Angstpartie - Thriller
einer Besprechung mit seinen Buchhaltern gefahren, wo ihn die geringe Höhe der Steuerschulden, die sie für das laufende Jahr berechnet hatten, äußerst erfreute. Die Zahlen waren das Ergebnis vieler mühevoller Überlegungen
- er fand, er hatte sich einen freien Nachmittag verdient.
Draußen wartete sein Chauffeur in der Mercedes Limousine. Samis Frau und seine Kinder waren jetzt, kurz vor dem Ramadan, nach Beirut gereist. Sie besuchten Freunde und Verwandte und wohnten in der großen Villa, die er - als sich die Unruhen in den 1990ern gelegt hatten - in einer Seitenstraße der Corniche hatte bauen lassen.
Normalerweise hätte Sami nun in den Armen seiner Geliebten Zerstreuung gesucht, einer italienischen Schönheit, deren Modelkarriere er gern ein wenig unterstützte. Doch sie war für zwei Tage bei einem Shooting in Paris. Er würde sich also für den Nachmittag eine andere angenehme Beschäftigung suchen müssen. Kurz dachte er über die verschiedenen Möglichkeiten nach, doch dann fiel ihm ein, dass er einen Anruf wegen einer Lieferung erwartete. Außerdem stand später ein privates Treffen an, für das er seine Sinne beisammen haben musste. Es war also besser, nach Hause zu gehen, ein Nickerchen zu machen und, bis es so weit war, ein bisschen im Al Nabad zu lesen.
Die Feier löste sich langsam auf. Sami trat vor die Tür, streckte sich und blinzelte in die helle Sonne. Sein Fahrer stieg eilig aus dem Wagen und hielt ihm die Tür auf. Malouf war Ägypter, überaus diensteifrig und seinem Gönner ewig dankbar - darüber hinaus war er mittlerweile fast siebzig und hatte Herzprobleme. Samis Frau Raya wollte, dass er einen jüngeren Fahrer einstellte, doch Malouf war schon fünfundzwanzig Jahre bei ihm, und Sami schätzte die Loyalität des Alten. Außerdem wusste er, dass der Mann die Hälfte des Gehaltes, das er bekam, seinen Verwandten in den Slums von Gizeh unweit der Pyramiden schickte. Wenn er Malouf entließ, würden auch sie darunter leiden.
»Wohin, Mr Veshara?«, fragte der Fahrer.
»Nur nach Hause. Dann kannst du dir den übrigen Tag freinehmen.« Zu dem Treffen am frühen Abend würde er selbst fahren. Nicht einmal Malouf vertraute er genug, um sich von ihm hinbringen zu lassen.
Während der Chauffeur den Wagen wendete und Richtung Norden fuhr - zu Vesharas Zwanzig-Zimmer-Villa an der Bishops Avenue in einer Anliegerstraße in Highgate -, klingelte Samis Handy.
»Ja«, sagte er ins Telefon.
»Die Lieferung kommt heute Nacht an.« Die Stimme klang leise und respektvoll.
»Wie viele?«
»Fünf.«
»Das ist eine zu wenig.«
»Es gab einen kleinen Vorfall.«
»Einen Vorfall? Wo?«
»In Brüssel.«
Dann ging ihn das nichts an. Sami war erleichtert. Das Letzte, was er brauchte, war, dass Interpol bei ihm herumschnüffelte. »Ist der Weitertransport vorbereitet?«, fragte er.
»Ja. Wir haben ein Haus in Birmingham.«
»Ruf mich an, wenn die Pakete dort ankommen.«
»Ja.« Die Verbindung brach ab.
Malouf suchte im Rückspiegel Samis Blick. »Entschuldigen Sie, Sir, aber hinter uns fährt ein großes Auto, eine Limousine. Der Wagen folgt uns. Kann das einer Ihrer Freunde vom Mittagessen sein?«
Sami warf einen Blick nach hinten. Tatsächlich hing eine schwarze Stretchlimousine beinahe an der Stoßstange des Mercedes. Als sie unter einer Überführung hindurchfuhren, blitzte kurz die Lichthupe auf. Wer konnte das sein? Sicher keiner seiner Tischgenossen. Das waren zwar erfolgreiche Geschäftsleute, aber Stretchlimousinen besaßen sie
nicht. Trotzdem machte sich Sami keine Sorgen. London war voller Idioten in allen möglichen Autos. Und London war schließlich nicht Bagdad. »Keine Sorge, Malouf. Das ist sicher nur irgendein blöder Angeber.«
Auf der Edgware Road scherte plötzlich von rechts ein Range Rover knapp vor dem Mercedes ein. Malouf musste auf die Bremse treten. Erst gab er kurz Gas, dann verlangsamte der Range Rover plötzlich seine Fahrt und zwang Malouf damit hinter ihm her zu kriechen.
»Das gefällt mir nicht, Mr Veshara.«
Sami ging es genauso. Eingekeilt zwischen den beiden fremden Wagen, fühlte er einen ersten Angstschauer seinen Rücken hinunterlaufen. »Bieg da vorn rechts ab. Aber ohne zu blinken. Damit müssten wir sie loswerden.«
Malouf nickte. Er schwenkte ein wenig aus, um abbiegen zu können, doch plötzlich erschien von rechts ein großer Geländewagen und setzte sich neben sie. Als Malouf abbremste, tat der Geländewagen dasselbe. Er blieb hartnäckig in der
Weitere Kostenlose Bücher