Angstpartie - Thriller
Marcham?«
»Nein. Anscheinend ist er im Auftrag des Sunday Times Magazine unterwegs. Er hat gerade den Präsidenten von Syrien interviewt und soll den Artikel nächste Woche abgeben. Das könnte erklären, warum er nicht ans Telefon geht. Er wohnt in Hampstead, und ich will ihm mal einen Besuch abstatten.«
»Vielleicht trinkt er.«
»Wie kommen Sie denn darauf?« Liz war überrascht.
»Keine Ahnung. Trinken nicht alle Journalisten?«
Liz lachte. Das Telefon auf Peggys Schreibtisch klingelte. Sie hob ab und lauschte einen Augenblick lang.
»Wo bist du denn?«, fragte sie. »Waitrose wäre besser gewesen.«
Waitrose? Worum ging es hier?, überlegte Liz amüsiert. Peggy hörte angestrengt zu, dann stöhnte sie plötzlich: »Nein, nicht Broccoli. Grüne Bohnen! «
Liz zählte eins und eins zusammen. Sieh mal einer an - Peggy hatte einen Freund. Dass ihre Mitarbeiterin auch ein Privatleben führte, war ihr bei all der Arbeit nie in den Sinn gekommen. Liz freute sich für sie.
Peggy erinnerte sich offenbar plötzlich daran, dass Liz noch neben ihr saß. Das Blut schoss ihr in den Kopf und ihr Gesicht nahm die Farbe Roter Bete an. »Ich muss Schluss machen«, sagte sie steif und legte auf.
Liz grinste. Sie konnte nicht widerstehen, sie musste einfach frotzeln. »Von Gemüse hat er also keine Ahnung.«
Peggy schüttelte den Kopf. »Ein hoffnungsloser Fall.«
»Aber immerhin haben Sie ihn dazu gebracht, einkaufen zu gehen. Alle Achtung. Kocht er auch?«
Peggy seufzte. »Wenn er ein Omelett macht, braucht er sämtliche Schüsseln und Pfannen in der ganzen Küche. Und dabei hält er sich für einen Sternekoch. Sind alle Männer so?«
»Mehr oder weniger«, sagte Liz. »Und was macht er, wenn er nicht gerade Ihre Küche verwüstet?«
»Er ist Dozent für Englisch am King’s. Hat eben erst angefangen.«
»Klingt gut. Wie haben Sie sich denn kennengelernt?«
»Tim hielt vor der Royal Society of Literature einen Vortrag über John Donne - sein Spezialgebiet. Der OUP-Verlag bringt demnächst sein Buch heraus«, sagte Peggy stolz. »Ich war eher zufällig da, habe eine Frage gestellt und er kam nach dem Vortrag zu mir. Er sagte, er glaube nicht, dass er mir eine erschöpfende Antwort gegeben hätte.«
Liz unterdrückte ein Grinsen. Sie konnte sich die Szene gut vorstellen: die ernsthafte, aber hübsche Peggy mit Sommersprossen und Brille; der hochgebildete Tim, beeindruckt von ihrer klugen Frage - aber auch auf deutlich weniger intellektuelle Weise von ihr angetan. Der uralte Lockruf des Fleisches, dachte Liz.
7
Wally Woods kannte den deprimierenden Wohnblock aus den 1930er Jahren an der North Circular Road recht gut. In seinen Anfangszeiten als Mitarbeiter der Überwachungsabteilung A4 hatte er zu Beginn seiner Laufbahn oft davorgesessen. In jenen Tagen, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, hatte hier eine Gruppe von ostdeutschen Geheimdienstlern mit ihren Familien gelebt. Nach dem Fall der Mauer 1989 waren sie verschwunden wie Schnee in der Frühjahrssonne.
Woods und die A4 hatten sich anderen Zielpersonen zugewandt. Man hatte neue, jüngere Überwachungskräfte rekrutiert, und er war zum Teamleiter aufgestiegen. Wally und seine Partnerin, Maureen Hayes, waren inzwischen die Einzigen in der Gruppe, die sich noch an den Kalten Krieg erinnerten.
Die Gegend um Halton Heights hatte sich ebenfalls verändert, wirkte aber trotzdem so heruntergekommen wie eh und je. Nun wohnten hier syrische Diplomaten mit ihren Familien.
Die A4 hatte einen ruhigen Tag. Im Augenblick war die Überwachungsabteilung ausnahmsweise einmal nicht in eine große Operation eingebunden. Woods und sein Team hatten am Tag zuvor lediglich den Auftrag bekommen, heute die Aktivitäten in Halton Heights zu beobachten. Liz Carlyle zufolge, der zuständigen Mitarbeiterin der Spionageabwehr, ging es um Hintergrundinformationen für einen neuen Fall. Sie sollten jeden fotografieren, der kam oder ging. Wenn einer der drei Männer erschien - von denen vermutet wurde, dass sie für einen syrischen Geheimdienst arbeiteten -, sollten sie ihm folgen, seine Bewegungen festhalten und Aufnahmen von allen Leute machen, die er traf.
Leider gab es bislang nur schlechte Bilder von den Zielpersonen. Die Fotos sahen aus, als stammten sie aus Reisepässen oder von Visa-Anträgen.
Bis zehn Uhr regte sich an diesem schwülen, heißen Morgen überhaupt nichts. Wally war zufrieden mit seinem Beobachtungsposten. Er saß in einem Wagen, den er in einer Parkbucht vor
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