. Wenn sie sich richtig erinnerte, war sie aufgeschreckt, weil sich genau an dieser Stelle jemand eine Zigarette angezündet hatte. Aber sie fand nichts. Ärgerlich, schon wieder kein Hinweis für die Polizei. Sollte es ihr jemals gelingen, die Beamten von ihrem Verfolger zu überzeugen?
Bei der Erinnerung an die Hartnäckigkeit des Kriminalkommissars wunderte sie sich, wie es der Mutter von Roland Berkes gelungen war, sich bei der Polizei Gehör zu verschaffen, während ihre Aussagen immer nur angezweifelt wurden. Dabei wähnte sie sich tatsächlich in großer Gefahr – der Mord an Käthe war doch der beste Beweis dafür.
Allerdings durfte sie auch nicht darüber hinwegsehen, dass die Polizei sie womöglich für die Mörderin ihrer eigenen Freundin hielt. Zuerst war ihr dieser Gedanke abwegig erschienen. Doch je weniger Informationen sie über den Stand der Ermittlungen bekam, umso wahrscheinlicher kam ihr diese Erkenntnis vor.
Sie musste auf der Hut sein. Unter solchen Umständen konnte jedes Wort falsch sein. Da hieß es zu schweigen und darauf zu hoffen, dass die Wogen sich glätteten. In die Mühlen der Justiz wollte sie auf keinen Fall geraten. Wer wusste schon, ob sie da wieder herauskam – ob sie schuldig war oder unschuldig, spielte dabei keine Rolle.
Im Salon waren in der Zwischenzeit so viele Kunden eingetroffen, dass Daniela nicht mehr nachkam. Ihre Unbeweglichkeit durch die Halskrause kam noch erschwerend hinzu. Trixi gefiel es, die Kollegin in dieser misslichen Lage zu sehen. Das nahm ihr die Überheblichkeit.
Schon am gleichen Abend stand die Polizei vor Trixis Tür. Hauptkommissar Forseti wurde von Kriminalkommissar Diez begleitet, der ihr einen Hausdurchsuchungsbefehl vor die Nase hielt. Hinter den beiden standen mehrere Polizeibeamten.
»Darf ich erfahren, warum Sie mich wie eine Verbrecherin behandeln?«
»Wir haben die Leiche von Roland Berkes exhumiert«, erklärte Forseti.
»Warum tun Sie so etwas?«
»Ich glaube, Sie verstehen hier etwas nicht richtig«, wurde Forsetis Tonfall unfreundlich. »Sie sind die Verdächtige – also stelle ich die Fragen!«
»Trotzdem habe ich ein Recht darauf zu erfahren, was hier gespielt wird«, beharrte Trixi. »Seit Monaten lebe ich in meinem Haus in Angst und Schrecken. Kein Polizist kam auf die Idee, mir zu helfen. Man hat mich nur belächelt, niemand hat mir geglaubt. Und nun kommen Sie hier hereinspaziert, begleitet von einer ganzen Mannschaft von Neugierigen und stellen mir die Bude auf den Kopf. Was soll ich getan haben, wo ich doch eigentlich das Opfer bin?«
Forseti schaute die junge Frau eine Weile nachdenklich an und erwiderte: »Na gut! Wir haben festgestellt, dass sich im Magen von Roland Berkes Essensreste mit der Substanz Glykoside befanden. Dieser giftige Inhaltsstoff ähnelt dem des Roten Fingerhutes . Es handelt sich um herzwirksame Digitalis, was jedoch in zu hoher Menge eine kardiotoxische Wirkung hat. Roland Berkes erlitt durch eine Überdosis Digitalisglykoside einen Herzstillstand, was den Hausarzt vermuten ließ, dass er an Herzversagen starb. Erst die toxische Analyse konnte zweifelsfrei feststellen, dass der Mann vergiftet wurde.«
Trixi schluckte. Eine Weile starrte sie Forseti an, der ihr diesen Vortrag mit regungsloser Miene gehalten hatte. Vor diesem Polizeibeamten musste sie sich in Acht nehmen. Der Grad auf dem sie wandelte, war besorgniserregend schmal.
»Was glauben Sie hier zu finden?«, fragte sie. » Roten Fingerhut ?«
»Was wir suchen, steht im Hausdurchsuchungsbeschluss.«
Trixi las das Formular aufmerksam durch. Die Suche richtete sich gezielt nach einer Pflanze. Auch in welchem Zimmer das Gewächs vermutet wurde, war angegeben. Fassungslos schaute Trixi auf die Zeilen. Dort stand, dass die Pflanze Convallaria majalis , das Maiglöckchen, Hauptbestandteil der Suche sei und dass sich die Suche auf das erste Zimmer auf der linken Seite des Hauses beschränkte.
Woher hatte die Polizei diese genauen Angaben? Roland Berkes Mutter war niemals in ihrem Haus gewesen; von ihr
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