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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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zu ihr und nahm sie in die Arme.
    »Tüt-tüt!«
    Die Kinder fegten an ihnen vorbei. Anna und die Jungs rannten im Erdgeschoss im Kreis herum: von der Eingangshalle ins Wohnzimmer, in die Bibliothek, in die Küche, in die Eingangshalle und so fort. Diese architektonische Besonderheit des Hauses hatte sich innerhalb kürzester Zeit zur Attraktion für sämtliche Nachbarskinder entwickelt.
    »Na. Die beiden haben sich ja offenbar schon gut eingelebt«, meinte Polly und wischte sich die Augen.
    »Hey, ein bisschen leiser, wenn ich bitten darf!« Rose stand auf, um sich und Polly ein Glas Wein einzugießen. Ein japsender Yannis kam knapp vor ihr zum Stehen.
    »Rose? Können wir für immer hierbleiben?« Sein schweißfeuchtes kleines Gesicht war ganz dicht vor ihrem. »Hier ist es so toll!«
    »Ihr könnt bleiben, so lange ihr wollt«, erwiderte Rose und drückte ihn.
    »Komm, Yannis, ich zeig dir meine Puppen. Ich hab auch ein paar Actionfiguren!« Anna schnappte sich die Hand des Jungen und schleifte ihn mit sich davon. Nico, der mit seinen neun Jahren zu alt war, um offen seine Begeisterung für Puppen zu zeigen, folgte den beiden nichtsdestotrotz die Treppe hinauf.
    »Die Glücklichen«, seufzte Polly und nahm das Weinglas in ihre kalten, rauen Hände. »Sie macht ihre Sache gut, deine Tochter. Aber wir bleiben nicht lange. Nur bis ich auf eigenen Füßen stehen kann.«
    Rose begann, Brot abzuschneiden. »Wie willst du denn Geld verdienen, Polly? Ich meine«, fügte sie hastig hinzu, als sie ein Flackern in Pollys Augen sah, »natürlich wollen wir nicht, dass ihr uns was bezahlt. Ihr seid unsere Gäste, und wir lieben euch, und ihr könnt so lange bleiben, wie ihr möchtet.« Sie lachte. »Das sage ich andauernd! Aber nur weil es wahr ist.«
    Polly zog die Knie an die Brust, wodurch sie in dem Sessel noch kleiner wirkte. »Was mich am meisten überrascht hat an … an dem, was Christos passiert ist – abgesehen von der Tatsache, dass er gestorben ist natürlich –, ist, dass er sich einen Monat vor seinem Tod noch dazu durchgerungen hat, eine Versicherung abzuschließen. Eine Lebensversicherung.«
    »Wow«, sagte Rose. Das war das Letzte, was sie von jemandem erwartet hätte, der so sehr im Augenblick lebte.
    »Ich weiß. Er hat dafür gesorgt, dass, wenn was passiert – ihm oder mir –, der Überlebende und die Kinder versorgt sind. Zumindest finanziell. Wenigstens die ersten paar Jahre. Es ist kein Vermögen, aber ein gutes Polster. Na ja, sobald alles geregelt ist. Die griechische Bürokratie ist der Horror. Bitte sag mir, dass ich den Mund halten soll. Ich hasse es, über Geld zu reden.« Sie leerte ihr Weinglas in einem einzigen Zug, und Rose schenkte ihr nach. »Und ich kriege natürlich das Geld vom Haus, sobald der Verkauf abgewickelt ist.«
    »Du hast es schon verkauft?«
    »Seine Schwester wollte es haben. Sie hatte von Athen die Nase voll und wollte zurück auf die Insel. Irgendwie wurde von mir erwartet, dass ich es ihr umsonst überlasse, aber wer bin ich denn? Dieser ganze griechische Familienkram, der raubt einem die Luft zum Atmen. Früher oder später zieht es sie alle zurück auf diese Scheißinsel wie Persephone in die Unterwelt. Ich frag mich, ob es mit den Jungs genauso sein wird, wenn sie mal größer sind.«
    »Dann willst du auf keinen Fall zurück?«
    »O nein. Ich bin fertig mit allem da unten.«
    »Aber was ist mit Christos’ Mutter? Ihre Enkel fehlen ihr doch bestimmt.«
    Polly seufzte. »Ja, sie hat ein- oder zweimal so was erwähnt. Diese Familie ist wie ein Schraubstock. Ohne sie sind wir echt besser dran. Meinetwegen kann sie kommen und uns hier besuchen, sobald wir auf eigenen Füßen stehen. Wir leben schließlich nicht am Ende der Welt. Außerdem hat sie ja jetzt Elena und ihre Bande. Fünf Jungs, du liebe Zeit. Nein, ich geh nicht mehr zurück. Nicht mal für einen Besuch.«
    Polly stand auf und sah sich in der Küche um. Vor dem Herd blieb sie stehen und fuhr mit der Hand über den Griff. »Oh, ein AGA. Wie stilecht.«
    *
    Gareth ließ sich erst blicken, als Rose die Glocke zum Abendessen läutete. Eigentlich war die Glocke als Witz gedacht – »um die Knechte und Mägde aus den hintersten Winkeln des Anwesens herbeizurufen«, wie Gareth es scherzhaft formuliert hatte. Aber unter Pollys Blick kam Rose die Geste ein bisschen affektiert vor.
    Als sie den Schmortopf aus dem Ofen holte, sah sie zu Polly hinüber, die bereits am Tisch saß und darauf wartete, dass

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