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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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einen Epileptiker ruhigzustellen. Aber er war sich auch im Klaren, dass die Gesundheit eine wichtige Basis für die Ratten war. Für Isabel wäre es besser, sich untersuchen zu lassen. Aber was hatte er damit zu schaffen? Er war lediglich für die Zentrale verantwortlich. Und da war es nicht gerne gesehen, wenn er zeitweise, aus welchem Grund auch immer, zu Boden ging und seine Pflichten vernachlässigte. Nach diesen schwerfällig vollzogenen Gedankengängen stimmte er Isabel schließlich zu und vereinbarte mit ihr, das kleine Intermezzo in beiderseitigem Interesse einfach zu vergessen. Isabel kam heraus. Gemeinsam schlenderten wir zu unserer Baracke.
    »Das hat verdammt viel Spaß gemacht«, meinte sie.
    Ich grinst. »Du warst verdammt gut. Wieso kannst du so ’nen Handkantenschlag?«
    »Schwarzer Gürtel, zweiter Dan. Vollkontakt-Kram, Bescheid? Du hättest Stans Gesicht sehen sollen, als er wieder zu sich kam. Mann, war dem das peinlich!«
    Dann fügte sie leicht angesäuert hinzu: »Aber wenn ich gewusst hätte, dass du diese riskante Scheiße veranstaltest, um dämliche Schachzüge durchzugeben …«
    Ich musste lachen: »Quatsch, Schach! Das war zwar der Schachpartner meines Stiefvaters, der sich nach seinem großen Vorbild Karpow nennt, aber die Nachricht war für meine Eltern. Gasparow ist Charlies Spielerpseudonym. Ich hoffe, Karpow schnallt es und leitet die Mail weiter. Wird schon klappen, Karpow ist ein Genie.«
    »Ich spiele kein Schach, aber die Figuren kenne ich. Bislang war mir nicht klar, dass da auch Mäuse auf den Feldern herumhuschen«, meinte Isabel.
    »Die Maus bin ich. Ich war mir nicht sicher, ob Charlie versteht, was gemeint ist mit dem Bauernopfer. Also hab ich das mit der Maus noch hinzugefügt. Als ich klein war, haben Caroline und Charlie mich oft Piepsmaus genannt, weil meine Stimme so dünn war. Jetzt wissen sie, dass die Nachricht von mir ist und dass ich entgegen der offiziellen Verlautbarung noch lebe. Außerdem habe ich noch ein paar Befehle eingegeben, die verhindern, dass auf dem Server der Ausgang der Nachricht gespeichert wird.«
    »Wenn das geht, warum hast du dann nicht direkt an deine Eltern geschrieben?«
    »Sicher ist sicher. Falls jemand danach sucht, kann er die Nachricht trotz allem finden. Das schwirrt alles in Schleifen auf der Festplatte herum. Und dann ist es mir lieber, die Botschaft wird nicht sofort mit mir und meinen Eltern in Verbindung gebracht.«
    »Wieso kennst du dich mit dem Computerkram so gut aus?«
    »Hat mir Charlie beigebracht. Der ist zwar kein richtiger Hacker, aber er hat ’ne Menge drauf.«
    Isabels Stimme klang plötzlich brüchig: »Schade, dass ich keine Verwandten oder Freunde draußen habe. Dann könnten wir die Nummer noch mal für mich abziehen.«
    Ich stand auf und legte meine Hand auf ihre Schulter. Sie zuckte zurück. Die Bemerkung über ihre fehlenden Familienbande war ihr so rausgerutscht. Schnell wechselte sie wieder das Thema: »Hast du Zigaretten?«
    Wir rauchten schweigend und hingen unseren Gedanken nach.

27. Albträume
    Lucy, 43, Sensor Stufe 10
    Ich wachte auf. Schweißgebadet. Tränen strömten über mein Gesicht, aus dem Mundwinkel lief mir ein dünner Speichelfaden. Mein Atem ging keuchend, ich bekam kaum Luft. Mit zittrigen Fingern suchte ich nach dem Schalter der Bettlampe. Langsam zog ich die Beine unter der Daunendecke hervor und stellte sie auf den Boden. In gebückter Haltung schleppte ich mich zum Fenster, stützte mich auf der Kommode ab, griff nach meinem Hals, hielt mir den Kopf. Dann schob ich das Fenster, so weit es ging, nach oben. Mir war schwindlig, wurde schwarz vor Augen, die Lippen begannen zu kribbeln. Nach einer Minute zwanghaft ruhigen Durchatmens ging es besser. Ich konnte mich aufrichten, empfand die eiskalte Luft als wohltuend. Nach drei weiteren Minuten war ich einigermaßen bei mir. Ich schloss das Fenster und ging zur Küche. Schon vom Wohnzimmer aus konnte ich sehen, dass dort Licht brannte. Katya saß am Küchentisch und trank. Offensichtlich schon seit einer ganzen Weile. Vor ihr stand eine Flasche Wodka. Ihr Blick war glasig. Als ich hereinkam, blickte sie kurz auf, drehte sich nach hinten zum Schrank, nahm ein weiteres Glas heraus und goss einen zweiten Wodka ein. Sie schob ihn über den Tisch zu mir.
    »Du siehst aus, als könntest du auch einen brauchen.«
    Ich nahm das Glas und leerte es in einem Zug.
    »Noch einen«, sagte ich und setzte mich zu ihr.
    Katya goss nach.
    »War’s so

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