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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Flossie aufgesetzt hatte, gefror auf ihren Zügen.
    »Du sollst doch noch nicht aufstehen«, sagte sie zu Rose.
    »Mir geht’s gut.«
    »Du siehst aber nicht so aus«, erwiderte Polly, ohne sich zu rühren.
    Rose kam die restlichen Stufen herunter und trat mit ausgestreckten Armen auf Polly zu.
    »Gib mir Floss«, verlangte sie.
    »Ich glaube nicht, dass das nötig ist. Ihr geht’s gut, nicht wahr, Floss?«
    Flossie drehte sich um und sah zu Rose empor. Ein Lächeln spaltete ihr Gesicht. So wach und aufmerksam hatte sie seit Wochen nicht ausgesehen.
    »Außerdem musst du dich schonen. Du bist noch krank. Und, Rose, bitte komm nicht nachts runter und räum auf. Ich kümmere mich um alles. Ich schaff das schon, okay? Es soll ja vorkommen, dass Leute die Dinge anders machen als du, schon mal drüber nachgedacht?«
    Rose stand da, und ihr Mund öffnete und schloss sich wie der eines Fischs, den man aus seinem Aquarium genommen hatte.
    »Wo ist Gareth?«, fragte sie schließlich.
    »Weg.«
    »Oh.« Rose ging zum Wasserkessel. »Ich mache mir eine Tasse Tee, und dann will ich Flossie wiederhaben.«
    »Wenn’s sein muss. Tut mir leid, Floss.« Polly erhob sich und setzte Flossie auf einen Spielteppich, den Rose noch nie gesehen hatte. »Mummy will dich wiederhaben.«
    Rose nahm ihre Tochter auf den Arm und floh mit ihr zurück nach oben. Der Tee war vergessen. Sie holte ein paar Bücher aus dem Kinderzimmer, dann ging sie zurück ins Elternschlafzimmer und kletterte ins Bett. Sie setzte Flossie neben sich und begann, ihr vorzulesen. Sie konnte das besser als Polly.
    Eine Zeitlang vermochten die bunten Bilder Flossies Aufmerksamkeit zu fesseln, zumal Rose voller Elan begann und laut »Quack, quack, quack!« machte, als sie auf das Bild einer Ente zeigte. Doch schon bald ging ihnen beiden die Luft aus. Zu Roses Erleichterung begann Flossie kurz darauf, unruhig zu werden und auf Roses Brust einzuschlagen, so dass sie sie anlegen konnte. Sie erinnerte sich vage daran, dass Kate ihr etwas übers Stillen gesagt hatte, unterließ es aber ganz bewusst, sich die Einzelheiten des Gesprächs ins Gedächtnis zu rufen. Es war genau das, was sie beide jetzt brauchten. Nach ein paar stillfreien Tagen fanden sie nicht sofort zu ihrem gewohnten Rhythmus, aber lange dauerte es nicht. Rose spürte schon das vertraute Kribbeln des einsetzenden Milchflusses, als plötzlich die Tür aufging. Flossie erschrak und biss Rose in die Brustwarze. Rose schrie auf, wodurch Flossie zu weinen anfing.
    »Siehst du? Ich hab doch gesagt, das ist noch zu viel für dich.« Polly war mit einer Tasse Tee ins Zimmer getreten. »Ich wollte dir den hier bringen. Du hast ihn eben unten vergessen. Und jetzt gib sie mir wieder.«
    »Danke für den Tee, aber Flossie und mir geht es ausgezeichnet«, entgegnete Rose.
    Mit gespitzten Lippen stellte Polly die Tasse auf Roses Nachttisch ab.
    »Dann trink wenigstens den Tee. Du brauchst viel Flüssigkeit.« Sie drehte sich um und marschierte aus dem Zimmer, wobei sie die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zuwarf.
    »Puh, Floss. Was machen wir bloß mit ihr?«, sagte Rose. Schweigend trank sie ihren Tee. Die Vorhänge waren immer noch zugezogen, und der warme Lichtkegel der Nachttischlampe gab ihr das Gefühl, als befände sie sich in einem Kokon. Sobald Anna aus der Schule zurück war, würde Rose sie sich schnappen und sie hierherbringen, in ihr sicheres Versteck.
    Ein Gefühl des Friedens begann, sie von innen zu wärmen, während sie ihren Tee trank. Sie entspannte sich ganz allmählich und überlegte, ob sie vielleicht noch ein bisschen schlafen sollte. Flossie war still geworden, ihre Lider flatterten und waren kurz davor, zuzufallen. Rose kuschelte sich neben sie, zog die Decke über sie beide und vergrub sich tief in der Urgeborgenheit ihres Betts.
    Als sie lange Zeit später erwachte, stach ihr ein sauberer, medizinischer Geruch in die Nase. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, wo sie war. Im ersten Moment dachte sie, sie befände sich wieder im Krankenhaus, aber dann fiel ihr ein, dass sie mit Flossie im Arm eingeschlafen war.
    Jetzt waren ihre Arme leer. Rose drehte sich mit einem Ruck um und musste gleich darauf einen Schrei unterdrücken, der ihr über die Lippen springen wollte.
    Neben ihr im Bett lag nicht Flossie, sondern Anna. Eins ihrer Augen war mit einem großen Stück Gaze abgedeckt, das durch einen Kopfverband gehalten wurde. Roses hastige Bewegung hatte sie aufgeweckt, und ihr gesundes Auge

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