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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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schlagkräftigeren, einen ultimativen und finalen Plan. Eine Endlösung, wie er betonte. Für die Legalisierung einer jeden noch so ungewöhnlichen Vorgangsweise, sei es im Angriff oder in der Vergeltung, werde er höchstpersönlich sorgen. Und wenn nicht, auch egal. Als hätte man sich je darum gekümmert.
    Diese klaren Ansagen riefen bei Snyder leichtes Stirnrunzeln hervor. Er versuchte es mit einem vorsichtigen Einwand: »Es gibt Grenzen, Herr Präsident.«
    »Nicht mehr«, war dessen lapidare Antwort.
    Spätestens jetzt war allen Anwesenden klar, dass unser Präsident den heutigen Anschlag sehr persönlich nahm. Die Vorstellung, dass sein Körper, wäre die Ratte nicht gewesen, nun atomisiert über die Straße stauben würde, schien ihm extrem zuzusetzen.
    Ich begriff, dass die Terroristenbekämpfung in eine neue Phase eintrat. Noch wusste ich nicht genau, wie ich mir das vorzustellen hatte. Ich wusste nur, dass mein Präsident, ein cholerischer und unberechenbarer Charakter, sein Steak blutig haben wollte.
    Snyder beschloss, nicht weiter zu insistieren. Er war kein Politiker und Moral noch nie ein eigener Paragraf in den Leitfäden der Geheimdienste gewesen. Also versprach er ohne weitere Widerworte, die passenden Leute an den Maßnahmenkatalog zu setzen.
    Ich bekam den Auftrag, das Weiße Haus ab sofort nicht nur einmal pro Woche durch einen Kontrollgang Lucys oder Katyas zu überprüfen, sondern alle drei Tage. Außerdem sollte ich mich für anfallende Spezialaufträge zu Snyders Verfügung halten. Damit war die Krisensitzung geschlossen, während deren Verlauf Marchs Gesichtsausdruck so viel verraten hatte wie ein unbeschrifteter Grabstein aus kaltem Granit.
    Es war schon fast zwei Uhr, als ich endlich zu Hause ankam, eine Zigarette anzündete und in den Rauch dunkle Wolken deutete, die ich in unser aller Zukunft aufsteigen sah.

12. Zwischenfall in Roswell
    Evelyn, 24, Sensor Stufe 0
    Ich hatte mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft beschlossen, mich in mein neues Leben einzufügen. Die Hoffnung, irgendwann meine Familie wiedersehen zu können, machte mich stark. Ich wusste, meine Mutter und Charlie vergingen vor Sorge um mich. Vielleicht auch Marc. Vielleicht hatte er zu Hause angerufen und von meinem plötzlichen Verschwinden aus Seattle erfahren. Er würde nach mir suchen. Der Professor hatte versprochen, dass ich bald einen Brief nach Hause schreiben dürfte, meiner Mutter sagen könnte, dass es mir gut ging. Mailen war verboten, ein Fachmann würde den Absender bis nach Roswell zurückverfolgen können. Ein Brief, in dem ich alle Details verschweigen musste, würde meine Mutter kaum beruhigen. Aber sie wäre auf jeden Fall heilfroh, überhaupt von mir zu hören.
    Deswegen verstand ich nicht, warum ich noch ein paar Wochen warten musste, bis ich den Brief schreiben durfte. Aber ich vertraute dem Professor. Und fügte mich.
    Den anderen hier stellte sich mein Problem nicht. Sie waren ohne Verwandte, zumindest ohne intensive familiäre Bindung, waren von der Welt verstoßen und vergessen. Als ich den Professor nach meiner Rekrutierung fragte, bestätigte er, was die anderen Frauen mit einem gewissen Misstrauen festgestellt hatten: Ich war eine Ausnahme, weil ich von allen Rekrutierungen bislang die höchsten Quotienten in Bezug auf Intelligenz und Emotion vorzuweisen hatte.
    Ich verbarg meine Verwunderung darüber hinter vorsichtigem Schweigen. Ich halte mich nicht für dumm, doch als Intelligenzbestie war ich noch nie aufgefallen. Der Professor schien sich keinerlei Gedanken darüber zu machen. Er war lediglich überrascht, wie gut ich die ersten gentherapeutischen Behandlungen wegsteckte. Die anderen Frauen übergaben sich, bekamen Fieber, Ausschlag, Schwindelgefühle. Ich hingegen hüpfte nach jeder Injektion fröhlich von der Laborpritsche. Unangenehm war nur, dass der Professor meine positive Grundeinstellung für das Fehlen jeglicher Nebenwirkungen verantwortlich machte und mich vor den anderen als leuchtendes Beispiel hinstellte. Was mich in die unliebsame Ecke der Streberin rückte. Doch ich beschloss, auch damit zurechtzukommen.
    Mit mir waren insgesamt fünfzehn Frauen im Lager. Acht Anfängerinnen und sieben Höherstufige. Unter den fast gleichaltrigen Neuen fand ich keinen Anschluss, obwohl ich mit ihnen die gleichen Ängste und Hoffnungen teilte. Die Distanz zwischen uns lag jedoch nicht nur an der mir aufgezwungenen Außenseiterrolle. Inka war mir zu durchgeknallt, Stacy zu albern,

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