Angstpartie - Thriller
Mitte der Straße, sodass ihnen entgegenkommende Fahrzeuge ausweichen mussten. Erboste Fahrer betätigten die Lichthupe oder zeigten den Mittelfinger.
Fieberhaft überlegte Sami, wer in diesen Autos, die ihn geradezu umzingelt hatten, sitzen mochte. Verwechselte man ihn vielleicht mit jemandem?
»Links abbiegen«, befahl er. Seine Kehle war trocken und eng.
Doch auch von links wurden sie jetzt von einem Fahrzeug bedrängt. Der weiße Van kam so nahe, dass er fast am Außenspiegel des Mercedes hängen blieb. In solchen Fahrzeugen transportierte die Polizei oft Gefangene. Die getönten Scheiben schirmten die Insassen vor allen Blicken ab.
Der Mercedes war nun vollständig eingekreist, und Sami war sicher, dass die Leute in den Wagen zusammengehörten. Aber um wen handelte es sich? Die Russenmafia hatte
in letzter Zeit hin und wieder ihren Unwillen über seine kleine Nebentätigkeit bekundet. Jene Geschäfte, für die er handliche Boote brauchte, die quer über die Nordsee zu dem Dock fuhren, das er bei Harwich gemietet hatte. Wer sonst sollte es sein? Einen Moment lang fragte er sich, ob sein dunkelstes Geheimnis vielleicht entdeckt worden war. Nein, völlig unmöglich. Er war stets überaus vorsichtig gewesen. Aber was wollten die Russen von ihm? Und bei Allah dem Allmächtigen, was hatten sie mit ihm vor? Sie würden doch nicht etwa versuchen, ihn am helllichten Tag zu ermorden? Eine Entführung erschien ihm ebenso absurd. Sie wollen mich nur einschüchtern, dachte er. Falls das ihre Absicht war, ist es ihnen gelungen.
»Festhalten, Sir!«, rief Malouf und krallte beide Hände ums Lenkrad. Links vor ihnen stieg ein Mann in einem grünen Hemd aus einem geparkten Wagen. Er schien den seltsamen Konvoi, der in seine Richtung fuhr, nicht zu bemerken. Der weiße Van begann, heftig zu hupen, doch der Mann machte keine Anstalten, aus dem Weg zu gehen. Als der Van seine Fahrt verlangsamen musste, ergriff Malouf die Gelegenheit. Wie in einem Kinofilm riss er den Wagen herum und lenkte ihn mit quietschenden Reifen in eine schmale Seitenstraße. Nur um Haaresbreite schlitterte er dabei an einer jungen Mutter vorbei, die gerade mit ihrem Kinderwagen die Straße überquerte. Malouf trat das Gaspedal durch und brauste weiter. Ein Blick zurück zeigte Sami, dass nur der Van ihnen folgte. Er lag etwa hundert Meter hinter ihnen. Die Seitenstraße kreuzte eine breite Hauptstraße und ihre Ampel stand gerade auf Grün, doch seltsamerweise bremste Malouf. »Fahr weiter!«, schrie Sami. Er sah, dass der alte Mann schwitzte.
Doch Malouf wusste, was er tat. Der Van näherte sich von hinten und Sami wollte eben etwas schreien, da ließ Malouf den Motor aufheulen und bog genau in dem Moment
nach links auf die Hauptstraße ein, als die Ampel auf Orange sprang. Bei dem dichten Verkehr konnte der Van unmöglich bei Rot auf die Kreuzung fahren. Damit hatten sie mindestens eine Minute Vorsprung.
Sami beugte sich vor und sagte hektisch: »Malouf, fahr nicht zu mir nach Hause. Vielleicht wartet dort auch schon jemand auf uns. Such uns ein Versteck. Schnell!« Er sah, dass der Ägypter nun noch viel stärker schwitzte.
Sie fuhren durch ein ausgedehntes Labyrinth von Seitenstraßen. Nur Allah wusste, wo sie sich befanden. Sami drehte sich immer wieder um, doch sie hatten den Van abgehängt. Schließlich bog Malouf in eine schmale Straße ein, die zu ein paar Wohngebäuden führte, wendete den Wagen aber sofort, damit sie notfalls schnell fliehen konnten. Er ließ den Motor laufen, während Sami darüber nachdachte, was er nun tun sollte.
Die Polizei wollte er nicht einschalten. Was sollte er denn sagen? »Officer, vier Autos haben mich umzingelt und ich glaube, sie wollten …« Ja, was eigentlich? Ihn entführen? Ihn ermorden? Die Polizei würde ihn für verrückt erklären. Er hatte keinerlei Beweise. Und abgesehen davon wollte er im Augenblick nicht unnötig die Aufmerksamkeit der Gesetzeshüter erregen.
Nein, er brauchte einen diskreten Schutz - jemanden, der weder Beweise verlangte, noch unangenehme Fragen stellte. Ihm fiel Mahfuz ein, ein Vetter, der in den nördlichen Vororten Londons mehrere Nachtclubs betrieb. Er hatte diverse Angestellte, die hart zupacken konnten, wenn es in den Clubs mal Ärger gab. Einmal hatte er Sami sogar seine Pistole gezeigt, die er trug, wenn er große Bargeldmengen transportierte.
»Ich muss jemanden anrufen, Malouf. Dann sage ich dir, wo wir hinfahren.«
Der Fahrer gab keine Antwort. Sami wählte
Weitere Kostenlose Bücher