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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Sie öffnete die Schlafzimmertür einen Spaltbreit. Auf dem Flur war es stockdunkel, kein Mond leuchtete ihr den Weg die Treppe hinunter. Da sie das Flurlicht nicht einschalten wollte, ging sie zurück ins Schlafzimmer und nahm die Taschenlampe von ihrem Nachttisch. Sie benutzte sie oft, wenn Flossie nachts wach wurde, damit sie Gareth nicht stören musste. Mittlerweile allerdings war jede Rücksichtnahme überflüssig geworden, da er seit drei Nächten nicht mehr bei ihr im Ehebett geschlafen hatte.
    Sie ließ den Strahl der Lampe über die Treppe huschen wie ein Einbrecher und schlich auf Zehenspitzen in die Küche. Im Licht der Taschenlampe wirkte der Raum, der ihr sonst der vertrauteste im ganzen Haus war, fremd und neu, als hätte jemand die Möbel umgeräumt. Sie knipste die Taschenlampe aus und blickte in der Dunkelheit angestrengt zum Nebengebäude hinüber, um zu sehen, ob sich dort etwas regte. Alles war still. Alles war dunkel.
    Sie lief über den Steinfußboden, der unter ihren bloßen Füßen noch kälter war als das Holz oben, und schaltete das Licht unter den Hochschränken ein. Mehr Helligkeit konnte sie im Augenblick nicht ertragen. Sie sah sich um. Die Küche war tatsächlich anders. Unter ihrer Herrschaft war es ordentlich und sauber gewesen, alle Dinge hatten am für sie vorgesehenen Platz gestanden. Jetzt sah es aus wie nach ihrem Krankenhausaufenthalt. Die Geschehnisse des letzten Abends waren überall deutlich zu lesen: Auf dem Küchentresen stand eine Schüssel mit Gemüseschalen, die die Luft mit dem schwitzigen Dunst alter Zwiebeln füllten. In der Spüle stapelten sich schmutzige Töpfe, daneben stand der mit eingetrockneter Suppe verkrustete Mixer. Nach dem offenbar aus Orangen bestehenden Dessert hatte sich niemand die Mühe gemacht abzuräumen. An einem Ende des Tischs standen zwei leere Weinflaschen und zwei ebenfalls leere Gläser. Die Stühle standen mitten im Raum herum; man konnte genau sehen, wer in welcher Stimmung vom Tisch aufgestanden war.
    Ein leiser Schrei wie von einem Neugeborenen ließ sie zusammenfahren. Sie blickte sich um und sah das winzige Kätzchen unter eine Decke gekuschelt in einem flachen Pappkarton sitzen. Rose hatte diese Decke für Anna gehäkelt, als sie noch ein Baby gewesen war. Sie nahm das Kätzchen hoch, wobei sie sich bemühte, ihm keine Gewalt anzutun, obwohl ihr danach war. Sie wollte nicht, dass es noch ein totes Tier gab. Dann sperrte sie das Kätzchen ins Wohnzimmer. Wenn es überall hinschiss, war das nicht ihr Problem. Als Nächstes nahm sie die Decke, schüttelte sie aus, faltete sie fein säuberlich zusammen und legte sie über eine Stuhllehne.
    Roses Magen knurrte, und sie merkte, dass sie hungrig war. Sie ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. Er war leer bis auf ein Stück billigen Cheddar, zwei gebratene Würstchen und eine Schüssel mit Nudeln: Reste einer Mahlzeit, von der sie nichts wusste. Im Fach in der Tür standen ein Becher Naturjoghurt, ein halbvoller Becher mit Humus, Orangensaft, Milch und ganz hinten ein paar alte Einmachgläser.
    Sie stand vor dem Kühlschrank und schob sich gedankenverloren die Würstchen in den Mund. Dann biss sie ein paarmal vom Cheddar ab, den sie wie ein Stück Kuchen in der Hand hielt. Als Nächstes ging sie mit dem Humus zum Brotkasten und verspeiste ihn zusammen mit fast einem ganzen Laib zähen Brot, das sie wieder und wieder in den Humus tauchte, bis nichts mehr übrig war. Den leeren Becher ließ sie auf dem mit Krümeln übersäten Küchentresen stehen, dann ging sie zurück zum Kühlschrank und machte sich an den Joghurt. Sie aß schnell und konzentriert und spülte das Essen abwechselnd mit Orangensaft und Milch herunter. Danach ging sie in die Knie, zog ein Schubfach der Gefriertruhe auf und holte einen Becher Ben-&-Jerry’s-Rocky-Road-Eiscreme heraus. Sie drückte das Eis aus seinem frostigen Panzer und biss hinein wie in ein riesiges Eis am Stiel. Dass ihr von der Kälte die Zähne weh taten, beachtete sie kaum.
    Von früher erinnerte sie sich noch an den nächsten Schritt. Sie holte einen Beutel Erbsen aus dem Gefrierschrank und schüttete sich eine Handvoll in den Mund. Sie lutschte nur kurz daran, um sie anzutauen, bevor sie sie hinunterschluckte.
    Sie warf die Tür der Gefriertruhe zu und stand auf. Ihr war ganz kalt innen, und sie brauchte etwas, das sie aufwärmte. Also stieg sie auf die Trittleiter und angelte sich die Keksdosen herunter. Sie waren immer noch genauso leer wie an dem

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