Angstfrei arbeiten
Rechnungen. Und bei anderen Kunden – da bekommen Sie schon Schweißausbrüche, wenn sie nur anrufen. Schwierige Kunden können aus unterschiedlichen Gründen schwierig sein: Sind sie sehr anspruchsvoll und nörgeln viel? Wollen sie oft nachgebessert haben, quatschen sie mir ständig in meine Arbeit? Zahlen sie unzuverlässig oder gar nicht? Haben diese Kunden völlig andere Vorstellungen und Ansprüche an meine Arbeit als ich? Sind sie mir einfach unsympathisch?
Auch hier gilt wie im vorigen Kapitel: Können Sie de facto etwas ändern oder nicht? Vielleicht haben Sie ja nicht die Möglichkeit, Ihre ungeliebten Kunden auszusortieren – entweder weil Sie als Angestellter darüber nicht entscheiden können oder weil Sie als Selbstständige ausgerechnet diesenungeliebten Kunden brauchen, weil er Ihnen einen Bombenumsatz bringt.
Gehen wir mal von einem Kunden aus, der Sie Nerven, aber nicht den letzten Nerv kostet. Denn wenn Sie über lange Zeit hinweg Kunden haben, die Ihnen die Laune vermiesen, wenn Sie Angstzustände bekommen und nicht mehr schlafen können, dann sollten Sie in der Tat überlegen, wie und an wen Sie diesen Kunden abgeben (es sei denn, Sie wollen leiden!).
Eine gute Nachricht vorweg: Sie können ungemein viel über sich selbst lernen und sich weiterentwickeln, wenn Sie diesen schwierigen Kunden mal ein wenig näher betrachten. Warum ist er für Sie so schwierig – und für jemand anderen vielleicht gar nicht? Wenn uns jemand nervt, haben wir immer auch einen Eigenanteil daran, nicht nur der doofe andere. Wir wissen ja längst: Gelungene Kommunikation hängt von beiden Seiten ab – vom Sender und vom Empfänger. Also tragen auch beide Seiten zum Misslingen bei. Ihr Kunde und Sie selbst.
Ich finde es ja immer spannender, sich selbst weiterzuentwickeln, als den anderen weiterentwickeln zu wollen. Also fragen Sie sich ehrlich: Auf welchen Knopf drückt der unbeliebte Kunde bei Ihnen?
Ärgert es Sie vielleicht, dass er so klar und deutlich seine Ansprüche stellt – und zwar deshalb, weil Ihre eigene Klarheit noch manchmal zu wünschen übrig lässt?
Sind Sie vielleicht genervt, weil er über jeden Schritt Bericht erstattet bekommen möchte? Fühlen Sie sich dadurch unter Aufsicht und haben das Gefühl, er traut es Ihnen eigentlich nicht zu?
Finden Sie ihn vielleicht ungeheuer arrogant und selbstverliebt? Treten Sie selbst vielleicht noch viel zu bescheiden auf und sind insgeheim ein wenig neidisch auf seine Unverfrorenheit?
Versucht er, den Preis zu drücken, und Sie fühlen sich nicht genügend wertgeschätzt für Ihre Arbeit? Vielleicht haben Sie selbst noch kein hundertprozentig sicheres Gefühl für Ihre Preise?
Sie sehen, es hat immer auch etwas mit uns selbst zu tun, wenn wir uns über andere ärgern. Der andere bringt etwas in uns zum Schwingen, berührt etwas und wir reagieren. Wenn er nichts in uns berühren würde mit seiner Art, wäre er uns egal und wir würden keinerlei Emotionen entwickeln. Besonders getroffen sind wir meist dann, wenn der andere Verhaltensweisen an den Tag legt, die wir entweder insgeheim an uns selbst nicht mögen oder auf die wir eigentlich ein wenig neidisch sind.
Ich erinnere mich spontan an zwei Situationen, in denen es mir selbst so ging. Die eine liegt lange zurück: In meiner Schulzeit gab es ein Mädchen, das war unglaublich hübsch, zog sich sexy an und hatte an jedem Finger zehn Jungs. Ich lästerte schon mal gerne über sie: „Die zieht ja nur Jungs an, die auf Äußerlichkeiten stehen – eigentlich ist die strohdoof!“ Das mag zwar vielleicht gestimmt haben; aber eigentlich war ich ein klein wenig neidisch auf ihren Erfolg bei Jungs.
Die zweite Situation liegt ein paar Jahre zurück: Ich habe mich eine Zeit lang furchtbar aufgeregt über jemanden, der in einem Internetforum ständig enorm viel Eigenwerbung für sich gemacht hat. Ich habe auch öffentlich dagegengewettert. Bis mir eine gute Freundin eines Tages die entscheidende Frage stellte: Warum kann dich der XY eigentlich immer sofort auf 180 hochschießen? Peng! – Das saß! Und nach ehrlicher Selbstbefragung stellte ich fest: Ein oder zwei Scheiben möchte ich mir von diesem Eigen-PR-Genie eigentlich abschneiden. Nicht in dieser Penetranz, nicht in dieser Plattheit – nein, auf meine eigene Art und Weise.
Und soll ich Ihnen etwas sagen? Seit ich das erkannt habe, lassen mich Meldungen von diesem Herrn völlig kalt! Es ficht mich nicht mehr an, er drückt keinen Knopf mehr bei mir. Gut
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