Angstpartie - Thriller
war.
Da er keine Anstalten machte, seine Lektüre zu beenden, ging Liz zum Tisch des MI5, wo Dave Armstrong sein
kleines Team leitete. »Eins zu null für den Chief Constable«, stellte Dave fest. Er schob ihr einen Stuhl hin. Liz ignorierte ihn und sah nach, was sich gerade auf den Bildschirmen tat. Ein paar Minuten lang redete sie mit einem jungen Kollegen, dann kam einer von Jamiesons Assistenten und teilte ihr mit, dass der Chief Constable nun Zeit für sie hätte. »Zerfleisch ihn, Liz«, flüsterte Dave. Liz’ Schritte hallten auf dem Holzfußboden, als sie dem Polizisten folgte.
Jamieson wischte sich ungeduldig über den ergrauenden Oberlippenbart. Dann sagte er: »Ja bitte, Miss Carling, was kann ich für Sie tun?«
»Mein Name ist Carlyle, und wir kennen uns von der Besprechung im Kabinettsbüro.«
Statt einer Antwort schniefte er. Liz überlegte, wie viel sie sich noch bieten lassen wollte. Nicht mehr viel, entschied sie. »Soweit ich weiß, hat mein oberster Vorgesetzter Sie bereits über eine neue Bedrohung in Kenntnis gesetzt, die uns große Sorgen macht«, sagte sie.
»Ja. Er hat mich gestern Abend angerufen«, räumte Jamieson widerwillig ein. »Sie werden verstehen, dass wir es im Augenblick mit zahlreichen potenziellen Bedrohungen zu tun haben, Miss Carlyle. Deshalb schlage ich vor, Sie reden mit meinem Stellvertreter, Hamish Alexander, der dann eine Risikoanalyse für mich erstellen wird.« Er deutete auf die Tische hinter ihm. »Wir werden heute Abend bei einer gemeinsamen Besprechung über alle neuen Entwicklungen sprechen.«
»So viel Zeit bleibt uns womöglich nicht. Die Sache ist dringend und verlangt Ihre sofortige Aufmerksamkeit.«
Jamiesons mattes Kopfschütteln zeigte, dass er seit Tagen nichts anderes hörte. »Ich muss Prioritäten setzen, junge Frau.«
Damit brachte er das Fass zum Überlaufen. »Ist Sir Nicholas Pomfret schon eingetroffen?«, fragte Liz.
»Ja.« Jamieson sah Liz zum ersten Mal direkt an. »Warum fragen Sie?«
Liz seufzte. Diese Art von Gespräch hatte sie schon öfter geführt - beim letzten Mal mit Michael Binding im Thames House. Das Leben berufstätiger Frauen mochte sich in den letzten dreißig Jahren maßgeblich verändert haben, aber hin und wieder stieß man noch auf einen Dinosaurier. Milde sagte Liz: »Weil es nun genau zwei Möglichkeiten gibt: Entweder Sie und ich sprechen jetzt gleich über die Bedrohung oder ich rufe den Direktor im Thames House an. Der wird anschließend mit Sir Nicholas telefonieren, welcher sich dann wiederum an Sie wendet. Wenn Ihnen das lieber ist, können wir diesen Weg beschreiten - obwohl ich glaube, dass die betreffenden Herrschaften dies für reine Zeitverschwendung halten werden.«
»Versuchen Sie etwa mir zu drohen, junge Frau?«, fuhr Jamieson auf.
»Das würde ich mir niemals anmaßen. Ich bitte lediglich um Ihre Kooperation. Und ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie davon absehen würden, mich ›junge Frau‹ zu nennen. Ich bin zu alt, um Ihre Tochter zu sein.«
Einen Augenblick lang glaubte Liz, Jamieson würde explodieren. Doch plötzlich schien er zu einer Einsicht zu gelangen. Er dachte kurz nach und zeigte sich dann völlig verändert. »Falls ich kurz angebunden gewesen sein sollte, bedauere ich das. Es ist nur so, dass Nachrichtendienste aus aller Herren Länder mir ununterbrochen sagen wollen, was ich tun und lassen soll. Und die Hälfte davon nicht einmal auf Englisch.«
»Was für ein Albtraum«, sagte Liz mit einer Anteilnahme, die sie in Wahrheit nicht empfand. »Und nun würde ich Sie gern über unser spezielles Problem informieren.«
In aller Kürze beschrieb sie Kollek, ging auf dessen mögliches Motiv ein und erwähnte das vermutliche Ziel seines
Plans. Falls Jamieson nicht über alles auf dem neuesten Stand war - und das schien Liz wahrscheinlich -, sagte sie ihm auch, dass bereits ein Dossier und Fotos an Vertreter aller Sicherheitsdienste verteilt worden waren. Anschließend übergab sie ihm einen Satz dieser Unterlagen und fügte hinzu: »Bitte sorgen Sie dafür, dass alle Sicherheitsleute auf dem Anwesen und im Hotel die Bilder bekommen - auch die Patrouillen, die die Bannmeile überwachen, und die Polizeiposten der umliegenden Ortschaften. Kollek war bereits hier, er kennt sich also gut aus. Mit dem Hotelmanager rede ich selbst, das Personal können Sie folglich mir überlassen. Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, wie groß die Gefahr ist. Wir wissen nicht, wo sich dieser Mann
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