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Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Moment zu lange umgedreht. Auf jeden Fall ist Ali weg. Ich versuche, ruhig zu bleiben. Rufe ihn erst halblaut, dann lauter. Ich
habe nur eine vage Ahnung, wo er kurz zuvor war. Ich brülle seinen Namen, laufe los. Ich habe mehrere ätzende Gedanken gleichzeitig.
    Ich bin jetzt hier ganz alleine.
    Ich kann ohne Ali nicht zu Julchen zurück.
    Vielleicht ist der Hund nicht freiwillig weggelaufen.
    Kurzfristig verliere ich die Orientierung, weiß nicht mehr, aus welcher Richtung ich gekommen bin. Alles sieht gleich aus. Ich lasse mich auf einen schmutzigen Baumstamm fallen und heule. Was soll ich denn jetzt tun? Mit der Leine in der Hand zurückgehen, zugeben, dass Ali mir abgehauen ist? Kann ich noch nicht mal auf einen total lieben Hund aufpassen, der zu Hause nicht mal wegläuft, wenn die Haustür sperrangelweit offen steht? Kann man wegen so etwas die Polizei anrufen? Hilft die dann suchen? Vielleicht hat Ali sich ja auch verlaufen. Wir sind heute in ein anderes Waldstück gegangen als sonst. Er kennt sich doch hier auch nicht aus. Irgendwann ist mein Jackenärmel nass und rotzig. Ein Taschentuch habe ich nicht.
    Und dann steht er vor mir. Wie aus dem Nichts. Ich kann es kaum glauben. Er kaut auf irgendwas rum. Es sieht aus wie ein Knochen. So ein Gummiknochen, den man in Tierhandlungen kaufen kann. Ich knie mich vor Ali in den Dreck, umarme ihn schniefend. Frau Rohmann guckt ein bisschen irritiert, als ich völlig verdreckt den Hund abgebe. Ich bin so erleichtert, dass mir das total egal ist.
     
    Vor unserer Haustür laufe ich Paul in die Arme. Also fast nur.
    »Hallo, Linda.« Total fröhlich haut er mir zur Begrüßung leicht auf die Schulter.
    »Finger weg.«
    Er verdreht die Augen und guckt einen Moment zu
lang zu einem Auto, das schräg gegenüber parkt. Hinter dem Steuer sitzt ein langhaariges Wesen. Das Schwein. Da lässt er sich von seiner Neuen hierhin kutschieren, um seine Sachen abzuholen. Billiger geht es echt nicht.
    Ich zeige zu ihr rüber. »Ist die auch klein genug, damit du nicht wieder zu deiner Freundin aufschauen musst?«
    »Ach, Linda, du bist so arm. Deine ganzen Sprüche kannst du dir sparen. Du bleibst ein verhuschtes kleines Mädchen. Kein Arsch, keine Titten, kein Spaß. Man kann echt nicht glauben, dass Luise und du Zwillinge seid. Ist sie überhaupt da? Ich wollte eben meine Sachen abholen. Viel Zeit habe ich nicht.«
    »Hast du noch einen Termin auf der Streckbank?«
    Ich gehe zur Haustür, schließe auf. Soll Luise sich um dieses Arsch kümmern. Im letzten Moment überlege ich es mir anders.
    »Luise ist übrigens nicht da. War schon mit ein paar Leuten verabredet. Sie hat mir aber deine Sachen gegeben. Ich hole sie dir.«
    Ich will nicht, dass Luise ihn jetzt sieht. Hinterher fängt sie in seinem Beisein an zu flennen. Oder schlimmer noch: will mit ihm reden, von wegen »es noch mal versuchen« oder so einen Scheiß. Die Erniedrigung will ich ihr ersparen.
    Ich habe Glück. Sie schläft. Ganz vorsichtig schleiche ich in ihr Zimmer, schnappe mir die kaputte CD und das zerrissene T-Shirt.
    Ich drücke Paul beides in die Hand. Er starrt die Sachen ungläubig an, verdreht nur die Augen. »Da fehlt was.«
    »Was denn noch? Deinen schlechten Atem, den du immer hier zurückgelassen hast, kann ich dir leider nicht eintüten.«
    »Da fehlt noch ein Anhänger.«

    Er will allen Ernstes den silbernen Anhänger zurück, den Luise gestern um den Hals baumeln hatte. Wie armselig.
    »Du meinst dieses Billigteil, das aussah wie zerknüllte Alufolie? Das hat Luise gestern Abend direkt ins Klo geworfen. Die war total happy, dass sie das hässliche Teil nicht mehr tragen musste. Wusstest du übrigens, dass sie das nur umgehängt hat, wenn sie dich getroffen hat?«
    »Sie hat es ins Klo geworfen?«
    Er wirkt zum ersten Mal zumindest interessiert an der Situation.
    »Ja. Aber vielleicht hat sie nicht abgezogen. Wenn du willst, kannst du ja gucken, ob es da noch irgendwo schwimmt.«
    Paul verzieht angewidert das Gesicht.
    Er hält das Superman-T-Shirt zusammengeknüllt in der Hand. Ein paar Buchstaben sind nicht zu sehen. Einige schon. Das Wort »SPERMA« springt mich an. Ich ekele mich. Sofort sehe ich Paul und Luise im Bett. Seine Hände auf ihrem Busen. Meine Gedanken hüpfen. Ich sehe wieder das Bild von mir mit den großen Brüsten. Es ist nicht mehr im Internet. Ich habe mit schweißnassen Händen nachgeguckt. Es ist in meinem Kopf. Und auf weiß ich nicht wie vielen Festplatten.
    Von gegenüber hupt

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