AnidA - Trilogie (komplett)
dann noch«, rief er, tippte grüßend an seine Stirn und entfernte sich wiegenden Schrittes Richtung Kai, kleine Qualmwölkchen aus der Pfeife in seinem Kielwasser hinter sich herziehend.
»Was hast du ihm da gegeben?«, fragte Anna überaus neugierig, während Korben das Päckchen sorgsam wieder einwickelte und den Beutel erneut um seine Schulter schlang.
»Ach, das ist irgendein Harz-Zeug, Mika könnte dir jetzt genau sagen, woher es stammt. Schmeckt scheußlich, ich habe es mal probiert. Eben was, das nur die Seeleute mögen.«
»Wieso trägst du es mit dir herum? Verkaufst du es für Mika?«
»Ja, so ungefähr. Wir sind Partner.« Korben grinste. »Mika ist nicht besonders geschäftstüchtig, wie du dir denken kannst.«
»Wohl ganz im Gegensatz zu dir?«, lachte Anna.
»Ja«, erwiderte Korben ruhig. »Ich verdiene nicht schlecht dabei. So haben wir halt beide was davon.«
Anna musterte ihn von der Seite. Er sah ein wenig verstimmt aus. »Ich habe dich nicht ärgern wollen«, sagte sie besänftigend. »Es ist bloß so komisch – du bist eigentlich immer nur an Hexerei interessiert gewesen, und jetzt verkaufst du ›Harz-Zeug‹ an Seeleute.«
»Man tut, was man kann«, erwiderte Korben, wieder etwas besser gelaunt. »Achtung, hier geht es rein.«
Er schob sich an einer Gruppe von Menschen rund um einen fliegenden Händler vorbei. Der hatte seinen Bauchladen vor sich auf den Boden gestellt und führte gerade vor, wie leicht sich eine kleine lederne Geldbörse mit zwei dünnen Riemen verschließen und an den Gürtel hängen ließ. Eine ältere Frau hatte sich gebückt und kramte in dem Bauchladen herum, ehe sie sich mit einem triumphierenden Ächzen wieder aufrichtete und dem Händler ein paar Muschelknöpfe auf ihrer Handfläche präsentierte. Anna drückte sich ebenfalls an dem Grüppchen vorbei, während das Feilschen um die Knöpfe losging. Ein dürrer Mann befingerte indessen den Lederbeutel, den der Händler ihm in die Hand gedrückt hatte, um für die Verhandlungen beide Hände zum Gestikulieren frei zu haben, drehte ihn von innen nach außen und prüfte eingehend die Nähte.
»Das ist aber schlampig genäht«, hörte Anna ihn noch sagen, ehe sie hinter Korben um die nächste Ecke bog.
Die Häuser in diesem Teil des Viertels drückten sich eng aneinander und standen trotzdem schief und krumm da. Das Haus, vor dem Korben endlich stehen blieb, war ein wenig nach vorn geneigt, so als hätte es Rückenschmerzen. Korben klopfte zweimal an die niedrige Tür und wartete.
»Kommt herein«, rief nach einer Weile ganz aus der Ferne eine dunkle Frauenstimme, »ich habe euch erwartet.«
Korben grinste Anna an, schob die Tür auf und bedeutete ihr voranzugehen. Anna ignorierte das Grummeln in ihrer Magengegend und trat durch die Tür in einen dunklen Gang.
~ 6 ~
Korben schloss die Tür hinter sich und sperrte damit noch den letzten Rest Licht aus. Anna fühlte eine starke Beklemmung wegen der Enge und der plötzlichen Dunkelheit an diesem fremden Ort, und sie musste tief Luft holen, um ihr wummerndes Herz zu beruhigen. Korbens Hand legte sich auf ihre Schulter und schob sie vorwärts. »Sie hat Augen wie ein Nachtvogel«, hauchte er. »Deshalb ist hier nie Licht. Aber wenn du ein paar Schritte nach vorn gehst, ist dort eine Tür. Ich denke, sie ist in der Küche.«
Anna schnupperte. Ein würziger und alt vertrauter Geruch lag in der Luft und vertrieb endgültig alles Unbehagen. »Das ist Kribb«, sagte sie entzückt. »Das habe ich bei den Grennach oft getrunken.«
Korben lachte und griff an ihr vorbei, um die unsichtbare Tür zu öffnen. Der kleine Raum dahinter war fast ebenso dunkel wie der Gang, aus dem sie kamen, aber durch den Spalt unter einer weiteren Tür fiel etwas Licht und wies ihnen den Weg. »Kommt ruhig herein«, erklang erneut die dunkle Stimme, diesmal viel näher.
Korben schob die Tür auf und blinzelte wie Anna in das helle Licht der erstaunlich geräumigen Küche, deren Fenster auf ein kleines überwuchertes Gärtchen blickte, das von hohen Mauern umschlossen war und in dem eine Schar von allerlei Vögeln sich rund um eine Wasserschale tummelte.
»Du bist also Anna«, sagte die Besitzerin der Stimme. Sie hängte einen zerbeulten Wasserkessel über den Ofen und wandte sich dem Mädchen zu, um es eingehend zu mustern.
Anna erwiderte den Blick neugierig. Vor ihr stand eine mittelgroße Frau von unbestimmbarem Alter, stämmig und untersetzt, mit einer krausen dunklen Mähne über der
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