Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
verschwand. Das Leuchten in den Augen erstarb, Misstrauen trat an seine Stelle. »Ich kenne den Namen nicht.« »Doch, Sie kennen ihn«, beharrte ich. Ich stand noch immer, sodass sie gezwungen war, in einem schmerzhaften Winkel zu mir aufzublicken.
Sie trank von der Cola und schüttelte den Kopf, ohne mich anzusehen.
»Kommen Sie, Wanda. Ich weiß, dass Sie Gaynors Liebling gewesen sind. Geben Sie zu, dass Sie ihn kennen, und wir sind ein Stück weiter.«
Sie sah mich kurz an, dann zu Boden. »Nein. Ich bumse mit Ihnen und lasse den Vampir zusehen. Ich rede dabei schmutziges Zeug. Aber ich kenne niemanden, der Gaynor heißt.«
Ich beugte mich zu ihr hinunter, stützte die Hände auf die Armlehnen des Rollstuhls. Unsere Gesichter waren dicht beieinander. »Ich bin keine Journalistin. Gaynor wird nie erfahren, dass Sie mit mir gesprochen haben, wenn Sie es ihm nicht sagen.«
Ihre Augen waren größer geworden. Ich folgte ihrem Blick. Meine Windjacke klaffte vorn auseinander und die Pistole war zu sehen, was sie umzuwerfen schien. Gut.
»Reden Sie mit mir, Wanda.« Ich sprach sanft. Milde. Die mildeste Stimme ist oftmals die schlimmste Drohung. »Wer zum Teufel sind Sie? Sie sind keine Polypen. Keine Reporter. Sozialarbeiter tragen keine Waffen. Wer sind Sie?« Die letzten Worte kamen in einem ängstlichen Singsang.
Jean-Claude schlenderte ins Zimmer. Er war im Schlafzimmer gewesen. Prima, wirklich prima. »Ärger, ma petite?« Ich maßregelte ihn nicht wegen des Kosenamens. Wanda brauchte nicht zu wissen, dass es Zwist unter den Rängen gab. »Sie stellt sich stur«, sagte ich.
Ich trat von dem Stuhl zurück. Ich zog die Windjacke aus und legte sie auf den Küchenschrank. Wanda starrte auf die Pistole, wie ich es mir gedacht hatte. Ich wirke nicht unbedingt einschüchternd, die Browning schon. Jean-Claude kam und stellte sich hinter Wanda. Seine schmalen Hände berührten sie an der Schulter. Sie zuckte zusammen, als hätte es wehgetan. Ich wusste, es hatte nicht wehgetan. Besser wäre es jedenfalls.
»Er wird mich umbringen«, sagte Wanda.
Eine Menge Leute schienen das von Mr Gaynor zu behaupten. »Er wird es nie erfahren«, versprach ich.
Jean-Claude rieb seine Wange an ihrem Haar und massierte sanft ihre Schultern. »Und, meine süße Kokette, nicht er ist heute Nacht bei Ihnen.« Er sprach mit den Lippen an ihrem Ohr. »Sondern wir.« Er sagte noch etwas anderes, aber so leise, dass ich es nicht verstand. Nur seine Lippen bewegten sich lautlos.
Wanda hörte es. Sie riss die Augen auf und fing an zu zittern. Ihr ganzer Körper wurde von einer Art Anfall gepackt. Tränen glänzten in ihren Augen und rollten in einem graziösen Bogen über ihre Wangen.
Himmel. »Bitte nicht. Er soll es nicht tun.« Ihre Stimme war gepresst und dünn vor Angst.
In diesem Moment hasste ich Jean-Claude. Und mich selbst. Ich gehörte zu den Guten. Das Letzte, was mir an Illusion geblieben war. Ich war nicht bereit, sie aufzugeben, nicht einmal, wenn Jean-Claude damit Erfolg hätte. Wanda würde reden oder eben nicht. Folter, nein. »Zurück, Jean-Claude«, sagte ich.
Er sah mich starr an. »Ich schmecke ihre Furcht, sie ist wie ein kräftiger Wein.« Seine Augen waren ein festes, tiefes Blau, sein Blick leer, das Gesicht blieb sogar hübsch, als er den Mund aufriss und die Reißzähne glänzten.
Wanda hörte nicht auf, mich weinend anzustarren. Wenn sie Jean-Claudes Gesicht hätte sehen können, sie hätte laut geschrien. »Ich dachte, Ihre Selbstbeherrschung sei besser, Jean-Claude.« »Sie ist ausgezeichnet, aber nicht grenzenlos.« Er entfernte sich ein Stück und begann, auf der anderen Seite des Zimmers auf und ab zu schreiten. Wie ein Leopard in seinem Käfig. Eingeschlossene Gewalt, die auf ihre Befreiung wartet. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen. War das Gruselstück nur für Wanda gedacht? Oder ernst gemeint?
Ich schüttelte den Kopf. Unmöglich, das in Wandas Beisein zu fragen. Vielleicht später. Vielleicht.
Ich kniete mich vor sie hin. Sie hielt die Coladose so fest in der Hand, dass sie sie verbeulte. Ich vermied eine Berührung und kniete mich nur dicht vor sie. »Ich werde nicht zulassen, dass er Ihnen etwas tut. Ehrlich. Harold Gaynor bedroht mich. Darum brauche ich Informationen.«
Wanda sah mich an, aber ihre Aufmerksamkeit galt dem Vampir in ihrem Rücken. Ihre Schultern waren wachsam gespannt. Sie würde sich nie
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