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Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Mama und Papa dieser Satz gefällt«, gebe ich zu bedenken.
    »Sei nicht spießig. Ich will ja nichts verunstalten. Ich will einfach den Wänden ein bisschen Struktur geben«, betont sie.
    »Ich fürchte, für Mama und Papa ist Raufaser schon ausreichend Struktur.«
    »Das ist aber nicht das Zimmer von Mama und Papa. Wenn die wollen, können die sich ihr Schlafzimmer auch fliesen oder kacheln. Ich brauche ein bisschen Leben um mich rum. Da muss nicht alles immer glatt und steril sein.«
    »Stimmt. In deinem Zimmer ist immer viel Leben. Da feiern die Wollmäuse mit den Staubmilben geile Partys. Da freuen sich Spinnen über den letzten Rückzugsort in Westeuropa. Bei dir ist einfach immer was los.«
    »Du bist so laaaaaangweilig. Wenn du weiterstänkerst, modelliere ich dir heute Nacht im Schlaf eine neue Nase. Dann hast du wirklich einen Grund zu meckern. Komm jetzt mit. Du musst mir helfen.«
    Natürlich komme ich mit.
    Wir rühren das Pulver mit Wasser an und Luise beginnt eine Wand damit einzusauen. Es ist eine irre Matscherei.
    »Das kannst du zumindest mal als Kletterwand vermieten«, tröste ich sie. Sie verteilt weiter hektisch die Pampe. Besser wird es nicht.
    »Wenn du die Hügel ein bisschen spitzer machst,
kannst du auch Kleiderbügel dran hängen. Dann brauchst du keinen Schrank mehr.«
    Sie muss gegen ihren Willen lachen.
    Zwei Stunden später hat die Wand Höhlencharakter. Es ist sehr originär. Sehr ursprünglich.
    »So lassen wir es«, verkündet Luise. Ich weiß nicht, ob sie es gut findet oder ob ihr einfach schon der Arm wehtut.
     
    Mit einem Schlag bin ich wieder in meiner Welt. Ich hatte es verdrängen können. Ich hatte kurzfristig vergessen, dass ich eigentlich gerade ertrinke. Es fühlt sich an, als wäre ich am Strand gewesen, als wäre ich mit ganz vielen Leuten schwimmen gegangen. Wir haben geplanscht, uns gedöppt, Spaß gehabt. Doch ich werde langsam abgetrieben. Entferne mich von den anderen. Eine unsichtbare Macht zieht mich weg, zerrt an mir. Manchmal zieht sie mich schon kurz unter Wasser. Noch komme ich immer wieder an die Oberfläche. Wie lange noch?
     
    Am Abend steht plötzlich Merlin in meinem Zimmer. Weil ich mit Kopfhörern sehr laut Musik gehört hatte, hatte ich nicht mitbekommen, wie er geklopft hatte. Ich erschrecke mich total, als mir plötzlich jemand auf die Schulter tippt.
    »Was machst du denn hier?«, blaffe ich ihn an.
    »Ich hab gehört, dass du krank bist. Da wollte ich dir die neuen Übungszettel von Physik und Mathe bringen.«
    »Ja, danke. Sehr nett.« Ich versuche auch nett zu klingen. Schaffe es aber nicht wirklich. »Und sonst? Alles gut?«, frage ich, um die Stille zu übertönen.
    »Bei mir ja. Ganz schön krass, was du da geschrieben hast. Über die Schule und so.«
    Ein Fleck an seinem Hals sieht aus wie eine Fledermaus.

    »Ich habe das nicht geschrieben.«
    »Das warst du gar nicht?«
    Seine Augen sind so rund wie Tischtennisbälle. Auch fast so groß. Ich glaube, Merlin hat ein Schilddrüsenproblem.
    Und plötzlich bricht es raus. Plötzlich schreie ich.
    »Nein. Das war ich nicht. Das war jemand, der mich wahnsinnig machen will. Der mich verfolgt, mir hinterherhetzt. Der meinem Opa einen tödlichen Schrecken einjagt. Der mir nachspioniert, sich über mich lustig macht. Jemand will mich fertigmachen. Und soll ich dir was sagen: Er schafft es!«
    Merlin starrt mich an. Dann starrt er Luise an, die reingekommen ist.
    »Was ist denn hier los?«
    Ich hole zitternd Luft.
    »Alles gut, alles gut«, stammele ich. Meine Güte, was ist nur los mit mir? »Merlin und ich üben gerade für ein Theaterstück«, bricht es aus mir heraus. »Ich konnte ja heute nicht zur Probe von der Schauspiel-AG.« Ich rudere innerlich. Suche nach Lügen. »Und wir beide haben da so einen doofen Dialog. Den wollten wir noch mal üben.«
    »Du bist in einer Schauspiel-AG? Ich glaube es ja nicht.«
    Ich auch nicht. »Ja, lustig, was? Ausgerechnet ich«, sage ich müde.
    »Macht ihr die Szene noch mal? Ich würde total gerne zugucken«, bittet Luise und setzt sich auf mein Bett.
    Ich glaube, ich spinne. »Du, das ist mir peinlich. Wir sind noch nicht so weit.«
    Plötzlich mischt Merlin sich ein. »Ich kann meinen Text noch gar nicht«, behauptet er.
    Er ist spontaner, als ich gedacht hatte. Luise trollt sich. Merlin wendet sich mir zu. Sein Gesicht ein einziges großes Fragezeichen.

    »Tut mir leid, Merlin. Vergiss es einfach. Vergiss alles. Danke für die Zettel und bis

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