Angstschrei: Thriller
E-Mail-Adresse?«
McCabe reichte Kelly seine Visitenkarte und fragte dann: » Haben Sie den Namen Abby Quinn schon einmal gehört?«
» Natürlich. Abby hat im letzten Jahr sechs Monate lang hier gewohnt. Sie ist zwar schon älter als unsere eigentliche Zielgruppe, aber ihr Psychiater gehört ebenfalls unserem Kuratorium an, und er war der Meinung, dass die Erfahrung ihr guttun würde. Wir haben sie als eine Art unbezahlte Praktikantin betrachtet. Sie hat überall ein bisschen mit angepackt.«
» Wie heißt ihr Psychiater?«
» Wolfe. Dr. Richard Wolfe.«
Wieder einmal war McCabe verblüfft darüber, wie klein Portland doch war. Immer wieder begegnete man denselben Leuten. » Wie kann sich Abby einen so exklusiven Arzt wie Wolfe leisten?«
» Über die staatliche Krankenversicherung. Abby ist arbeitsunfähig geschrieben. Zumindest war sie das, als sie hier bei uns gewohnt hat.«
» Hat Dr. Wolfe recht behalten? Ich meine, mit seiner Einschätzung, dass das Sanctuary House ihr guttun würde?«
» Ich glaube schon. Abby leidet unter Schizophrenie, aber sie hat regelmäßig ihre Medikamente genommen, hat ihre Aufgaben erledigt und sich sehr bemüht, sich einzufügen. Das hat gut geklappt.«
» Warum ist sie dann wieder gegangen?«
Kelly zögerte kurz, bevor er eine Antwort gab. » Sie war bereit. Für sie war es Zeit, nach Hause zu gehen.«
» Einen anderen Grund gab es nicht?«
» Nein.«
» Hat sie Lainie gekannt?«
» Das weiß ich nicht. Schon möglich, dass sie einander ein, zwei Mal begegnet sind. Aber Lainie hat nie mit ihr gearbeitet. Dafür war ausschließlich Dr. Wolfe zuständig.«
» Wissen Sie, wo sie sich jetzt aufhält?«
» Auf Harts Island, nehme ich an. Dort wohnt sie.«
» Sie ist zurzeit nicht hier, oder doch?«
Kelly sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an, dann schüttelte er den Kopf. » Nein. Warum sollte sie?«
» Nur so ein Gedanke. Hat Abby sich während ihres Aufenthaltes hier mit jemandem besonders angefreundet? Mit irgendeinem Mädchen, zu dem vielleicht noch Kontakt besteht?«
» Nicht, dass ich wüsste. Wieso?«
» Wir müssen mit ihr reden.«
» Im Zusammenhang mit dem Mord?«
» Ja. Fällt Ihnen irgendjemand ein, mit dem sie engeren Kontakt gehabt hat?«
» Fragen Sie doch mal Wolfe. Den würde ich jedenfalls als Erstes fragen. Oder fahren Sie nach Harts Island und fragen Sie sie selbst. Wird das Ganze hier eigentlich noch länger dauern?«
McCabe überhörte diese Frage. » Wie steht das Sanctuary House denn finanziell da?«
» Nicht besonders gut, aber das gilt für alle vergleichbaren Einrichtungen. Wir sind weitgehend von kleinen Förderbeiträgen verschiedener Stiftungen und Spenden wohlgesonnener Bürger abhängig. Staatliche oder städtische Gelder lehnen wir ab. Dadurch bewahren wir uns unsere Handlungsfreiheit.«
» Sie sagten, dass Lainie eine gute Spendensammlerin gewesen sei.«
» Ja, das stimmt. Erst vor einem Monat hat sie entscheidend dazu beigetragen, dass wir eine Spende über zehntausend Dollar bekommen haben.«
» Bekommen Sie öfter Beträge in dieser Größenordnung?«
» Gelegentlich schon, aber es ist nie genug. Schauen Sie sich doch mal um. Sehen wir aus, als wären wir reich? Wir kriegen so viele Beschwerden wegen irgendwelcher Verstöße gegen die Bauvorschriften, dass sie uns schon zu den Ohren rauskommen, aber bis jetzt hat die Stadt sie Gott sei Dank alle ignoriert. Die wollen genauso wenig wie ich, dass meine Kids wieder auf der Straße landen. Und Ihnen wäre das garantiert auch nicht recht. Aber ohne Lainie, die uns den Rücken freihält, wird es schwer werden.«
» Könnte es passieren, dass Sie schließen müssen?«
Kelly zuckte mit den Schultern. » Die Gefahr besteht immer. Es ist ein fortwährender Kampf. Vielleicht möchten Sie ja etwas spenden?«
McCabe lächelte. » Unter Umständen, ja. Was würden Sie von einhundertachtzigtausend Dollar halten?«
Kelly warf McCabe einen fragenden Blick zu. » Mir ist natürlich klar, dass das ein Scherz sein soll– aber so viel Geld, das würde unsere Situation von Grund auf verändern.«
» Nein, das war kein Scherz. Lainie hatte eine Lebensversicherung, und Sanctuary House ist als Begünstigter eingetragen.«
» Ist das Ihr Ernst?« Kelly saß da wie vom Donner gerührt. » Einhundertachtzigtausend Dollar?«
» Das haben Sie nicht gewusst?«
» Nein. Sie hat nie ein Wort davon gesagt.«
» Ich nehme an, sie hatte nicht vor zu sterben«, erwiderte McCabe. » Wo genau
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