Angstschrei: Thriller
Das klingt ja ganz so, als würden Sie mich verdächtigen.«
» Im Augenblick verdächtigen wir jeden.«
» Am vergangenen Dienstag war ich da, wo ich dienstags immer bin. Ich habe bis ungefähr zwei Uhr morgens hier gesessen und Finanzierungsanträge ausgefüllt.«
» Und anschließend?«
» Bin ich schlafen gegangen.«
» Wo?«
» Oben gibt es einen Bereitschaftsraum. Es ist immer ein Mitglied der Belegschaft im Haus, Tag und Nacht. Wir rotieren. Ich bin dienstags und donnerstags an der Reihe.«
» Hat Sie jemand hier gesehen?«
» Niemand, dem ein Geschworenengericht glauben würde.«
» Wer?«
» Gegen Mitternacht haben ein paar Straßenkinder an die Tür geklopft. Sie wollten ein Bett haben. Wir hatten zwar keins mehr frei, aber es war zu kalt, um sie wieder wegzuschicken. Also habe ich ihnen etwas zu essen gegeben und sie in der Küche schlafen lassen.«
» Haben die auch Namen?«
» Na klar. Einer nennt sich Bennie. Geht auf den Strich. Gibt Blowjobs, weil er Geld für Drogen braucht. Er ist ungefähr siebzehn. Letztes Jahr hat er eine Weile hier gewohnt, aber wir mussten ihn rausschmeißen.«
» Hat Bennie auch einen Nachnamen?«
» Er behauptet, er heißt Bennie Belmont, aber das muss natürlich nicht stimmen. Er ist ein Lügner und ein Unruhestifter. Er hat die Regeln mehr als zweimal gebrochen. Vielleicht finden Sie ihn, wenn Sie die entsprechenden Kneipen abklappern. Der andere hat sich als Gerald R. McGill vorgestellt, aber der Name ist ganz offensichtlich ausgedacht.«
» Wie kommen Sie darauf?«
» Nun, weil er dann der Inhaber des Bestattungsinstituts auf der anderen Straßenseite wäre. Und das halte ich für unwahrscheinlich. Jedenfalls sind Bennie und Mr. McGill am nächsten Morgen wieder abgezogen, und seither habe ich sie nicht mehr gesehen.«
» Wie sieht es denn mit Freitag, dem 23. Dezember, aus? Zwei Tage vor Weihnachten. Wo waren Sie denn da um, sagen wir mal, 21.00 Uhr?«
Kelly überlegte. » Zu Hause. In meiner Wohnung. In der Howard Street.«
Die Howard Street lag nur wenige Querstraßen von McCabes Wohnung in der Eastern Prom entfernt. » War jemand bei Ihnen?«
» Ja.«
» Wer?«
» Mein Lebenspartner. Wir wohnen zusammen.«
» Sie sind schwul?«
» Ich bin schwul.«
» Wie heißt Ihr Partner?
» Edward Childs. Aber er wird meistens Teddy genannt.«
» Und Mr. Childs wird bestätigen, dass Sie an diesem Abend zusammen waren?«
» Da bin ich mir sicher.«
» Und Sie waren nur zu zweit, alleine zu Hause, zwei Tage vor Weihnachten? Keine Party, keine Weihnachtsfeier, die Sie besucht hätten?«
» Wir sind gern unter uns. Wir haben zu Abend gegessen. Ein paar letzte Weihnachtskarten geschrieben. Haben gelesen. Und sind ins Bett gegangen.«
» Wie lange sind Sie und Teddy schon zusammen?«
» Acht Jahre.«
» Können Sie sich vorstellen, dass jemand einen Grund gehabt haben könnte, Lainie umzubringen?«
» Nein.«
» Haben Sie hier auch Jugendliche, die psychisch labil sind?«
» Falls Sie damit emotionale Probleme, Ängste, Depressionen und Ähnliches meinen, dann trifft das praktisch auf alle zu. Falls Sie eher an manische Depressionen oder Schizophrenie gedacht hatten, dann gab es hier zwar durchaus den einen oder anderen Fall, aber nicht viele. In der Regel verfügen wir schlicht nicht über die nötigen Mittel, um mit solchen Dingen fertigzuwerden.«
» Können Sie mir eine Liste der Mädchen machen, mit denen Lainie am meisten Kontakt gehabt hat? Die müssen wir befragen.«
» Glauben Sie etwa, dass jemand von unseren Jugendlichen das getan haben könnte?«
» Es ist theoretisch möglich, aber ich bezweifle es.« Es war mehr als unwahrscheinlich, dass ein Straßenkind düstere Bibelsprüche am Tatort hinterließ, und ein solches Kind am Steuer eines nagelneuen BMW wäre genauso aufgefallen wie ein Walzer tanzender Elefant. » Wir möchten nur mit ihnen reden. Falls jemand zufällig etwas bemerkt hat.«
Kelly nickte. » Über welchen Zeitraum reden wir hier?«
» Die gesamte Zeit, seit Goff angefangen hat, sich bei Ihnen zu engagieren.«
» Das sind aber über drei Jahre. Wahrscheinlich ein Dutzend Mädchen, vielleicht auch mehr. Es könnte schwierig werden, die eine oder andere ausfindig zu machen.«
» Wir haben unsere Möglichkeiten. Außerdem würden wir auch gerne mit den übrigen Mitarbeitern sprechen.«
» Einverstanden. Ich schicke Ihnen eine E-Mail, sobald ich beide Personenlisten zusammengestellt habe. Wie lautet Ihre
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