Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
verwunden. Sie hatten es geplant. Das war beängstigend.
Ronnie stand ziemlich steif neben mir. Ich widerstand dem Drang, ihre Hand zu nehmen und zu drücken, aber das wäre nicht die stahlharte Vampirtöterart, oder? »Was wollen Sie?« »Das ist schon besser«, sagte er. Das hellblaue T-Shirt ließ eine Lücke, wo sein Bierbauch über den Gürtel quoll. Seine Arme sahen fleischig aus. Er mochte Übergewicht haben, aber ich wettete, dass es wehtat, wenn er zuschlug. Ich hoffte, er würde den Beweis nicht antreten.
Ich wich zurück, sodass ich die Ziegelmauer im Rücken hatte. Ronnie bewegte sich mit mir. Mr Jeansjacke war fast bei uns angelangt. Er hielt eine 9 mm Beretta locker in der rechten Hand. Die war nicht zum Verwunden gedacht.
Ich blickte Ronnie an, dann Dickwanst, der ziemlich dicht neben ihr stand, zu Mr Jeansjacke und wieder zurück zu Ronnie. Ihre Augen weiteten sich ein kleines bisschen. Sie leckte sich einmal über die Lippen, dann drehte sie sich zu Dickwanst. Der Kerl mit der Beretta gehörte mir. Ronnie bekam den mit der 22er. Beste Arbeitsteilung.
»Was wollen Sie?« Ich konnte es nicht leiden, wenn ich mich wiederholen musste. »Sie sollen nur eine kleine Fahrt mit uns machen, das ist alles.« Dabei lächelte Dickwanst. Ich lächelte zurück, dann wandte ich mich an Jeansjacke und seine zahme Beretta. »Reden Sie gar nicht?«
»Oh doch«, sagte er. Er kam zwei Schritte näher, aber seine Pistole zeigte unbeirrt auf meine Brust. »Ich rede sogar sehr gut.« Er berührte leicht mit den Fingerspitzen mein Haar. Die Beretta schob sich verdammt nah an mich heran. Wenn er jetzt abdrückte, war alles vorbei. Der matte schwarze Lauf wurde immer größer. Eine Illusion, aber je länger man auf eine Waffe starrt, desto übermächtiger wird sie. Wenn man am falschen Ende steht.
»Nichts da, Seymour«, sagte Dickwanst. »Nicht bumsen und nicht umbringen, so lauten die Regeln.« »Scheiße, Pete.« Pete alias Dickwanst erwiderte: »Du kannst die Blonde haben. Keiner hat gesagt, wir dürfen mit ihr keinen Spaß haben.« Ich sah Ronnie nicht an. Ich heftete meinen Blick auf Seymour. Ich musste bereit sein, wenn sich mir die eine Chance bot. Zu meiner Freundin zu sehen, um zu erfahren, wie sie die Neuigkeit von ihrer bevorstehenden Vergewaltigung aufnahm, würde ihr nicht helfen. Wirklich nicht.
»Phallische Macht, Ronnie. Es geht immer um die Keimdrüsen«, sagte ich. Seymour runzelte die Stirn. »Was zum Teufel soll das heißen?« »Es heißt, Seymour, dass ich Sie für dumm halte und dass Ihr bisschen Gehirn in den Eiern sitzt.« Dabei lächelte ich ihn freundlich an.
Er schlug mich mit der flachen Hand. Ein harter Schlag. Ich taumelte, ging aber nicht zu Boden. Die Pistole war in Position und schwankte nicht. Scheiße. Er gab einen tiefen Laut von sich und schlug mich noch einmal, mit der Faust. Ich ging zu Boden. Für einen Moment lag ich auf dem sandigen Bürgersteig und horchte, wie das Blut in meinen Ohren pochte. Der Schlag mit der flachen Hand hatte gebrannt. Die Faust hatte richtig wehgetan.
Jemand trat mir in die Rippen. »Lasst sie in Ruhe!«, kreischte Ronnie.
Ich lag auf dem Bauch und gab vor, Schmerzen zu haben. Das war nicht schwer. Ich tastete nach dem Klettverschluss. Seymour wedelte Ronnie mit der Beretta vor dem Gesicht herum. Sie schrie. Pete hatte Ronnie beim Arm gepackt und versuchte, sie festzuhalten. Die Dinge gerieten außer Kontrolle. Klasse.
Ich schaute an Seymours Beinen hinauf und kam auf die Knie. Ich stieß ihm den Derringer in die Leiste. Er erstarrte und sah zu mir herunter. »Nicht bewegen, oder ich serviere Ihre Eier auf einer Platte«, drohte ich.
Ronnie stieß Dickwanst den Ellbogen in den Solarplexus. Er beugte sich ein wenig nach vorn, fasste sich mit beiden Händen an den Magen. Sie drehte sich weg und schlug ihm das Knie hart ins Gesicht. Blut spritzte ihm aus der Nase. Er taumelte rückwärts. Sie schlug ihm mit aller Wucht seitlich gegen den Kopf. Er stürzte. Sie hielt die 22er in der Hand.
Ich musste an mich halten, um nicht >Ja, Ronnie!« zu jubeln. Das hätte nicht cool geklungen. Später war noch genug Zeit zum Feiern. »Sagen Sie Ihrem Freund, er soll sich nicht rühren, Seymour, oder ich drücke ab.« Er schluckte hörbar. »Beweg dich nicht, Pete, ja?« Pete starrte uns nur an. »Ronnie, bitte nimm Seymour die Waffe ab. Danke.«
Ich kniete noch und drückte dem Mann den Derringer in die Leiste.
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