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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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kraus, als wäre das Tier ein Baby. Rose schlang die Arme um ihre Töchter. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr die Gesichtshaut vom Schädel abgezogen.
    »Wundervoll«, sagte sie.
    »Hat die Suppe geschmeckt?« Polly setzte sich auf die Bettkante und tätschelte leicht Roses Hand.
    »Ja, die war lecker.« Rose zwang ihren Mund zu einem Lächeln.
    »Wart’s ab, du wirst noch in den Genuss meiner ganzen Palette gesunder, nahrhafter Gerichte kommen«, sagte Polly. »So bist du in null Komma nichts wieder auf den Beinen.«
    Rose konnte Nico hinter seiner Mutter stehen sehen. Er schnitt eine Grimasse, steckte sich den Finger in den Hals und tat so, als müsse er kotzen. Immerhin einer, der auf ihrer Seite stand. Das würde Rose ihm nicht vergessen.
    »Können wir jetzt South Park gucken?«, fragte Yannis. Er hatte sich die ganze Zeit an der Wand neben der Tür herumgedrückt. Rose fragte sich, ob sie ihm Angst machte, mit ihren wirren, fettigen Haaren und dem ungewaschenen Gesicht. Sie roch noch das braune Flusswasser auf ihrer Haut und fragte sich, wie lange es her war, dass sie geduscht oder gebadet hatte. Sie rutschte im Bett hin und her, und ein Geruch von alten Keksen wehte aus den Tiefen der Bettdecke hervor.
    »Na los, hau schon ab, Quadratauge«, meinte Gareth und strubbelte Yannis durchs Haar. Die Jungs rannten freudeschreiend davon, aber Anna zögerte. Sie wartete auf die versprochene Nacht mit Rose.
    »Geh und putz dir die Zähne, Anna, dann kannst du zu Mum ins Bett«, sagte Gareth. Nachdem Anna gegangen war, beugte sich Polly mit sorgenvoller Miene über Rose und legte ihr eine Hand auf die Stirn. »Wie geht es dir denn jetzt?«, fragte sie. »Dich hat es ja ganz schön erwischt: der Alkohol, das Beinaheertrinken und dann noch die Infektion. Du Arme.«
    »Polly hatte eine geniale Idee«, verkündete Gareth und setzte sich auf die andere Bettseite. Er nahm Roses Hand und drückte sie.
    »Es wäre doch toll für dich, wenn du mal ein bisschen ausspannen könntest, Rose«, begann Polly. »Du bist überlastet. Du hast an den Auswirkungen von Flossies Krankheit zu knabbern, und jetzt bist du auch noch selber krank geworden. Unser Körper und unsere Seele sind unauflöslich miteinander verbunden. Es gibt keine Unfälle, sage ich immer. Wie dem auch sei, jedenfalls haben wir uns beide gedacht, dass du eine kleine Auszeit brauchen könntest – also schau mal!« Polly breitete zehn Zugfahrkarten auf dem Bett aus. »Fünfmal hin, fünfmal zurück. Flossie muss nichts bezahlen. Das war ein echtes Schnäppchen.«
    »Was?« Rose starrte auf die Fahrkarten.
    »Eigentlich wollte ich dich ja damit überraschen, aber ich glaub, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, es dir zu sagen. Wir fahren nach Brighton! Du, ich, Yann, Nico, Anna und Flossie. Ich hab die Tickets besorgt, als wir in Bath waren. Wenn man im Voraus bucht, sind sie spottbillig.«
    »Was? Wann?«
    »Jetzt am Wochenende. Wir fahren Donnerstagmorgen hin und kommen am Montag zurück.«
    »Aber was ist mit der Schule? Und mit Gareth?«
    »Mach dir deswegen keinen Kopf. Gareth ist alt genug, um auf sich selbst aufzupassen.«
    »Genau. Ich komme schon klar.« Erneut drückte Gareth ihre Hand. »Wir müssen bloß dafür sorgen, dass es dir bis Donnerstag bessergeht.«
    »Und was die Schule betrifft«, fuhr Polly fort. »Das ist doch für die Kinder gewissermaßen eine Bildungsreise. Denk nur, sie werden auf den Spuren ihrer alten Mütter wandeln!«
    Erneut blickte Rose auf die Fahrkarten, als könne sie einen Sinn in alldem finden, wenn sie die Angaben darauf nur ganz genau studierte.
    »Aber warum nehmen wir nicht das Auto?«, wollte sie wissen.
    »Ich will nicht, dass du fährst«, sagte Gareth. »Du sollst dich doch erholen.«
    »Außerdem ist Zugfahren cool«, meinte Polly. »Die Strecke geht quer durchs Land, und unterwegs können wir die wunderschöne englische Landschaft genießen.«
    Rose runzelte die Stirn. »Ich weiß wirklich nicht, ob ich nach Brighton fahren will.«
    »Klar willst du das. Wart’s ab, es wird so sein, als wären wir nie weggegangen.«
    »Aber wir sind weggegangen. Und zwar ganz bewusst, zumindest was mich angeht.«
    »Weißt du was, Rose? Man kann sich nicht ewig vor der Vergangenheit verstecken. Man muss sich den Dingen stellen, sonst fressen sie einen irgendwann auf. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.«
    »Also, wenn das irgendeine Art Therapie sein soll, die du dir für mich ausgedacht hast, dann …« Rose wurde die

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