AnidA - Trilogie (komplett)
Schluck von seinem erkaltenden Kribb.
»Habt Ihr Mikas Großvater gekannt?«, hörte Anna sich zu ihrer eigenen Verblüffung fragen.
»Ich habe in meinem Leben eine Menge Leute gekannt«, erwiderte die Frau. »Warum fragst du mich das?«
Anna fühlte, dass sie rot wurde. »Ich weiß nicht«, sagte sie aufrichtig. »Ich habe so seltsame Sachen über Mikas Großvater gehört – und über den Schwarzen Orden. Ich weiß, dass es den Schwarzen Orden nicht mehr gibt!«, beeilte sie sich hinzuzufügen, als sie das Schmunzeln sah, das über das breite Gesicht der Frau glitt. Korben grummelte vor sich hin.
»Da ist dein Freund allerdings anderer Meinung. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als diesen Orden zu finden.«
Anna blickte Korben fragend an. Der junge Mann hob verlegen die Schultern und erwiderte nichts.
»Aber das ist doch dummes Zeug«, sagte Anna und sah die Frau um Zustimmung heischend an. »Als meine Großmutter die Herzen gewann, starb die letzte Magierin dieses Ordens.«
»Deine Ururgroßmutter«, sagte die Krähe hart. Ihre Augen mit den grünlich-bläulichen Reflexen blitzten wie Rabengefieder. Anna schluckte.
Die Frau hob die Hand und berührte sacht mit zwei Fingern Annas Stirn. Ein leises Prickeln ging von der Stelle der Berührung aus, und Anna fühlte, wie die übergroße Spannung aus ihrem Körper wich.
»Hab keine Angst«, sagte die Frau erstaunlich sanft. »Du hattest bisher keine Gelegenheit zu begreifen, was mit dir geschieht. Deshalb empfindest du das dir Anvertraute als Bürde – nichts anderes wird dir seit deiner Kindheit erzählt. Aber vielleicht kann ich dir helfen, die Herzen mit anderen Augen zu sehen. Es ist eine große Verantwortung, ihre Hüterin zu sein; aber es ist nur dann wirklich eine Bürde, wenn du nicht mit dieser Verantwortung umzugehen weißt.«
»Kann ich Euch überhaupt vertrauen?«, fragte Anna stockend. »Alle sagen ständig, dass sie mir nur helfen wollen – und ich glaube ihnen sogar. Aber trotzdem wollen sie auch, dass die Dinge so laufen, wie sie sich das vorstellen. Selbst wenn sie mir damit Übles tun. Und auch vor Euch hat man mich schon gewarnt!« Ein wenig erschrocken über die Offenheit ihrer Worte, aber dennoch entschlossen, mehr über die Frau zu erfahren, sah Anna die Krähe fordernd und fragend an.
Die Frau schmunzelte. Ihre schräg stehenden Augen verengten sich in einem dichten Netz von Fältchen, und sie wirkte nicht im Mindesten gekränkt oder beleidigt.
»Nun, wer immer das getan hat, hat natürlich Recht«, erwiderte sie belustigt. »Ich bin gefährlich, mein Kind. Das ist etwas, was dein junger Freund zum Beispiel einfach nicht wahrhaben will.«
Korben richtete sich ein wenig auf und erwiderte: »Das ist doch dummes Geschwätz – und ich weiß auch, wer der Schwachkopf war, der es dir in den Kopf gesetzt hat!« Er funkelte Anna aufgebracht an.
Die Krähe lachte leise. »Siehst du, er will es einfach nicht wahrhaben.« Sie wandte sich an Korben: »Du wünschst dir, dass ich dich unterrichte, dass ich dich lehre, was Macht ist und wie echter Zauber funktioniert. Ich habe dir oft genug gesagt: Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst. Du kannst nie sicher sein, was du am Ende bekommst!«
Korben zog eine finstere Miene und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. »Ich denke, ich weiß, was ich will«, knurrte er. »Und ich bin kein Dummkopf, der einfach losrennt, ohne zu sehen, wohin er läuft!«
Die Krähe machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Das ist ein alter Streit zwischen uns. Aber es geht heute nicht um dich, junger Heißsporn. Deine Freundin braucht mich im Gegensatz zu dir wirklich.«
Anna blickte sie an, zwischen Bangen und Hoffen hin und her geworfen. »Ich traue Euch nicht«, sagte sie. »Ihr habt mir bisher nur gezeigt, dass Ihr über mich Bescheid wisst – aber dafür hat Korben sicherlich gesorgt. Alles andere ist doch nur Gerede.«
Die Krähe zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Du hast Recht, ich kann dir viel erzählen. Besser ist es, ich zeige dir, was du von mir zu erwarten hast – aber dafür haben wir jetzt nicht die Zeit und die nötige Ruhe.« Sie erhob sich und sah streng, aber nicht unfreundlich auf die beiden hinab. »Ihr werdet einen freien Tag erbitten, an dem ihr einen Ausflug unternehmen könnt. Korben, du wirst Anna zu mir bringen und kannst dich dann in Ruhe deinen Geschäften widmen.« Sie schüttelte den Kopf, als Korben zu protestieren anhob. »Ich kann dich hier nicht
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