Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
In der Erde verrottendes Holz, aber keine Spur von Knochen. Keine Leiche. Leer. Über der Erde wuchsen dichtes Gras und Unkräuter. Der Boden war hart und trocken von der Dürre. Der Bewuchs war gestört worden. Nackte Wurzeln waren zu sehen, fast als hätte jemand versucht, das Gras auszureißen. Oder als wäre jemand unter dem Gras hervorgekrochen und hätte eine Spur hinterlassen.
Ich ließ mich auf den verdorrenden Pflanzen auf allen vieren nieder. Meine Hände blieben auf der harten, rötlichen Erdkruste, aber ich konnte das Innere des Grabes spüren, wie wenn man mit der Zunge über die Zähne tastet: Man sieht nichts, aber man fühlt alles.
Die Leiche war fort. Der Sarg war unberührt. Hier war ein Zombie herausgekommen. War das der, den wir suchten? Keine Garantie. Aber dieser war der Einzige, den ich spüren konnte.
Ich hielt vor dem Grab Ausschau. Es war schwierig, die Wiese mit bloßen Augen abzusuchen. Ich konnte fast sehen, was unter der Erdoberfläche lag. Das Grab zeigte sich irgendwo hinter meinen Augen, wo es keine Sehnerven gab. Der Friedhof endete etwa fünf Meter entfernt an einem Zaun. Hatte ich alles abgeschritten? War dies das einzige leere Grab?
Ich stand auf und musterte das Gelände. Dolph und die beiden Kammerjäger waren noch bei mir, dreißig Meter entfernt. Dreißig Meter? Das nenne ich Unterstützung.
Ich war alles abgegangen. Dort war der schnappende Geist. Der unheilvolle Fleck war da drüben. Das jüngste Grab hier. Ich hatte alles in mich aufgenommen, kannte den Friedhof und alles Ruhelose daran. Alles, was nicht ganz tot war, tanzte über seinem Grab. Weiße, neblige Phantome. Zornig funkelnde Lichter. Aufregung. Es gab mehr als eine Art, die Toten aufzuwecken.
Aber sie würden sich wieder beruhigen und schlafen, wenn man das so sagen konnte. Kein dauerhafter Schaden. Ich sah wieder auf das leere Grab hinunter. Kein dauerhafter Schaden.
Ich winkte Dolph und die anderen heran. Ich nahm einen Plastikbeutel aus der Tasche meines Overalls und schöpfte ein wenig Graberde hinein.
Das Mondlicht schien plötzlich zu verblassen. Dolph stand über mir. Er türmte sich förmlich vor mir auf. »Nun?«, fragte er. »Aus diesem Grab ist ein Zombie gestiegen«, erklärte ich. »Der Killerzombie?« »Ich weiß es nicht sicher.« »Sie wissen es nicht?« »Noch nicht.« »Wann werden Sie es wissen?«
»Ich bringe den Beutel zu Evans, damit er seine übliche Prozedur damit abzieht.« »Evans, der Hellseher«, sagte Dolph. »Genau.« »Er ist ein Spinner.« »Stimmt, aber er ist gut.« »Die Abteilung nimmt ihn nicht mehr.« »Meinetwegen«, sagte ich. »Für Animators, Inc., arbeitet er noch auf Honorarbasis.«
Dolph schüttelte den Kopf. »Ich traue ihm nicht.« »Ich traue niemandem«, sagte ich. »Wo ist also das Problem?« Dolph lächelte. »Schon verstanden.«
Ich hatte einige Gräser und Unkräuter mit unbeschädigten Wurzeln zusammengerollt und in einen zweiten Beutel gepackt. Ich kroch zum Kopf des Grabes und strich die Halme über dem Boden auseinander. Kein Grabstein. Verdammt! Der helle Kalkstein war am Sockel abgeschlagen worden. Zerschlagen. Fortgeschleppt. Scheiße.
»Warum 'sollten sie den Stein zerstören?«, fragte Dolph. »Die Inschrift hätte uns einen Hinweis geben können, warum der Tote erweckt wurde und was schief gegangen ist.« »Schief gegangen? Wie?« »Man kann einen Zombie dazu bringen, ein oder zwei Morde zu begehen, aber keinen Massenmord. Niemand würde das tun.«
»Außer man ist verrückt«, sagte er. Ich blickte zu ihm auf. »Das ist nicht komisch.« »Nein, das ist es nicht.« Ein Verrückter, der Tote erwecken konnte. Ein mörderischer Zombie, der von einem Psychopathen beherrscht wurde. Großartig. Und wenn derjenige es einmal tat ... »Dolph, wenn hier ein Verrückter herumläuft, dann könnte es mehr als einen solchen Zombie geben.«
»Und wenn es sich um Wahnsinn handelt, dann gibt es kein Handlungsmuster«, setzte er hinzu. »Scheiße.« »Genau.«
Kein Handlungsmuster bedeutete kein Motiv. Kein Motiv bedeutete, wir konnten den Fall möglicherweise gar nicht lösen. »Nein, das glaube ich nicht.«
»Warum nicht?«, fragte er.
»Weil das nirgendwohin führt.« Ich nahm ein Taschenmesser heraus, das ich eigens dafür mitgebracht hatte, und begann, die Reste des Steins auszubrechen.
»Einen Grabstein zu beschädigen ist gegen das Gesetz«, sagte Dolph.
»Was ich tue
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