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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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einer Ecke und unterhielt mich angeregt, Ann erzählte an der Bar einem von Walcotts Leuten zweideutige Witze und spielte dabei kokett mit ihrem Schwanz. Neben ihr hielt Erykah Hof wie die Königin von Saba. Sie hatte drei Schatten um sich versammelt, parlierte ungezwungen, während die Männer an ihren Lippen hingen, und ließ dabei eine der Enterprise-Kellnerinnen nicht aus den Augen. Katya tanzte allein vor sich hin. Ev, Jessica und Tina sangen lauthals den gerade laufenden Gassenhauer aus den Popcharts mit und schwangen dabei kräftig die Hüften. Butterfly hatte ihr ganzes Gewicht auf dem Schoß eines nicht minder kräftig gebauten Schatten niedergelassen und flirtete und fummelte unverhohlen. Nur Isabel hielt sich gewohnheitsmäßig abseits, ging gelegentlich zur Theke, um Getränkenachschub zu holen.
    Um Mitternacht erlosch das Licht im Saal. Ein lauter Tusch ertönte, die Mediawand flammte auf und übertrug das Feuerwerk, das den Washingtoner Himmel erhellte. Mehrere Kellner in Raumschiff-Livree traten ein. Sie boten Champagnergläser an, die mit einer im Dämmerlicht grün leuchtenden und perlenden Flüssigkeit gefüllt waren, und reichten brennende Wunderkerzen herum. Die, die sich danach fühlten, fielen sich in die Arme und wünschten sich ein gutes neues Jahr. Andere, vornehmlich die Männer Walcotts untereinander, drückten sich die Hand oder klopften sich gegenseitig auf die Schultern.
    Pete zog mich in eine dunkle Ecke und küsste mich innig. Als er mich wieder freigab, fragte ich ihn leise: »Pete, wenn alles anders wäre, wenn ich frei wäre, würdest du dann mit mir von hier weggehen?«
    Er schaute mir in die Augen. »Bis ans Ende der Welt.«
    Ich blickte ihn ernsthaft an, dann lachte ich, dann lachte er, und wir wandten uns herum, um Katya zu suchen und zu küssen. Als ich Katya ausreichend abgeknutscht hatte, drängte sich Ev zwischen uns. Ihre Augen glänzten, sie war schrecklich aufgeregt. »Der Professor hat mir gerade eine Neujahrsüberraschung bereitet! Ich darf noch ein, zwei Wochen hierbleiben und euch auf einen Kongress begleiten, damit ich etwas lerne! Ist das nicht toll, ich darf hierbleiben! Ach, ich bin schrecklich glücklich …« Sie drehte sich angeschwipst um die eigene Achse und fing trällernd und selbstvergessen zu tanzen an.
    Katya und ich schauten uns an und steuerten wie verabredet auf Schmelzer zu. Der schien schon auf uns zu warten und lachte verschmitzt. »Ich habe heute Morgen mit March gesprochen. Die Sache geht klar. Ganz in eurem Sinne. Ich konnte einfach nicht an mich halten, musste es der Kleinen heute Nacht sagen. Schaut mal, wie sie sich freut …«
    »Haben Sie ihr auch gesagt, dass sie vorerst noch den Mund darüber halten soll?«, fragte ich.
    »Nein, wieso?«
    »Wenn die anderen das hören, Ann und Jessica beispielsweise, werden sie sich fragen, wieso Ev bleiben darf. Und sie nicht«, kommentierte Katya.
    Schmelzer betrachtete uns prüfend. »Das ist allerdings eine gute Frage. Die ist March auch schon gekommen.«
    Ich versuchte, das heikle Thema herunterzuspielen. Wie blöd von Katya, den Finger draufzulegen. »Das haben wir Ihnen doch erklärt, Professor. Sie haben selbst gesagt, dass Ev überdurchschnittlich begabt ist. Es liegt im Interesse des Projekts, wenn wir eine Null gleich von Beginn an perfekt schulen. Aber heute Abend könnte das durchaus zu Eifersüchteleien führen. Wir sollten Ev einen vorläufigen Maulkorb verpassen.«
    Ich zog Katya vom Professor weg, der uns nachdenklich hinterherschaute. Wir pflückten Ev von der Tanzfläche und erklärten ihr in kurzen Sätzen, warum sie erst einmal die Klappe halten sollte. Ev verstand sofort. Doch schon zwei Sekunden später grinste sie wieder breit und tanzte weiter.
    Gegen vier Uhr morgens passierte es dann. Alle hatten ausreichend getankt, die Hemmschwellen lagen am Boden. Isabel und Schmelzer waren die Einzigen, die sich schon abgemeldet hatten, während Butterfly nach einer Schnellnummer mit dem Hünen von ihrem Zimmer zurückgekommen war. Allerdings schien der Sex unbefriedigend gewesen zu sein, denn kaum erschien sie wieder an der Bar, begann sie einen heftigen und lautstarken Wortwechsel mit Ann. Alle drehten sich nach den beiden um. Erykah zuckte nur kurz mit den Schultern und flirtete weiter mit der Kellnerin. Tina und Jessica unterbrachen ihre Unterhaltung und starrten zu Ann und Butterfly. »Mist, da hat sich Butterfly die Falsche ausgesucht«, fluchte Tina und stand auf, um

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