Angstpartie - Thriller
infrage gekommen, aber der befand sich in London. Charles wäre jetzt eine echte Hilfe gewesen, dachte sie bedauernd. Doch er stand Joanne in ihren letzten Tagen zur Seite. Liz konnte ihn unmöglich mit ihrem Fall belästigen. Ob er sich wohl manchmal fragte, wie das Team zurechtkam? Ob er gelegentlich an sie dachte? Diese Vorstellung tröstete sie einen Moment lang, doch dann sagte sie sich streng, dass Charles bestimmt ganz mit Joanne beschäftigt war - genau wie es sein sollte.
An Schlaf war nicht zu denken. Liz döste vor sich hin und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Um sechs Uhr wusste sie, dass sie keine Ruhe mehr finden würde. Sie zog sich an und ging leise nach oben in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Dort saß bereits Dave in einem langen Frotteebademantel. Er wandte sich zu ihr um und lächelte. »Auch Schlafprobleme?«, fragte er. Sie nickte.
Eine Stunde später verließ sie in der Morgendämmerung das Haus. Am Himmel hingen graue Wolken. Der kalte Wind ließ keinen Zweifel daran, dass der Herbst vor der Tür stand. Liz zog fröstelnd den Gürtel des Regenmantels enger um ihre Taille.
Über Nacht waren die Sicherheitsmaßnahmen weiter verschärft worden, denn im Lauf der nächsten Stunden wurden viele Delegationen erwartet. Bewaffnete Polizisten in kugelsicheren Westen patrouillierten das Gelände. Auf der Zufahrt zur Hotelküche standen zwei dunkle Lieferwagen. Sie gehörten zum Kampfmittelräumdienst. Sämtliche Personen, die Liz sah, trugen nun pflichtgemäß gut sichtbar einen Lichtbildausweis. Am Hintereingang des Hotels hörte sie einen Angestellten klagen, er sei nach Hause geschickt worden, um seinen vergessenen Ausweis zu holen. Erst dann habe man ihn passieren lassen.
Selbst um diese frühe Uhrzeit herrschte in der Einsatzzentrale im Ballsaal bereits angespannte Betriebsamkeit. Die Secret-Service-Agenten sahen in ihren dunklen Anzügen und polierten Schuhen besonders professionell aus.
Zwanzig Minuten lang besprach Liz mit Chief Constable Jamieson erneut die Sicherheitsmaßnahmen für das Abendessen, zu dem die Israelis die syrische Delegation eingeladen hatten. Ohne dass Liz darum hatte bitten müssen, waren alle möglichen Vorkehrungen getroffen worden. Außerdem stellte sie dankbar fest, dass es keinem Secret-Service-Agenten gestattet war, ihr Gespräch mit Jamieson zu unterbrechen.
Im Lauf des Vormittags trafen die Delegationen ein. Liz war zwischenzeitlich noch einmal in der Falknerei gewesen und hatte sich vergewissert, dass das Gebäude samt seiner gefiederten Bewohner nach Sprengstoff durchsucht wurde. Anschließend hatte sie die Jagdhundeschule besucht und war mit der lockenköpfigen Hundetrainerin alle Sicherheitsvorkehrungen
für die kleine Show Schritt für Schritt durchgegangen. Zwei sandfarbene Labrador-Retriever sollten aus einem kleinen See in der Nähe Entenattrappen apportieren. Außerdem hatte die Trainerin Liz stolz einen größeren Hund gezeigt. Sein Fell war mokkafarben und weiß, seine Schnauze weiß gesprenkelt, und anscheinend verfügte er über einen geradezu übernatürlich ausgeprägten Geruchssinn. Auch er würde den Besuchern sein Können zeigen.
Auf dem Weg zurück zum Hotel konnte Liz mit ansehen, wie der erste Konvoi dunkler Mercedes-Limousinen langsam die Kieseinfahrt entlangfuhr. Die wichtigen Staatsmänner trafen ein. Im Hintergrund fuhr eine Flotte von Vans und Allradfahrzeugen, in denen sich der Begleittross befand. Diese Fahrzeuge warteten, bis die hochrangigen Besucher protokollgemäß begrüßt worden waren. Erst dann stiegen ihre Passagiere aus. Auf dem Gelände parkten außerdem seit Tagen die zahllosen Übertragungswagen verschiedener Fernsehsender.
Liz sah zu, wie die drei Limousinen auf dem kreisförmigen Platz vor dem Hoteleingang langsam zum Stehen kamen. Der Portier in Tweedjackett und Kilt trat vor und öffnete die Tür des mittleren Wagens. Ein Mann in Anzug und Krawatte stieg aus. Dem Aussehen nach war er Araber. Er trug einen Oberlippenbart, war jung, hochgewachsen und schlank. Ein weiterer Mann, in dem Liz den israelischen Ministerpräsidenten erkannte, erschien am Hoteleingang, ging dem jungen Araber entgegen und begrüßte ihn. Unter den Augen ihrer Leibwächter schüttelten die Männer einander die Hand. Liz fiel auf, dass keiner von beiden dabei lächelte.
Sie hatte sich einen Wagen bestellt, der sie zu Hannah nach Auchterarder fuhr. Als er vor dem Eingang des kleinen
Hotels an der langen Hauptstraße anhielt,
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