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Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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scheißegal. Ob du da bist oder nicht, ist einfach unwichtig. Du bist eigentlich überflüssig. Aber jetzt kannst du dich ja wieder
an Luise kletten. Ach ja, sag ihr doch noch, dass ich morgen meine Sachen abhole. Tschüssi.«
    Ich höre noch ein quiekendes Lachen, ehe die Verbindung tot ist. Genauso fühle ich mich. Tot. Leer. Paul hat mir ein Messer in die Hand gedrückt. Und damit muss ich jetzt zustechen. Ich werde Luise direkt ins Herz treffen. Ich kann das Messer nicht verstecken. Ich kann nicht nichts sagen. Vielleicht so tun, als hätte ich Paul nicht erreicht. Dann wird er es ihr sagen. Auch dass er mich beauftragt hatte, mit ihr Schluss zu machen. Luise würde mir nicht verzeihen, wenn ich sie jetzt anlüge. So gemein, fies, hart die Wahrheit jetzt ist. Ich habe sie in der Hand und muss sie weitergeben.
    Ich höre leise Schritte auf der Treppe. Luise schleicht sich auf Socken ran, kann es wohl nicht mehr aushalten. Sie sieht mich neben dem Telefon an der Wand lehnen.
    »Und?«
    In diesen drei Buchstaben liegt so viel Hoffnung. So eine Anspannung. Die Sucht nach Erlösung. Ich könnte sie jetzt glücklich machen. Irgendeinen Scheiß erzählen. Sie wäre erleichtert und die Wahrheit würde sie umso unvorbereiteter treffen. Jetzt hat sie schon Zweifel. Da ist der Schritt zur Gewissheit nicht mehr groß.
    »Komm, wir gehen hoch.«
    Ich gewinne zwei Treppen Zeit. Aber mir fällt nichts ein, womit ich die Wahrheit angenehmer machen könnte. Ich habe kein Zuckerstück, auf das ich die bittere Nachricht träufeln könnte. Ich setze mich. Luise bleibt vor mir stehen. Ich kann sie nicht angucken.
    »Paul bittet mich, dir zu sagen, dass es vorbei ist. Er will sich von dir trennen. Er traut sich aber nicht, dir das selber zu sagen. Er glaubt, es ist besser, wenn ich es dir
sage, weil ich dich dann gleich trösten kann. Ich habe ihm zu verstehen gegeben, dass du keinen Trost brauchst.«
    Meine Stimme klingt wie die einer Nachrichtensprecherin. Und ich hoffe sehr, dass Luise auf den letzten Satz hört. Dass der schwerer wiegt als die Sätze davor. Dass sie mich gleich wütend anfunkelt.
    »Er lässt dich Schluss machen.« Sie stellt das einfach nur fest. Ihre Augen blicken ungläubig auf mich runter. Ich wage einen kurzen Blick, sehe, dass sie kurz vorm Überlaufen sind. »Warum?«
    Ihre Frage hängt im Raum. Ich weiß nicht genau, was sie meint. Warum er die Beziehung beendet oder warum er ausgerechnet mich bittet, das zu tun. Ich entscheide mich für die letzte Möglichkeit.
    »Weil er ein feiges Arschloch ist. Weil er egoistisch ist und sich einen Scheiß um deine Gefühle kümmert.«
    Sie setzt sich vor mich auf den Boden, zieht die Knie an die Brust.
    Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten fühle ich mich ein bisschen stark. Und ein bisschen gut. Ich weiß, dass das fies ist. Dass ich auch egoistisch bin. Aber es tut einfach gut, dass es mir mal nicht alleine mies geht. Dass es anderen auch mal schlecht geht. Ich verbiete mir den Gedanken, konzentriere mich wieder auf Luise. Ich muss noch ein bisschen Benzin ins Feuer kippen. Vielleicht lodert dann endlich die Wut.
    »Morgen will er seine Sachen abholen.«
    »Seine Sachen?«
    »Er scheint noch irgendwas hier zu haben, was ihm wichtig ist.«
    Als ich das sage, weiß ich sofort, was Luise denkt. Dass sie ihm eben nicht mehr wichtig ist.
    Sie steht auf, nimmt die traurige CD aus ihrer Anlage, bricht sie mit einem Ruck durch und reicht sie mir.

    »Hier, kannst du ihm geben.«
    Unter ihrer Bettdecke zieht sie ein T-Shirt hervor. Offenbar hat sie in der letzten Zeit in einem Shirt von Paul geschlafen. Vorne ist Superman drauf. Das sieht ihm ähnlich. Superman. So sieht der aus. Luise betrachtet das Shirt kurz. Dann reißt sie mit den Zähnen einen Riss in den Saum, nimmt die beiden Ecken in die Hand und reißt das T-Shirt mit einem Ruck auseinander. Superman wurde soeben ein Bein amputiert. Sie wirft mir die Fetzen auf den Schoß.
    »Hier, das kannst du ihm auch geben.«
    »Wieso eigentlich ich?«
    »Meinst du, ich will ihn noch mal sehen?«
    Endlich ist sie wütend. Ich hoffe, dass ihr das hilft. Sie spielt mit ihrer Halskette. Ich sehe jetzt erst, dass sie einen neuen Anhänger hat. Sieht ein bisschen aus wie ein Meteorit - oder mehr noch wie so ein Klumpen, der beim Bleigießen entsteht und bei dem niemand genau weiß, wie man die Form deuten soll. Im ersten Augenblick denke ich, sie reißt sich die Kette auch ab. Doch ihre Faust umschließt den Klumpen. Sie setzt sich im

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