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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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und zupfte unruhig an dem Verband um ihre Hand. Sie streifte ihn ab und hielt mir stumm die Handfläche entgegen. Dort war nicht die kleinste Spur einer Verletzung zu sehen. Ich starrte auf die unversehrte Haut ihrer Hand und schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich habe nichts gemerkt«, sagte ich heiser. »Ich hätte Ylenia die Herzen gegeben, wenn sie es verlangt hätte. Ich war so verängstigt und beunruhigt über deinen Zustand!«
    Ida seufzte und band sich den Stoffstreifen um ihre Augen. Sie fasste nach meiner Hand. »Gehen wir«, bestimmte sie. »Wir sollten nicht noch mehr Zeit verlieren. Inzwischen hat sie bestimmt bemerkt, dass wir ihrer Illusion entkommen sind!«

    Sie führte mich trotz ihrer Blindheit sicher durch die verwirrenden Gänge des Labyrinths. Schneller, als mir in meiner Verwirrung lieb war, standen wir vor dem Eingang zu dem Gartensaal, in dem unser Bruder sein Ende gefunden hatte. Ida zögerte und wandte mir unschlüssig ihr bleiches Gesicht zu. Ich sah, dass sie Angst hatte, und seltsamerweise beruhigte das mein eigenes Herzklopfen, statt es zu vergrößern. Ich drückte ihre Hand und murmelte: »Also los, meine tapfere Schwester. Stellen wir uns dem Monstrum.«
    Ida lächelte schwach und nickte. Ohne mich loszulassen, tastete sie nach dem Lederbeutel an ihrer Brust, der die beiden Herzen umhüllte. Ich griff in meine Tasche und nahm meine beiden Schützlinge in die Hand. Der scharfe Schnabel der Holzkrähe stach in meinen Handballen. Ida wies stumm auf den Eingang, und Schulter an Schulter traten wir hindurch.
    Ich weiß nicht, was ich eigentlich erwartet hatte, und war gleichermaßen erleichtert wie enttäuscht von dem Anblick, der sich uns bot. Keine Spur deutete mehr auf das gewaltsame Ende unseres Bruders hin. Der Thronsessel in der Mitte des Saales stand stumm und verlassen da, ohne ein Zeichen von der Erscheinung, die bei unserer letzten Anwesenheit hier so schrecklich gewütet hatte.
    Ida ließ meine Hand los und wandte unruhig den Kopf von einer Seite zur anderen. Sie schien enttäuscht. »Ich verstehe das nicht«, sagte sie gedämpft. »Ich war so sicher, dass wir hierher zurück müssen. Was tun wir jetzt, Eddy?«
    Ich öffnete den Mund, um ihr zu versichern, dass ich genauso ratlos war wie sie, als sie plötzlich von meiner Seite verschwand. In einer Sekunde stand sie neben mir und in der nächsten war sie fort, als hätte es sie niemals gegeben. Ich war allein.

    Ida verschlug es den Atem, als sie sich so unvermutet allein in dem verlassenen Gartensaal fand. Der Silberring an ihrer rechten Hand prickelte unangenehm, und sie rieb ihn unwillkürlich. Wohin mochte ihre Schwester so plötzlich verschwunden sein? Gerade hatten sie noch miteinander gesprochen, und im nächsten Augenblick war Eddy verschwunden gewesen, als hätte sie niemals existiert. Vielleicht war auch Eddy nur eine Illusion der schwarzen Magierin gewesen. Wozu hatte das Trugbild sie verleiten sollen? Hatte sie die Entscheidung, hierher zurückzukehren, wirklich aus eigenem Entschluss getroffen, oder war sie einer Einflüsterung ihrer Schwester erlegen?
    Sie rief sich streng zur Ordnung. Fruchtlose Grübeleien würden jetzt nur schaden. Sie war hier, und sie hatte eine Aufgabe zu erledigen. Ein Schauder lief ihr über den Rücken. Sie konnte es nicht alleine schaffen. Ohne Eddy und die Herzen, die ihre Schwester hütete, war sie verloren.
    Über dem Thronsessel schimmerte weiches Licht. »Ida«, hauchte eine atemlose Stimme. Das matte Glühen verstärkte sich und umhüllte eine helle Gestalt, die auf dem Sessel kauerte. Blasse Hände umklammerten die Armlehnen, schlanke Beine waren auf den marmorweißen Sitz gezogen. Ida trat zögernd einen Schritt näher. Ein blonder Kopf neigte sich ihr zu, und angsterfüllte helle Augen musterten ihr Gesicht.
    »Ida, den Schöpfern sei gedankt«, sagte der junge Mann erleichtert. »Ich hatte solche Angst um dich!«
    »Albi«, sagte Ida erschüttert. »Albi, bist du es wirklich? Ich fürchtete, du seist tot!«
    Der junge Mann schwang sich hastig von dem Thron herab. »Ida, wir müssen fliehen«, drängte er. Sein Gesicht war hager vor Erschöpfung und Furcht. »Ich bin ihr nicht gewachsen, sie ist unendlich mächtig. Sie wird uns vernichten, wenn sie uns hier findet!« Er musterte sie. »Warum, bei den Schöpfern, hast du dir die Augen verbunden?«

    »Weil ich so besser sehen kann«, erwiderte Ida scharf. »Warum sollte ich dir glauben? Du hast versucht, mich hereinzulegen, damit

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