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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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und Pelzstola in einem meiner unzähligen luxuriösen Reisekoffer. Ich bin in voller Glamourmontur auf die Bühne geschwebt und hab gespürt, wie sich die goldene Statue in meiner Hand erwärmt. Ganz echt hat sich das angefühlt. Und nach dem Blitzlichtgewitter hab ich zweimal leicht mit dem künstlichen Fingernagel an das Mikro getippt und ’ne kleine, aber feine Dankesrede an die amerikanische Öffentlichkeit gehalten. Meine Eltern haben in der ersten Reihe gesessen und waren zum ersten Mal stolz auf mich. Ich konnte von der Bühne aus sehen, wie meine Mutter vor Rührung Rotz und Wasser geheult hat. Doch dann hat mich jemand von rechts angeschubst, fast wäre ich von der Bühne gestürzt in meinen mörderhohen Pumps. Da hab ich mich umgedreht, um den Arsch mit meinem Blick zu vernichten. Aber es war kein prominenter Zeremonienmeister, sondern Robert, mein Schatten, der an seiner Jacke herumgenestelt hat und mir meinen Auftritt kaputtgemacht hat. Der Applaus ist abgeebbt, und ich hab wieder die Motorengeräusche vom Flugzeug gehört.
    Das fühlte sich echt beschissen an. Ich hab auf meine abgekauten Fingernägel geguckt, meine fleckigen Jeans und die abgetragenen Schuhe, und mir ist eingefallen, dass meine Eltern tot sind und sie niemals, nicht ein einziges Mal in ihrem ganzen Leben, auch nur ein bisschen stolz auf mich gewesen waren. Na ja, gab wohl auch keinen Grund dazu. Scheiß drauf. Dann hab ich mich noch kurz über mich und über diesen Oscar-Mist geärgert, über diese bescheuerten Prinzessinnenträume – als wäre ich ein verhätscheltes Girlie im rosa Volantrock, das seine Barbie an- und auszieht. Wenn ich mir damals keine geklaut hätte in der Schule, so ’ne blöde Barbie, von meinen Eltern hätt ich keine gekriegt. Nie im Leben! Diese alternativen Spinner wollten immer, dass ich mir mein Spielzeug selber bastele. Damit sie Kohle sparen konnten. Von wegen Kreativität. So ’n Scheiß. Nie war ich gut genug gewesen für diese Späthippies, die mir mit dem Gequatsche vom Regenwald und Robbenbabys die Kindheit versaut haben. Nur ’ne Schande war ich, wollte immer bloß fernsehen und hab sogar mit neun Jahren noch die große und kleine Rochade bei den sonntagabendlichen Schachübungen verwechselt! Was für eine Loserin! Na ja, denen hab ich’s heimgezahlt. Die waren dann froh, dass sie nichts mehr von mir gehört haben. Ich war auch froh, verdammt froh. Jetzt erst recht.
    Dann sind wir ein paar Stunden später in New York gelandet, und ich hab mich voll frei gefühlt. So cool und frei, dass ich die Freiheitsstatue ausgelacht habe, die sich von Tauben auf den Kopf kacken ließ.
    Robert hat ’n Taxi genommen, wir sind dann in so ’n Hotel in Manhattan gefahren. Da bin ich jetzt. Noch nie hab ich so ’n cooles Zimmer gesehen. Es ist zwar nicht krass groß, aber das Bett ist riesig. Ich hab mich erst mal voll draufgeworfen und bin auf- und abgewippt. Die Federung ist total weich, und dann hab ich auch noch die Textiltapete an der Wand angefasst. Die ist total zart.
    Eben war Robert noch kurz mit dem Einsatzleiter da. Thomas, so ein Typ von der NSA, erklärte mir den Ablauf des Jobs. Er hat mich mit ’nem echt hinreißenden Lächeln begrüßt und gefragt, ob er sich setzen darf. Ich hab auf so ’nen Cocktailsessel gezeigt und zu meinem Arsch von Schatten geguckt, damit der sich mal ein Beispiel nimmt, wie man mich zu behandeln hat. Aber Robert hat mit dem Rücken zu mir in der Minibar gewühlt, der Ignorant.
    Der NSA-Fuzzi hat mir ’nen kleinen Vortrag gehalten, voller Blablabla, ungefähr so: »Diese Jobs sind politisch ein wenig heikel, weil sie in die Zuständigkeit des FBI fallen. Die FBI-Leute wissen nicht, oder zumindest wissen sie offiziell nicht, wer oder was Sie sind. Wir fungieren als Aufklärungseinheit der NSA, was den Kollegen vom FBI zwar nicht schmeckt, aber das schlucken sie. In einer Stunde fahren wir nach Yonkers. Das Objekt, um das es geht, wird seit Längerem überwacht. Es gibt lediglich zwei mutmaßliche Terroristen, die dort regelmäßig ein- und ausgehen. Wenn wir eintreffen, sollten die beiden abgefangen und verwahrt sein. Das FBI hat strikte Anweisung, das Gebäude nicht zu betreten, bevor wir da sind. Ihre Aufgabe wird sein, mit Robert eine Runde um und dann in das Haus zu gehen. Falls es sicher ist. Wir müssen jeden Raum überprüfen, bevor das FBI das Gebäude auseinandernimmt und nach Waffen und anderem Beweismaterial untersucht. Dass Waffen da sein werden, davon gehen

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