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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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war, in die Nähe des Kamins geschoben und breitete nun eine leichte Wolldecke darüber. Um einen Tisch in der Mitte des Raumes standen Meister Wilber und drei in der Heilkunst erfahrene Hexen und beugten sich über ein Buch, das aufgeschlagen zwischen ihnen lag. Sie waren mit gedämpften Stimmen in ein anscheinend lebhaftes Gespräch vertieft, von dessen Inhalt Anna nur Bruchstücke ans Ohr drangen.
    »Du siehst erholt aus«, lenkte Herrads Stimme ihre Aufmerksamkeit von der Gruppe ab. Anna bestätigte die Beobachtung der Obersten Hexe und blickte mit Unbehagen auf die Phiole, die ihr entgegengehalten wurde. Drei Fingerbreit einer rötlichen Flüssigkeit schwappten darin, und Anna glaubte den leicht scharfen und dennoch unangenehm faden Geschmack des Mittels schon auf der Zunge zu spüren.
    »Ich möchte es heute ohne das probieren«, sagte sie mit einer ablehnenden Handbewegung.
    Herrad zog die Brauen empor. »Davon kann ich dir nur abraten. Du erinnerst dich doch sicher, warum wir dieses betäubende Mittel einzusetzen pflegen.«
    Anna unterdrückte ein Schaudern. Glücklicherweise waren die Erinnerungen an frühere Sitzungen inzwischen weitgehend verblasst, aber die Pein, die sie ihr bereitet hatten, zuckte bei dem Gedanken daran erneut in ihren Nerven.
    »Ich erinnere mich«, sagte sie gepresst. »Aber ich will es trotzdem versuchen. Dieses eine Mal – damit ich weiß, was mit mir geschieht.«
    Herrad seufzte und ging hinüber zu Meister Wilber. Anna strengte ihre Ohren an, um zu erlauschen, was die beiden besprachen, aber die Oberste Hexe und der Heiler redeten zu leise. Endlich nickte die Hexe und winkte Anna, zu ihr zu kommen. Die junge Hexe folgte der Aufforderung und setzte sich gehorsam auf die Kante der Liege. Meister Wilber hockte sich vor sie hin und nahm ihre Hände, während er ihr ernst in die Augen sah.
    »Ich kann nicht beurteilen, wie schmerzhaft oder unangenehm die Prozedur für dich sein wird«, sagte er eindringlich. »Du musst sofort etwas sagen, wenn du es nicht mehr erträgst, hörst du? Ich weiß wahrlich nicht, ob es ratsam ist, das alles ohne eine Dämpfung deiner Sinneswahrnehmungen vorzunehmen. Aber wenn du mir versprichst, dass du nicht tapfer, sondern klug sein wirst, willige ich für heute ein, es einmal ohne ein einschläferndes Mittelchen zu probieren.«
    Anna nickte, wenn auch verzagt. Die ernste Mahnung des Heilers hatte ihr ein wenig von ihrer Zuversicht und Entschlossenheit genommen. Meister Wilber drückte ihre Hand und deutete dann auf die Liege. »Du solltest dich aber dennoch hinlegen. Schließe die Augen und lass deinen Atem sich beruhigen. Entspanne die Glieder und besänftige deine Gedanken.« Sein fortwährend beruhigendes Zureden half Anna, sich in einen Zustand der Ruhe zu versetzen und ängstliche Gedanken nach und nach auszuschließen. Sie atmete tief und gleichmäßig und lauschte auf die leisen Geräusche, die die Bewegungen und Verrichtungen der Menschen in dem niedrigen Gewölbe verursachten. Kleider raschelten, leise Schritte erklangen, und die Tür klappte zu. Die Bediensteten hatten den Raum verlassen, und allein die Hexen waren noch da. Es war nun sehr still.
    Anna wandte träge den Kopf und blinzelte zu dem Tisch hinüber. Das Buch war beiseite geräumt worden und hatte einem dunklen Kästchen Platz gemacht. Anna vermeinte, einen in arkanem Licht glühenden Saum darum zu erblicken, aber in diesem Moment beugte sich die Oberste Hexe zu dem Kästchen hinunter und verdeckte es vor ihren Blicken. Die Hexen bildeten einen dichten Ring um den Tisch, Anna vernahm einige unverständliche Worte, und ein seltsames Gefühl der Schwere nahm von ihr Besitz. Die Luft wurde beinahe zu dick für ihre Lungen, und ein Gewicht drückte auf ihre Brust und benahm ihr zusätzlich den Atem.
    Sie zwang sich, ruhig weiterzuatmen und nicht in Panik zu geraten. Nach einer Weile wich die Bedrückung von ihr und machte einem Kribbeln Platz, das ihren ganzen Körper befiel und auch vor dem Inneren ihres Kopfes nicht Halt machte. Anna musste den Drang unterdrücken, sich wie wild zu kratzen, und krallte ihre Hände fest in die Wolldecke, auf der sie lag.
    Auch dieses Gefühl verging nach einer Zeit. Anna schlug die Augen auf und blickte wieder zum Tisch hinüber. Der Kreis der Hexen verdeckte immer noch, was sie taten, aber ein bläuliches Glühen säumte ihre Umrisse und ließ sie seltsam unwirklich erscheinen. Anna entspannte ihre Hände und ihren Körper und lauschte auf das leise

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