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Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Vielleicht hat sie keine SMS geschrieben, weil ihr Akku schon wieder leer ist. Nach dem dritten Klingeln geht Philipp dran.
    Meine Stimme ist belegt, als ich meinen Namen nenne. »Hi, hier ist Linda. Ist Julchen da?«
    »Da ist sie schon. Allerdings seit ewigen Zeiten im Bad. Keine Ahnung, was sie da an sich renoviert oder restauriert. Soll sie sich gleich mal bei dir melden?«

    »Das wäre nett. Ich bin zu Hause.«
    Sicherheitshalber nehme ich das Telefon mit nach unten.
    Zwei Stunden lang schaffe ich es, zu glauben, dass Julchen einfach mit irgendwelchen kosmetischen Aktionen so beschäftigt ist, dass sie nicht zurückrufen kann. Nach zwei Stunden raffe ich dann langsam, dass kein Anruf kommen wird.
    Sie will sich nicht bei mir melden.
    Sie hat einfach keinen Bock mehr auf mich.
     
    »Meinst du eigentlich, du kannst morgen wieder in die Schule gehen?«
    Die Frage meiner Mutter trifft mich völlig unvorbereitet. Ich sitze in der Küche und löffele angewidert eine Brühe. Ich weiß nicht, ob die so fies schmecken muss oder ob meine Mutter da was falsch gemacht hat.
    »Auf gar keinen Fall.«
    Das muss sie doch sehen, dass ich dazu nicht in der Lage bin.
    »Dann gehen wir morgen mal zum Arzt. Vielleicht ist es doch was Ernstes.«
    Ja, vielleicht ist es ja doch eine Salmonellenvergiftung.
     
    Komischerweise geht meine Mutter erst alleine zu dem Arzt rein. Ich sage mal nichts dazu, vielleicht hat sie ja selber auch Beschwerden, die sie nicht vor mir ausbreiten will. Als ich dann reingerufen werde, geht sie raus. Ist mir ganz lieb. Ich erzähle brav, dass mir seit zwei Tagen fürchterlich übel ist. Dass ich ganz dolle Bauchschmerzen habe, Durchfall bis zum Abwinken und dass ich ganz schlapp bin.
    Der Arzt nickt die ganze Zeit.
    Als ich fertig bin, will er wissen, ob ich viel schwitze.
Ich nicke. Ob ich manchmal zittere. Ich gebe es zu. Eigentlich zittere ich ziemlich viel in letzter Zeit. Er fragt, ob ich oft Herzrasen habe oder das Gefühl, nicht mehr richtig atmen zu können. Nervös sei.
    Was soll das?
    Ich schüttele den Kopf. Das gehört nicht hierher. Das hat mit dem Durchfall schließlich überhaupt nichts zu tun und geht ihn nichts an. Was hat meine Mutter ihm erzählt? Irgendwas stimmt hier nicht. Ich versuche, einfach so wenig wie möglich zu sagen, komme mit einem Attest für drei weitere Tage und einem Termin zur Blutabnahme morgen früh wieder raus.
    »Und was sagt er?« Meine Mutter guckt mich fast zu aufmerksam an.
    »Dass ich Herzrasen habe. Dass ich zittere. Und dass ich nervös bin. Ach ja, und dass ich wohl Durchfall habe.«
    Ich gucke sie auch sehr direkt an.
    Egal, ich habe jetzt erst mal ein Freiticket für die nächsten drei Tage. Vielleicht kriege ich ja nach der Blutanalyse noch eine Verlängerung.
    Zu Hause lege ich mich erst mal wieder ins Bett. Der Weg zum Arzt hat mich echt fertiggemacht. Nicht nur weil ich so schlapp bin. Wir mussten vom Parkplatz einmal quer durch die Fußgängerzone und ich habe die ganze Zeit Augen auf mir gespürt. Er war da - da bin ich mir ganz sicher.
    Als ich am frühen Nachmittag wieder wach werde, höre ich Luise nebenan.
    Sie hat sich einen Hut aus einer alten Zeitung gebastelt und mit einer Rolle verschiedene Farben an die Wand gekleckert.
    »Findest du Rot zu aggressiv?«
    »Kommt drauf an, was du hier unten machen willst. Für ein Stundenhotel ist es wohl okay.«

    Sie knufft mich in die Seite und ich falle fast um. Ich bin so schwach auf den Beinen, fühle mich zum ersten Mal zart, durchsichtig, elfengleich. Aber es fühlt sich nicht gut an. Ich lasse sie in ihrem Farbenrausch allein, gehe nach oben. Ganz mutig drücke ich auf die Taste »Anrufliste« am Telefon. Es kann doch nicht sein, dass Julchen so hart ist. So gemein. Dass sie nicht anruft. Dass keine SMS von ihr da ist, habe ich natürlich schon gecheckt. Da ist die Nummer von Heike, da ist die Nummer von Papa aus dem Büro und eine Nummer, die ich nicht kenne. Vielleicht hat Julchen von einer Freundin aus angerufen. Könnte ja sein. Ich drücke den grünen Hörer. Schon nach dem ersten Klingeln meldet sich »Praxis Dr. Meineke«. Ich lege auf. Wieso hat der Arzt hier angerufen? Was wollte der? Meine Mutter sucht gerade was im Kühlschrank.
    »Hat der Arzt hier angerufen?«
    »Nö, wieso?«, sagt sie zu den Joghurts.
    »Seine Nummer war aber im Display.«
    »Ach so, ja. Mit der Chipkarte von dir stimmte wohl was nicht.«
    Sie starrt weiter in den Kühlschrank, als müsste sie auswendig lernen, was

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