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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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wortlos auf ihr Zimmer gegangen und ausnahmsweise sogar froh, als der Wachmann die Tür hinter ihr abschloss. Katya hatte sich Tina vorgenommen und mit Engelszungen an deren Verantwortungsgefühl appelliert. Sie müsse darauf achten, dass im Lager alles glatt verliefe. Ev sei von Schmelzer ausgesucht worden, um von Anfang an eine gründliche Ausbildung zu bekommen. Tina solle sich vor Augen halten, dass sie das Lager bald verlassen würde. Dann würde zweifelsohne Ann versuchen, das Kommando dort zu übernehmen. Das könne niemand wollen.
    Katya streute Tina Waggonladungen Zucker in die Augen, bis sie geschmeichelt versprach, allen Eifersüchteleien einen Riegel vorzuschieben.
    Katya fühlte sich schäbig, weil wir unsere Kolleginnen betrogen. Aber es gab keine andere Lösung. Wir mussten es durchziehen, koste es, was es wolle.
    Deswegen ließen wir Erykah im Sessel vor sich hin leiden, zogen unsere Joggingschuhe an und gingen zum Park.
    Marc stand schon neben meiner Pausenbank herum. Er kickte mit der Fußspitze kleine Steine durch die Gegend. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Es war still. Kein Wind, der über die kleinen Hügel strich, kein Vogelgezwitscher. Nur unsere gleichmäßigen, auf den nassen Boden klatschenden Schritte durchbrachen die Ruhe. Der Himmel war von einer bleigrauen Wolkendecke verhangen, am Wegrand schwammen abgefrorene Grashalme in trübem Tauwasser, in den entlaubten Bäumen saßen Schwärme von regungslosen Krähen.
    »Frohes neues Jahr«, wünschte Marc und umarmte und küsste uns. »Auf der Bank ist es im wahrsten Sinne des Wortes arschkalt. Wäre es euch recht, wenn wir zu mir gehen? Ich bin nicht verfolgt worden. Hängt an euch einer dran?«
    Ich schüttelte den Kopf und schaute Katya an. »Keiner. Schätze, wir können es riskieren. Es ist wirklich schweinekalt. Was meinst du?«
    Katya nickte. »Wir werden schon seit Tagen nicht mehr beobachtet. Zur Hölle damit, vielleicht war ’s bloß ein Voyeur.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht«, meinte ich zweifelnd. Zehn Minuten später waren wir in Marcs Wohnung.
    »Setzt euch auf die Matratze, ich mache uns einen Grog«, sagte Marc.
    Während er in einer winzigen Kochnische den Grog zubereitete, erzählten wir ihm von der Silvesterparty. Den Streit allerdings spielte Katya ein wenig herunter. Dennoch wollte Marc wissen, warum ich Butterfly eine gescheuert hatte. Wo ich doch wusste, dass zwischen Pete und Ev nichts gelaufen war.
    »Aber die anderen durften nicht raffen, dass Lucy über diese Nacht informiert war«, versuchte Katya zu erklären.
    Ich wehrte ab: »Ich habe ihr eine geknallt, weil sie es mir gesteckt hat. Es war reine Boshaftigkeit von Butterfly.«
    Katya nickte und fuhr fort: »Ev war prima. Sie blickte schuldbewusst, als die Rede auf ihr angebliches Verhältnis mit Pete kam, und zog sich auf ihr Zimmer zurück. Die anderen sind neidisch, weil Ev hierbleiben darf. Das wird sie heute sicher noch zu spüren bekommen. Aber Tina hat mir versprochen aufzupassen, dass sie ihr nicht zu sehr die Hölle heißmachen. Gott sei Dank reisen die anderen heute ab.«
    »Und wo wird Ev wohnen?«, fragte Marc.
    Ich antwortete: »Bei uns. Es wird zwar etwas eng, weil Erykah auch da ist, aber das kriegen wir schon hin. Ev kann bei Katya im Zimmer schlafen.«
    Katya fügte hinzu, dass Ev ursprünglich mit Butterfly im Hotel hatte bleiben sollen. Doch nach dem Silvesterabend hatten wir ein gutes Argument, Evelyn und Butterfly zu trennen. Auch die Schatten hatten mitbekommen, wie viel Gift Butterfly auf Ev verspritzt hatte. Das wäre nicht gut gegangen mit den beiden unter einem Dach. Schließlich hatte Pete entschieden, dass Ev bei uns wohnen sollte. Jetzt zerrissen sich natürlich alle das Maul über die Orgien, die bei uns zu Hause ablaufen würden. Ev würde noch heute zu uns umziehen. Der Nachteil bei dieser Lösung war allerdings, dass Evs Schatten vor unserer Tür postiert wurde. Und wieder Wanzen in unsere Handys kamen. Walcott hatte darauf bestanden, dass nicht alle Regeln außer Kraft gesetzt wurden.
    »Es wird unmöglich sein, ein weiteres Treffen zwischen dir und Ev zu arrangieren.« Ich hoffte, dass Marc das einsah.
    »Was sagt Pete zu den Überwachungsmaßnahmen?«, fragte Marc.
    »Der steckt bis über beide Ohren in Arbeit. Ein neues Projekt.«
    »Das mit den verwanzten Handys ist albern. Ich gebe euch einfach ein sauberes Zweitgerät.«
    Ich lachte. »So blöd sind Walcotts Leute nicht. Wenn wir Wanzen bekommen, können wir

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