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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Pete, wie bleich ich war. Sein Körper spannte sich, aber auch er machte keinerlei auffällige Bewegung. Bei einem Alarm galt es, jegliches Aufsehen zu vermeiden. Mögliche Angreifer auf Beobachtungsposten sollten nicht vorgewarnt werden.
    »Auf dem Dach gegenüber ist jemand. Er beobachtet uns. Ich habe am Tor alarmiert«, sagte ich, als ich bei Pete ankam. »Keine Waffe, es ist in oder an den Pfeilern.«
    »Abbruch?« fragte Pete knapp. Die Zeit war eng bemessen.
    »Unbedingt.«
    Pete stieg ganz ruhig mit mir in den Wagen und zog sein Handy aus der Anzugsjacke. »Hallo, March, Abbruch, sofort! Ja, drehen Sie um … Ich melde mich in einer Viertelstunde wieder … gut.«
    Dann wandte er sich zu mir: »Bist du okay? Was ist es?«
    »Alles klar, danke.« Ich freute mich über Petes Aufmerksamkeit. »Ich bin mir über die Differenzierung nicht klar. Keine übliche Waffe, kein Sprengstoff, zumindest kein herkömmlicher. Nicht fest, eher gasförmig oder flüssig, schwer zu fassen … Er wird Wasser benutzen … es wird … in die Luft fliegen … Verdammt, natürlich! Ich hatte erst einmal das Vergnügen, und das auch nur in einer Trainingseinheit.«
    »Shit.« Pete begriff sofort. Es gab nur eine Substanz, die so neu war, dass ich sie nicht genau kannte, die ich nicht schnell und präzise bestimmen konnte. Das war der neue wasserentzündliche Flüssigsprengstoff, den die Stadtguerilla bei dem New Yorker Anschlag auf die U-Bahn benutzt hatte. Der Teufel wusste, wie sie an dieses brisante Zeug rankam.
    »Was ist mit den beiden Wachen am Tor?«, fragte ich.
    »Du kennst die Regeln. Einer auf dem Dach, sagst du? Nur einer? Der sitzt da garantiert mit einem computergesteuerten Gewehr und hat uns alle sehr gut im Auge. Bei dem geringsten Verdacht, dass wir die Sauerei entdeckt haben und der Präsident nicht kommt, bläst er das Ganze vielleicht nur so zum Spaß in die Luft. Warte, ich muss noch mal telefonieren.«
    Pete rief bei seiner Dienststelle an, bestellte die Spezialeinheit und ging anschließend zu Noxville, um ihm zu erklären, dass das Essen leider ausfalle, weil das Haus evakuiert werden müsse und außerdem noch seine schicke Toreinfahrt pulverisiert würde, da es bei diesem neuartigen Sprengstoff keine Möglichkeit zur Entschärfung gebe. Noxville nahm die Neuigkeiten mit deftigen Flüchen auf, doch die Angst ließ ihn schließlich verstummen. Innerhalb kürzester Zeit war Petes Sondereinheit im Gebäude. Sie kamen getarnt mit einem Wagen eines Delikatessen-Cateringservice zum Hintereingang und leiteten unauffällig die Evakuierung der Bewohner und Angestellten ein, während sich ein Scharfschütze eine passende Position auf einem der seitlich gelegenen Gebäude aussuchte, von wo aus er mit seiner Spezialmunition aus sicherer Entfernung die Pfeiler hochgehen lassen konnte.
    Das Ganze ging rasch und, wenn man von Frau Noxvilles Gezeter absah, ohne Zwischenfälle vonstatten. Pete hoffte, dass die Terroristen nicht so viel von dem explosiven Material verwandt hatten, dass gleich das halbe Viertel mit hochgehen würde. Sorge bereitete ihm außerdem, dass er mit seinem Wagen durch das Tor hinausfahren wollte. Er hätte den Wagen auch stehen lassen und wie die anderen zu Fuß durch den Hinterausgang verschwinden können, der hoffentlich nicht von den Terroristen beobachtet wurde. Bislang wenigstens schien alles ruhig. Doch die Sprengung der Toreinfahrt würde garantiert den Lack seines fast zwanzig Jahre alten BMW Z3 in Orinoko-Schlamm-Metallic beschädigen oder ihn völlig zerbröseln. Das konnte er nicht zulassen. Er wollte mich mit den anderen zum Hinterausgang schicken. Ich bestand darauf, mit ihm zu fahren. »Die haben es auf den Präsidenten abgesehen. Die zünden nicht vorzeitig«, sagte ich mit einer möglichst lässigen Handbewegung.
    »Warum machst du dir dann Sorgen um die Wachen?«, entgegnete Pete.
    Ich sah ihn stumm an und stieg in den BMW. Im ersten Gang fuhr Pete die gewundene Kiesauffahrt hinunter. Mit jedem Meter, den wir uns dem Tor näherten, wurde er nervöser. Dann waren wir durch. Als wir eine Querstraße entfernt waren, ließ Pete telefonisch die Torwachen abziehen. Er trat aufs Gaspedal.
    »Ich fahre dich schnell nach Hause. Dann muss ich los ins Weiße Haus. Wird wohl nichts mit unserem Drink heute Abend.«
    Ich nickte nur. Ich musste erst einmal dieses Flattern in den Griff bekommen. Nach etwa zwei Minuten Fahrt hörten wir eine gewaltige Detonation. Wir schwiegen. Als wir vor meiner Wohnung

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