AnidA - Trilogie (komplett)
eng an sich. Ich konnte nicht anders, als mich in ihren Arm zu schmiegen und ihr zuzuhören. »Wir sind ausersehen, gemeinsam die alte Macht der Herzen wieder zu erwecken. Ich bin eine alte Frau, meine kleine Adina. Dies hier«, sie umfasste sacht das schwarz schillernde Schmuckstück auf ihrer Brust, »hilft mir zwar, mein Leben zu verlängern, aber erst der vereinten Kraft der Herzen wird es gelingen, mir – und auch dir, meine kleine Enkelin – Unsterblichkeit zu verleihen. Kein Tod mehr, keine Krankheit, keine Schmerzen, die wir fürchten müßten. Wir werden ewig leben, meine geliebte Enkelin. Dann wird uns keine Macht der Welt mehr trennen können. Wir werden für immer zusammen sein.«
Sie griff nach dem Schmuckstück auf ihrer Brust und zog es über ihren Kopf. Die zarte Silberkette verfing sich in einer ihrer schwarzweißen Haarsträhnen, und ich half ihr dabei, sie zu befreien. Dann lächelte sie mich mit Augen aus dunklem Bernstein an und hielt mir das Schwarze Herz entgegen. »Es gehört nicht allein mir. Nimm es, fühle seine Kraft. Du trägst zwei seiner kleinen Schwestern, und du bist stark. Du wirst es ertragen können. Ich gebe Ter'nyoss, das Schwarze Herz, in deine Hände, meine kleine Adina.«
Ich zögerte einen Augenblick. Das große, unheilvoll schimmernde Schmuckstück lag ruhig in der schmalen Hand meiner Großmutter. Ich hob den Blick und sah in ihre Augen. Sie nickte mir ermutigend zu und hob mir leicht die Hand entgegen. Ich holte tief Luft und griff nach dem Herzen des Todes.
Es lag schwer und kühl in meiner Hand. Ich blickte darauf nieder, beinahe ein wenig enttäuscht darüber, dass ich nichts empfand. Hätte die Berührung eines der großen Herzen nicht irgendetwas in mir hervorrufen müssen? Ich erinnerte mich daran, wie lastend und unheimlich das Herz der Erde sich zu Anfang angefühlt hatte. Hätte Ter'nyoss nicht zumindest die Erde unter meinen Füßen beben lassen müssen?
Ernüchtert blickte ich auf und sah meine Großmutter an, deren sanfter Blick plötzlich etwas Lauerndes bekommen zu haben schien. Ich öffnete den Mund, um ihr meine Enttäuschung mitzuteilen, als die Luft rund um mich zu wabern begann. Schwarze Funken stoben vor meinen Augen auf, und ein bösartiges Summen übertönte das Knistern des Herdfeuers. Die Luft, die ich in meine Lungen sog, war mit einem Mal glühend heiß. Meine Hand, die das Schwarze Herz umschlossen hielt, begann unkontrolliert zu beben. Flüssiges Feuer rann durch meine Adern. Mein Kopf schien platzen zu wollen, und ich fühlte, wie mir die Augen aus den Höhlen traten und meine Zunge anschwoll, bis sie meinen Mund ausfüllte. Ich wollte schreien, aber kein Laut drang über meine Lippen. Das Gesicht meiner Großmutter wuchs vor meinen Augen und begann, mein gesamtes Blickfeld auszufüllen. Ihre Lippen bewegten sich, aber ich konnte nicht verstehen, was sie sagte.
Die schwarzen Funken vor meinen Augen wurden so zahlreich, dass sie jeden anderen Anblick auslöschten, und das Schrillen in meinen Ohren war inzwischen so laut, dass ich zu ertauben fürchtete. Ich umklammerte das Herz des Todes, das zum Zentrum meiner Welt geworden war, und betete um ein schnelles Ende meiner Qualen.
Das Feuer in meinen Adern wurde unerträglich. Ich glühte vor Fieber, meine Knochen schmolzen in der unerbittlichen Hitze, mein Blut kochte, mein Körper verbrannte zu Asche. Unendliche Kraft erfüllte mich. Es gab nichts mehr, das mir schaden würde, niemanden, der sich mit meiner Macht messen konnte. Ich war unsterblich. Ein Blinzeln von mir erschaffte ein Universum, und ein Atemzug vernichtete es wieder. Wer es wagte, mich herauszufordern, sah seiner Vernichtung entgegen. Kein Sterblicher und keine Gottheit war mir mehr gewachsen. Meine Macht wuchs ins Unermessliche. Das Schwarze Herz flammte stolz und lockend vor meinem geblendeten Blick, versprach die Unendlichkeit zu meinen Füßen.
Das Brennen und Glühen ließ nach, und langsam kehrten Sicht und Gehör wieder zurück. Die entschwindenden Wellen der Kraft ließen mich knochenlos und matt zurück. Meine Hand, die Ter'nyoss umklammert hielt, öffnete sich schwach und sank herab. Kühle Finger nahmen das Kleinod sanft aus meiner erschlafften Hand. Hände strichen über mein schweißverklebtes Haar und verweilten zärtlich auf meinem Gesicht.
»Ich wusste es«, flüsterte die Stimme meiner Großmutter. »Du bist sehr stark, meine Kleine. Du hast meine Kräfte geerbt. Ich werde dich alles lehren, was ich
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