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Anita Blake 02 - Bllutroter Mond

Anita Blake 02 - Bllutroter Mond

Titel: Anita Blake 02 - Bllutroter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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hatte.
     
    Meine Narbe war ein schlechter Scherz gewesen. Seine dagegen der letzte verzweifelte Versuch eines armen Kerls, den Tod abzuwenden.
     
    »Hallo, Jean-Claude«, sagte ich.
    »Sei gegrüßt, ma petite«, antwortete er. Seine Stimme war wie ein Pelz, schwer, weich, vage unanständig, als wäre schon mit ihm zu reden etwas Anstößiges. Vielleicht war es das.
     
    »Nennen Sie mich nicht ma petite«, sagte ich.
     
    Er lächelte leicht, keine Spur von Reißzähnen. »Wie Sie wollen.« Er sah zu Irving. Irving schaute vorsichtshalber woanders hin. Man durfte einem Vampir nie in die Augen sehen. Niemals. Nur ausgerechnet ich konnte es ungestraft tun.
     
    »Wer ist Ihr Freund?« Das letzte Wort kam sehr sanft und seltsam drohend. »Das ist Irving Griswold. Er ist Reporter bei der Post-Dispatch. Er ist mir bei einer kleinen Ermittlung behilflich.« »Ah«, machte er. Er ging um Irving herum, als stünde er zum Verkauf und Jean-Claude wollte jedes Stück von ihm begutachten.
     
    Irving drehte nervös den Kopf hin und her, damit er den Vampir im Blick behalten konnte. Dann sah er mich mit großen Augen an. »Was geht hier vor?« »Na was wohl, Irving?«, sagte Jean-Claude. »Lassen Sie ihn in Ruhe, Jean-Claude.« »Warum sind Sie nicht zu mir gekommen, meine kleine Lebensspenderin?«
     
    Kleine Lebensspenderin war nicht viel besser als ma petite, aber ich nahm es hin. »Ich war beschäftigt.« Leichter Ärger zog über sein Gesicht. Ich wollte eigentlich nicht, dass er auf mich wütend würde. »Ich wollte bald zu Ihnen kommen«, fügte ich hinzu. »Wann?«
     
    »Morgen Abend.« »Heute Abend.« Das war kein Vorschlag. »Ich kann nicht.« »Doch, ma petite, Sie können.« Seine Stimme säuselte in meinem Kopf wie warmer Wind. »Sie sind so verflucht anstrengend«, seufzte ich.
     
    Er lachte. Es war ein angenehmer Klang, der wie ein teures Parfum in der Luft hängen bleibt, wenn sein Träger längst gegangen ist und leise nachschwingt wie ferne Musik. Von allen Meistervampiren, die ich kannte, hatte er die beste Stimme. Jeder hat so seine Talente.
     
    »Sie bringen einen zur Verzweiflung«, sagte er. Eine Spur des Lachens war noch zu hören. »Was soll ich nur mit Ihnen tun?« »Mich in Ruhe lassen«, antwortete ich. Ich meinte es sehr ernst. Es war einer meiner dringlichsten Wünsche.
     
    Sein Gesicht wurde vollkommen nüchtern, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. An: gut gelaunt, aus: undurchdringlich. »Zu viele meiner Anhänger wissen, dass Sie mein menschlicher Diener sind, ma petite. Sie unter Kontrolle zu bringen ist ein wichtiges Mittel, um meine Macht zu festigen.« Fast hörte es sich bedauernd an. Eine große Hilfe.
     
    »Was meinen Sie damit, mich unter Kontrolle zu bringen?« Unter der aufsteigenden Angst zog sich mein Magen zusammen. Wenn Jean-Claude mich nicht zu Tode ängstigte, machte er mir zumindest ein Magengeschwür.
     
    »Sie sind mein menschlicher Diener. Sie müssen anfangen, sich entsprechend zu benehmen.« »Ich bin nicht Ihr Diener.« »Doch, ma petite, das sind Sie.« »Verdammt, Jean-Claude, lassen Sie mich in Ruhe.«
     
    Plötzlich stand er dicht vor mir. Ich hatte ihn nicht kommen sehen. Er hatte meinen Verstand vernebelt, ohne dass ich nur einmal geblinzelt hatte. Ich spürte meinen Herzschlag im Hals. Ich versuchte, einen Schritt rückwärts zu treten, aber eine bleiche schmale Hand fasste meinen rechten Arm knapp über dem Ellbogen. Ich hätte nicht ausweichen sollen. Ich hätte nach meiner Pistole greifen sollen. Ich hoffte, dass ich den Fehler überleben würde.
    Meine Stimme klang entschieden, völlig normal. Wenigstens würde ich tapfer sterben. »Ich dachte, wenn ich nur zwei Ihrer Zeichen trage, dann können Sie meinen Geist nicht beherrschen.«
     
    »Ich kann Sie nicht mit meinem Blick betören, und es ist schwieriger, Ihren Verstand zu vernebeln, aber nicht unmöglich.« Seine Finger umschlossen meinen Arm. Es tat nicht weh. Ich versuchte gar nicht zu entkommen. Ich wusste es besser. Er konnte mir den Arm zermalmen, ohne ins Schwitzen zu kommen, oder ihn mir ausreißen oder einen Toyota stemmen. Wenn ich Tommy im Armdrücken nicht schlagen konnte, dann war ich Jean-Claude erst recht nicht gewachsen.
     
    »Er ist der neue Meister der Stadt, stimmt's?« Das war Irving. Ich glaube, wir hatten ihn vergessen. Für Irving wäre es besser gewesen, wenn es dabei geblieben wäre.
     
    Jean-Claude fasste mich noch ein wenig fester. Er drehte sich zu Irving um.

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