AnidA - Trilogie (komplett)
verändert. Es erschien schlichtweg zu gefährlich, die beiden Großen Herzen im Zentrum der vielfältigen Aktivitäten des Ordenshauses von ihrer magischen Abschirmung zu befreien – und sei es auch nur für Minuten.
Nur noch höchst selten trafen sich deshalb die Ratsmitglieder in der lichten Helle des Tages; die große Mehrzahl ihrer Sitzungen fand nun unter der Erde in einer der lichtlosen Kammern tief unter dem Ordenshaus statt. »Zwischen Zwiebeln, Eingemachtem und Kartoffeln«, hatte Rafiel in einer Aufwallung von Unmut und gelinder Klaustrophobie einmal geäußert, sich aber ansonsten in das Unvermeidliche geschickt.
Das kleine Gewölbe war mit aller Behaglichkeit eingerichtet worden. Dicke Wandteppiche in warmen Farben verhinderten, dass die Kühle der Mauern übermächtig wurde; außerdem sorgte der Kellermeister dafür, dass frühzeitig vor jeder Sitzung ein anständiges Feuer im Kamin entzündet wurde und Getränke zur Erquickung bereitgestellt waren.
Das alles konnte jedoch nicht über den Grund für diese von Licht, Luft und Menschen abgeschiedenen Zusammenkünfte hinwegtäuschen. Seit Jahren ruhte er nun verborgen in einem kleinen Gelass hinter einem der Wandteppiche, störte nachhaltig ihrer aller Nachtruhe und bereitete zumindest der Obersten Hexe inzwischen obendrein heftigste Magenschmerzen.
»Also dann«, sagte Herrad mit einem seufzenden Ausatmen, als sie die Tür hinter sich schloss. Rafiel rieb sich fröstelnd die Hände, obwohl es in dem kleinen Raum wegen des Feuers recht warm war, und blickte sich unbehaglich um, ehe er auf seinem angestammten Stuhl an dem runden Tisch Platz nahm. Er rückte ein wenig näher ans Feuer und blickte grimmig auf seine staubigen Stiefel nieder.
Herrad kümmerte sich nicht weiter um den schmollenden Ritter, sondern schlug den Wandteppich an einer Stelle zurück und öffnete mit einer beschwörenden Handbewegung eine dem Auge verborgene Klappe in der Wand. Ein bläulich schimmerndes magisches Feld verbarg den Inhalt des kleinen Gelasses vor Blicken und verhinderte, dass ein Unbefugter, der wider Erwarten die geheime Klappe gefunden und geöffnet haben sollte, sich ohne weiteres des Inhalts bemächtigen konnte.
Die Hexe atmete tief ein und schloss die Augen. Rafiel, der diesem Ritual schon hinreichend häufig hatte zusehen dürfen, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte weiterhin missmutig auf seine Stiefelspitzen.
Herrad fügte ihre Hände zu einer Schale zusammen und bewegte sie behutsam in das magische Feld hinein. Kleine Blitze zuckten zu ihren Fingern hin, und in ihren Handflächen sammelte sich wolkiger Dunst. Das bläuliche Glühen des Feldes verblasste im gleichen Maße, wie das Gedünst in der Schale der Hände sich verdichtete und zusammenballte. Endlich zog Herrad die Hände wieder aus dem Gelass und warf den dunkel brodelnden Ball, aus dem immer wieder winzige Blitze traten, in die Luft.
Leises Donnergrollen erklang, dann schlug einer der Blitze in einen in der Ecke stehenden Hocker ein. Ein Miniatur-Regenschauer ergoss sich über die schwelende Stelle, und das dunkle Gewölk zerfaserte und verschwand.
Ohne zu zögern griff Herrad nun in das Wandgelass, hob ein in ein Tuch gehülltes Kästchen heraus, stellte es ohne weitere Umstände mitten auf dem Tisch ab, schloss mit einer hurtigen Handbewegung das Gelass und ließ den Wandteppich wieder zurückgleiten.
Mit einem Laut der Erleichterung und Erschöpfung ließ sie sich auf den Stuhl sinken, der Rafiel gegenüber stand, griff nach einer der Karaffen auf dem kleinen Serviertisch und goss sich ein Glas Wasser ein.
»Es strengt mich von Mal zu Mal mehr an«, sagte sie leise. »Die Abschirmung ist so stark, wie wir sie mit vereinten Kräften nur wirken können – und dennoch: spürt Ihr den Sog?«
Rafiel bewegte unbehaglich die Schultern. »Ihr wisst, ich bin kein begnadeter Magus«, erwiderte er grollend. »Aber ja, ich spüre es dennoch. Es scheint einem die Seele aus dem Leib saugen zu wollen. Und, verflucht, es bereitet mir Kopfschmerzen! «
Herrad lächelte über seinen anklagenden Tonfall. Der alte Krieger schien dieses ungewohnte körperliche Unwohlsein als persönliche Schmähung zu betrachten.
»Mir ebenso, falls Euch das beruhigt«, sagte sie und strich sich leicht über die Stirn. »Trinkt von dem Wasser, ich habe unseren Heiler ein leichtes, besänftigendes Mittelchen hineinrühren lassen. Geschmacklos, versteht sich.« Sie lächelte wieder.
Rafiel sah sie misstrauisch
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