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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Rückendeckung konnte nicht schaden. Doch Pete wagte nicht zu schießen. Walcott hätte sofort das Feuer auf Katya und mich eröffnet. Denn wir standen nun voreinander, wenige Meter getrennt. Auge in Auge.
    »Da sind ja meine Lieblingsratten«, begrüßte Walcott uns grinsend. Katya und ich gingen noch näher an Walcott heran. Er hatte seine Waffe im Anschlag. Ich hatte ein Fleischmesser hinten in meinem Hosenbund.
    »Hallo, General«, sagte ich und ging noch näher an Walcott heran. Jetzt stand ich knappe zwei Meter vor ihm. »Sie wollen uns . Also lassen Sie die anderen laufen.«
    Walcott lachte laut auf. »Bild dir bloß nichts ein. Klar, mit dir habe ich etwas ganz Besonderes vor. Aber das rettet doch nicht die anderen Idioten. Hey, Fowler, ich soll dich laufen lassen, was denkst du darüber?«
    Pete gab keine Antwort, um seine veränderte Position nicht zu verraten.
    Meine Hand glitt nach hinten an den Knauf des Messers. Ich begann, mit Walcott auf eine zynische Art zu flirten. Tatsächlich verringerte sich seine Aufmerksamkeit, die Hand mit der Waffe sank ein, zwei Zentimeter nach unten. Genug. Als Katya abrupt nach links sprang und Walcott in den bewaffneten Arm fiel, löste sich aus Walcotts Waffe ein Schuss, mein Arm schnellte in die Höhe, und ich stieß das Messer bis zum Heft in Walcotts Brust. Pete katapultierte sich mit einem Satz aus der Deckung und schoss auf Walcotts Begleiter. Der sank, von Petes Kugel getroffen, zu Boden. Walcott ließ seine Waffe fallen, griff röchelnd nach dem Messer in seiner Brust und ging in Zeitlupe in die Knie. Einen Atemzug später war Pete an meiner Seite. Ich starrte hasserfüllt auf Walcott, der vor mir auf den Knien lag. Ich zog das Messer heraus und stieß noch einmal kraftvoll zu. Walcott sackte zusammen, seine hässliche Visage landete im Dreck. Pete lief zu Walcotts Untergebenem und überprüfte, ob er tot war. Walcott rührte sich nicht mehr. Katya presste eine Hand auf ihren linken Oberschenkel. Zwischen ihren Fingern quoll Blut heraus. Walcott musste sie mit einem Streifschuss erwischt haben. Ich legte meinen Arm um Katya und stützte sie. Durch den Tritt hatte sie fast das Gleichgewicht verloren.
    Als ich die hinkende Katya zurück in die Deckung der Bäume schleppen wollte, da sah ich es – nur den Bruchteil einer Sekunde vorher. Ich sah es zu spät. Katya blickte mir schon die ganze Zeit in die Augen. Ich hatte sie vielleicht drei Meter Richtung Wald geschleppt. Katya sah mich wissend an. Sie lächelte, als wollte sie mir jetzt schon die Absolution für mein Versagen geben. Ich schnellte herum. Walcott hatte seine Knarre wieder in der Hand, richtete seinen Oberkörper auf. Er schoss, fast gleichzeitig mit Pete.
    Ich schrie auf. Warum, warum bloß hatte ich Katya erlaubt mitzugehen? Wieso hatte ich es nicht früher gesehen? Katya hatte es gewusst. Katya, Katya, warum war sie gegangen, warum das alles? Katya warf sich vor mich, sank in meine Arme. Endlose Nacht, ewig wie das Firmament, außerhalb von Zeit und Raum. Sie war in die Brust getroffen. Das Blut pumpte aus ihr heraus, es sprudelte wie Öl aus einer frisch angestochenen Quelle. Die Erde, die Welt blutete aus.
    Sie lag in meinen Armen und flüsterte: »Glaubst du, ich werde in einen Baum gehen? Aber ich war böse. Ich gehe in eine Eule. Ich will keine Eule werden.«
    Ich hatte meine Stimme kaum unter Kontrolle: »Du wirst ein Baum sein. Der schönste Baum, den es gibt, ganz bestimmt. Vielleicht eine Magnolie. Und im Frühling wirst du blühen.«
    Katyas Blut sickerte in den Schnee. Sie lächelte noch einmal, dann war sie gegangen. Ich blieb zurück. Allein. Wie konnte sie mich nur verlassen? Ich wiegte sie in meinen Armen, küsste sie über und über und redete vor mich hin. Ich sprach zu Katya. Zu mir selbst. Zu Gott. Den Geistern. Den Bäumen. Ich schloss ihr die Augen. Ich weinte. Weinte um mich. Weil ich nun ohne sie war.

51. Hilflos
    Pete, 36, Geheimagent
    Ich war zu Walcotts Kampfgenossen gelaufen und hatte überprüft, ob er tot war. Er war es. Als ich wieder zu Lucy sah, erstarrte ich. Sie schnellte gerade herum. Ich folgte ihrem entsetzten Blick und sah Walcott, der seine Waffe in der Hand hatte.
    »Vorsicht!«, schrie ich und riss meine Waffe aus dem Gürtel. Ich war zu langsam, viel zu langsam. Fast gleichzeitig drückten wir ab. Walcott sackte in sich zusammen. Lucy schrie auf. Katya hatte sich vor sie geworfen und mit ihrem Körper die Kugel für Lucy abgefangen. Stolpernd rannte ich zu

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