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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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darüber aufgeregt, wenn ich mit gänzlich freiem Oberkörper gearbeitet hätte, aber dazu war die Luft mir doch noch ein wenig zu frisch.
    Von dem Pfad her, der in die nördlichen Berge führte, erscholl ein schriller, fröhlich klingender Ruf. Ich ließ meine Hacke sinken und richtete mich auf. Eine kleine Gruppe von Reisenden näherte sich dem Ordenshaus. Die Mehrzahl von ihnen schienen Grennach zu sein, ihrer Größe und der Art ihrer Reittiere nach zu urteilen. Aber eine der Gestalten – und da begann mein Herz schneller zu klopfen – ritt auf einem Pferd und überragte ihre Begleiterinnen um einige Längen. Ich ließ meine Hacke fallen und rannte den Pfad hoch. Die hoch gewachsene Reiterin sah mich und gab ihrem Pferd die Sporen. Dicht vor mir sprang sie aus dem Sattel und umarmte mich stürmisch. Wir lachten und weinten gleichzeitig und lagen uns in den Armen, bis die Erste aus der Gruppe der Grennach ihre Eselin neben uns zügelte und in der zwitschernden Sprache der kleinen Leute lachend etwas zu ihren Begleiterinnen sagte.
    Ida ließ mich los und wandte sich mit ausgebreiteten Armen zu den Grennach-Frauen, die uns umringten. »T'let na sweria, Mayliss. Jen qerqir r'harim«, sagte sie lächelnd. Die Anführerin der Grennach, eine winzige blonde Frau, zwitscherte eine Antwort und nahm Idas Pferd am Zügel. Dann nickte sie mir seltsam steif und beinahe ein wenig furchtsam zu und ließ ihre Eselin antraben. Die anderen Grennach neigten ihre Köpfe, als sie uns passierten. Ich bemerkte, dass keine von ihnen mir ins Gesicht sah.
    »Du sprichst ihre Sprache«, sagte ich beeindruckt. Ida hob gleichmütig die Achseln und nahm meine Hände. Ich musterte voller Zuneigung ihr Gesicht. Ihre Augen hatten wieder ihre vertraut wechselhafte Farbe. Nur ein leichter, metallischer Glanz, der über ihnen lag wie Dunst über einem See, erinnerte noch an die erschreckende Veränderung, die ihnen in der Zitadelle widerfahren war. Ida lächelte, und die neuen, feinen Fältchen in ihren Augenwinkeln vertieften sich. Sie sah älter aus als in meiner Erinnerung, und auf undefinierbare Weise reifer. Ich löste meinen Blick von ihrem Gesicht und betrachtete sie vom Kopf bis zu den Füßen, während sie das Gleiche mit mir tat.
    Idas Kleidung glich der der Grennach-Frauen. Sie trug die gleichen weichen Pluderhosen, die eng um den Knöchel lagen, darüber ein besticktes Wams und einen weit fallenden Umhang, alles in den warmen, leuchtenden Farben, die die Grennach bevorzugten. Ihre Haare waren kinnlang gestutzt und wurden von einem schmalen Lederband aus dem Gesicht gehalten, an dem ein tropfenförmiger, bernsteinfarbener Anhänger hing.
    »Du siehst beinahe aus wie eine von ihnen«, bemerkte ich scherzhaft und knuffte Ida in die Seite. »Es fehlen nur die spitzen Ohren und der Schwanz.«
    Ida lachte und hakte mich unter. »Und du siehst aus wie eine äußerst respektable, Ehrfurcht gebietende Weiße Hexe. Hat Tante Ylen es doch geschafft, dich für ihren Orden einzufangen?«
    »He, du bist schließlich die Seherin«, zog ich sie auf. »Was fragst du mich?«
    Unsere Tante war inzwischen vor die Tür des Ordenshauses getreten und erwartete Ida mit ausgebreiteten Armen. Die Umarmung der beiden war wortlos und herzlich. Ich machte mich leise davon, um mich von der weiteren Gartenarbeit für diesen Tag befreien zu lassen.
    Erst, als wir nach dem Abendessen bei einem Glas Wein zusammen in Ylenias Zimmer saßen und alle Neuigkeiten ausgetauscht waren, rückte Ida damit heraus, was sie veranlasst hatte, das Große Nest und ihre Ausbildung zu verlassen und sich auf die Reise in den Süden zu machen. Es war nicht allein die Sehnsucht nach ihrer Schwester und ihrer Tante gewesen, gab sie mit einem schiefen kleinen Lächeln zu. Sie drehte das Glas zwischen ihren Fingern und blickte versonnen auf die Reflexe, die der grünliche Wein auf ihre Hände warf.
    »Meine Ausbildung ist noch lange nicht abgeschlossen, aber die Nestältesten haben mir erlaubt, sie zu unterbrechen und mich um einige Privatangelegenheiten zu kümmern.« Sie hob den Kopf und lächelte ein wenig schmerzlich. »Es hat mich daran erinnert, wie Gildenmeisterin Catriona mich damals fortgeschickt hat, um meine Angelegenheiten zu regeln. Anscheinend schaffe ich es nie, eine Sache zu Ende zu bringen, ehe ich eine neue anfange.« Ylenia schmunzelte und nippte an ihrem Wein, ohne etwas dazu zu sagen.
    »Was sollst du tun?«, fragte ich neugierig. Idas Ausbildung bei der Grennach-Seherin

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