Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
es. Geduld scheint nicht unbedingt die Stärke von Pauls neuer Flamme zu sein.
    »Husch, husch, ins Körbchen, dein Frauchen ruft«, sage ich und grinse Paul an.
    Er trollt sich wirklich sofort.
    Luise kann froh sein, dass sie den los ist. Ich hoffe nur, sie sieht das auch so.
     
    Mein Vater kommt Gott sei Dank so früh von der Arbeit, dass er noch mit mir in die Stadt fahren kann, um ein neues Handy zu kaufen. Ich bin seit drei Tagen ohne und
fühle mich von dieser Welt abgeschnitten. Ich brauche den Draht zu Julchen. Beim Frühstück hatte ich erzählt, dass mir mein altes Telefon runtergefallen sei. Mein Vater wollte natürlich auch die Karte sehen, gucken, ob die nicht noch zu gebrauchen ist. Als ich ihm mit hochrotem Kopf die beiden zerschnittenen Teile in die Hand gedrückt habe, hat er mich nur fragend angesehen. Er hat dann aber nicht wirklich gefragt, sondern sofort geantwortet, dass er heute mit mir einen neuen Vertrag abschließen würde.
     
    Es fühlt sich ein bisschen wie ein Neuanfang an, als ich in meinem Zimmer sitze und zum ersten Mal das neue Handy anschalte. Es ist noch so unbeschrieben, kennt noch keine fiesen SMS. Sein Piepen hat mich noch nie hochschrecken lassen. Ich versuche, mir einen Hauch Optimismus einzureden. Paul ist weg. Mein altes Handy tot. Seit heute Nachmittag habe ich auch eine neue Fensterscheibe. Ohne Herz drauf.
    Den Abend verbringe ich mit meinem Opa. Wir gucken zusammen eine Sendung über die Anden und lösen drei Sudoku-Rätsel. Dazu gibt es Lakritzschnecken, Toffifee und Pfefferminzschokolade. Bevor ich ins Bett gehe, gucke ich noch bei Luise vorbei. Ich hatte ihr einen Zettel unter der Tür durchgeschoben, dass Paul mit seiner neuen Flamme da war und seine Sachen abgeholt hat. Dass er auch den Anhänger wiederhaben wollte, habe ich nicht erwähnt. Kann ich immer noch nachholen, falls Luise rückfällig werden sollte.
     
    Julchen grinst mich an, als ich kurz vorm Klingeln in die Klasse stürme. Was hat sie nur? Ich selbst bin nicht in Grinselaune. Beim Frühstück hatte Luise heute Morgen einen absoluten Heulflash. Ich konnte sie nur mit Mühe so weit bekommen, dass sie zur Arbeit geht. Während
Französisch gucke ich immer wieder zu Julchen, versuche ihren Blick zu deuten. Sie zieht nur zwei Mal vielsagend die Augenbrauen hoch. Aber wie viel will sie sagen? In der ersten Pause komme ich auch nicht an sie ran. Sie ist von den Leuten von der Tanz-AG umringt, die Julchen zu irgendeinem Auftritt überreden wollen. In der großen Pause hat sie Orientierungsgespräch. Da geht es darum, was man nach dem Abi machen will, ob man irgendwo ein Praktikum braucht oder sonst einen Mist. In der dritten Stunde endlich schreibt sie mir einen Zettel.
    Ich habe ihn.
    Ich schreie fast auf, als ich die drei Worte lese.
    Sie hat ihn. Sie hat den Kaktus. Ich fasse es nicht. Am liebsten würde ich jetzt den Unterricht unterbrechen und Julchen vor die Tür ziehen, um alles aus ihr rauszuquetschen. Wie hat sie das bloß gemacht? Und woher weiß sie, dass er es ist? Unter seinem Nicknamen »Kaktus« habe ich ihn nie wieder angetroffen. Und ich habe es weiß Gott Millionen Mal versucht. Ich krame einen Zettel raus und fange an.
    Wie? Was schreibt er? Woran hast du ihn erkannt?
    Die Fragen in meinem Kopf überholen sich. Jeden Moment drängt eine andere nach vorne. Ich habe eine Carrerabahn in meinem Schädel. Die Gedanken überschlagen sich wie beim Looping. Was will sie jetzt machen? Darüber haben wir noch nie gesprochen. Sie kann ihm ja schlecht schreiben: Hör sofort auf, meine Freundin Linda zu belästigen und zu verfolgen und in den Wahn zu treiben, sonst …
    Ja, was sonst?
    Womit wollen wir ihm drohen?
    Sie muss sich mit ihm treffen. Sonst geht gar nichts. Wir müssen mehr über ihn erfahren.
    Ich habe angefangen, auf dem Zettel rumzukritzeln.
Will ich, dass Julchen sich mit ihm trifft? Dass sie über mich reden? Ich mache einen fetten Strich quer über das Blatt.
    Ich will, dass es endlich vorbei ist. Der Rest ist egal. Dafür tue ich alles.
    Mit dem Klingeln stehe ich auf, bin mit ein paar Schritten bei Julchen. Sie packt betont langsam ihre Tasche ein, bindet sich sogar noch einen Schnürsenkel zu. Dann grinst sie mich an. »Ist was?«
    Sie genießt es ein bisschen, mich zappeln zu lassen, reckt sich und sagt genüsslich: »Tja, ich war erfolgreich. Ich glaube, ich habe ihn.«
    »Kannst du mir ein bisschen mehr erzählen?«
    Ich platze fast. In meinem Kopf sind tausend kleine

Weitere Kostenlose Bücher