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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Wichtigeres zu tun. Kaninchen in Stücke zu reißen zum Beispiel. Wieso sollte er sich mit einem altersschwachen Kater abgeben, der nicht viel mehr war als Haut und Knochen?
    Erneut musste Rose gegen die Übelkeit ankämpfen, die ihr aus dem Bauch direkt in den Kopf stieg. Der Fuchs verschwand im Gebüsch, das den Garten von der Wiese dahinter trennte.
    »Lauf nicht auf die Straße«, warnte sie ihn.
    Dann hörte sie Flossies Schreie aus der Küche. Sie rannte zum Haus zurück und stürzte durch die Tür. Dass ihre Überschuhe schlammige Spuren auf dem Fußboden hinterlassen hatten, merkte sie erst, als es schon zu spät war.
    Sie sah nach, was Flossie hatte, und Erleichterung durchflutete sie: Sie war wütend, weil sich ihr Zwieback mittlerweile vollständig aufgelöst hatte. Rose nahm einen neuen aus der Packung und gab ihn ihr. Dann holte sie Mopp und Eimer, um den Boden aufzuwischen. Wenn Anna, Gareth oder die Jungs mit dreckigen Schuhen in die Küche gekommen wären, hätte sie einen Anfall gekriegt. Aber bei sich selbst ließ sie Gnade walten. Sie war im Augenblick nicht ganz auf der Höhe.
    »Aber wenn die Küche im Chaos versinkt, ist das der Anfang vom Ende«, sagte sie zu Flossie, die sie mit ausdrucksloser Miene anstarrte.
    Sie wrang den Mopp aus, bevor sie ein sauberes Spültuch nahm und Flossies von Zwiebackbrei verkrustetes Tischchen abwischte. Dann langte sie nach Annas Eierkorb und suchte zwei Eier heraus, die klein genug für Flossies Hände waren, aber nicht so klein, als dass sie sie hätte verschlucken können. Sie setzte sich zu ihrer Tochter an den Tisch und sah zu, wie diese erst das eine, dann das zweite Ei in die Hand nahm. Sie hob sie hoch über den Kopf, hielt sie mit ihren heißen kleinen Fingern fest umklammert und ließ sie dann aufs Tischchen knallen. Hätte sie dabei gelacht oder wenigstens gelächelt, wäre der ganze Vorgang für Rose vielleicht weniger verstörend gewesen, aber Flossie wiederholte die Bewegung so emotionslos wie ein Automat oder ein gelangweilter Sportler im Fitnessstudio.
    Rose drehte ihr den Rücken zu und setzte Teewasser auf. Sie hatte den Kessel an diesem Morgen bereits zweimal auf den Herd gestellt, aber weiter war sie nicht gekommen. Jetzt allerdings zwang sie sich dazu, das kochende Wasser in den Becher zu gießen, nach einer Weile den Teebeutel herauszufischen und Milch zuzugeben. Als sie damit fertig war, stand sie vor dem AGA, ließ sich die Beine wärmen und trank ihren Tee aus ihrer großen sauberen Lieblingstasse. Die Wärme, die dem Herd entströmte, beruhigte sie ein wenig. Sie war verlässlich wie ein Fels, der unverrückbar inmitten schäumender Stromschnellen steht, und sie half Rose, die Geräusche in ihrem Inneren zu unterdrücken, bis sie zu einem kaum hörbaren Summen abgeklungen waren, wie die Stille, die auf das Ende einer Ouvertüre folgte.
    Wieder ließ Rose den Blick zum Nebengebäude schweifen. Bewegte sich der Morgen im Kreis? Würde sie gleich erneut die Stufen hochlaufen und unter dem Wagen nachsehen, dann ums Haus herum zum Atelier gehen, um herauszufinden, ob Gareth da war? Wenn nicht bald irgendetwas geschah, würde es vermutlich so kommen.
    Aber der Moment war schnell verflogen. Polly tauchte hinter dem Nebengebäude auf. Rose beobachtete sie, wie sie in Pantoffeln und Nachthemd vorsichtig die steinernen Stufen zur Haustür hinunterstieg. Es war sehr früh für Pollys Verhältnisse. Sie sah müde aus.
    »Ach, Rose, es tut mir so leid.« Polly kam in die Küche, nahm Rose in die Arme und hielt sie fest an sich gedrückt. Sie raubte ihr alle Wärme und saugte sie in sich auf.
    Rose entzog sich der Umarmung und sah ihre Freundin an. Sie fühlte Röte an ihrem Hals aufsteigen.
    »Was?«, flüsterte sie, obwohl sie Angst vor der Antwort hatte. »Was ist denn?«
    »Unser armer alter Kater. Unser armer alter Manky. Schrecklich«, sagte Polly und nahm Roses Gesicht zwischen ihre Hände. »Bestimmt geht’s dir jetzt richtig mies.«
    »Ja.«
    »Komm, setz dich. Kann ich dir irgendwas zu trinken machen?«
    »Nein, danke.« Rose zeigte Polly ihre Tasse Tee.
    Polly begann mit dem Kaffeezeremoniell à la Gareth, und Rose setzte sich wie befohlen an den Tisch.
    »Gareth war gestern Nacht ein richtiger Held«, meinte Polly. »Er hat ihn in eine dieser hölzernen Champagnerkisten von Andy gelegt, wir können ihn also nachher beerdigen. Ihn zu seiner letzten Ruhe geleiten.«
    »Deine Schuhe sind schmutzig«, sagte Rose.
    »Oje, entschuldige.«

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