Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Titel: Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
Breite.
     
    Ich spürte eine Berührung an der Schulter und fuhr erschrocken herum. Stephen stand lächelnd hinter mir.
     
    Ich schluckte das Pochen in der Kehle hinunter und sah ihn böse an. Da mache ich einen Wirbel, um ihn nicht im Rücken zu haben, und dann lasse ich ihn von hinten heranschleichen. Wirklich geschickt, Anita, wirklich. Weil er mich erschreckt hatte, war ich nun wütend auf ihn. Unlogisch, aber es war besser, wütend zu sein als ängstlich.
     
    »Jean-Claude ist da drinnen«, sagte er freundlich, aber ihm blitzte ein sehr menschlicher Schalk aus den blauen Augen.
     
    Ich wusste, dass es kindisch war, ihn so böse anzustarren, und unvorsichtig. »Nach Ihnen, Pelzgesicht.« Das Lächeln verschwand. Er sah mich sehr ernst an. »Woher wissen Sie das?« Er klang unsicher, verletzlich. Viele Lykanthropen bilden sich ein, sie könnten für Menschen gehalten werden.
     
    »Das war leicht«, antwortete ich. Was nicht so ganz stimmte, aber ich wollte ihm wehtun. Kindisch, unsympathisch, ehrlich.
     
    Plötzlich sah er sehr jung aus. Seine Augen füllten sich mit Verlegenheit und Schmerz. Scheiße.
     
    »Sehen Sie, ich bin viel mit Gestaltwandlern zusammen. Ich weiß einfach, worauf ich zu achten habe, in Ordnung?« Warum wollte ich ihn jetzt wieder beruhigen? Weil ich wusste, was es hieß, ein Außenseiter zu sein. Dass ich Tote aufwecke, bringt viele Leute dazu, mich zu den Monstern zu zählen. Es gibt sogar Tage, wo ich ihnen Recht gebe.
     
    Er blickte mich unverwandt an, mit dieser ganzen Verletztheit, als wär's eine offene Wunde. Wenn er anfing zu weinen, würde ich gehen.
     
    Ich drehte mich wortlos um und ging hinein. Einen Augenblick lang starrte ich auf die Tür. Man hörte Zuschauer staunen und schreien. Ich wandte den Kopf und sah sie. Eine Schlange, aber nicht einfach die größte Schlange der Welt, sondern die allerfetteste, die ich mir überhaupt vorstellen konnte. Ihr Körper war in mattem Schwarz und mattem Weiß gemustert. Die Schuppen glänzten im Scheinwerferlicht. Der Kopf war einen halben Meter breit. Keine Schlange war dermaßen groß. Sie sträubte ihre Haube, die den Durchmesser einer Satellitenschüssel bekam. Die Schlange zischte und ließ ihre Zunge wie eine schwarze Peitsche heraus schnellen.
     
    Auf dem College hatte ich ein Semester Herpetologie belegt. Wäre das Tier etwa sieben Meter lang gewesen, ich hätte sie als Gestreifte ägyptische Kobra bezeichnet. An den wissenschaftlichen Namen konnte ich mich beim besten Willen nicht erinnern.
     
    Die Frau fiel vor der Schlange auf die Knie und berührte mit der Stirn den Boden. Ein Zeichen des Gehorsams vor ihrem Gott. Gütiger Himmel.
     
    Die Frau stand auf und begann zu tanzen, während die Schlange sie beobachtete. Sie wurde zu einer lebendigen Flöte, der das kurzsichtige Biest folgte. Ich wollte nicht sehen, was geschah, wenn sie es vermasselte. Das Gift hätte gar keine Zeit zu wirken. Die Zähne waren so verflucht groß, dass die Frau erdolcht würde. Sie würde längst am Blutverlust und am Schock gestorben sein, ehe das Gift zum Zuge kam.
     
    In der Manegenmitte wuchs etwas heran. Magie kroch mir die Wirbelsäule entlang. War es Magie, was die Schlange im Zaum hielt oder was sie beschwor, oder kam es aus der Schlange selbst? Besaß sie selbst diese Kräfte? Ich wusste nicht einmal, wie ich es nennen sollte. Das Wesen sah aus wie eine Kobra, vielleicht wie die größte der Welt, doch was es wirklich war, dafür hatte ich keinen Namen. Gott mit unbestimmtem Artikel wäre vielleicht angemessen, aber ungenau.
     
    Ich wandte mich kopfschüttelnd ab. Diese Show wollte ich nicht sehen. Ich wollte nicht dastehen, während mir der Zauber kalt und glatt über den Rücken strich. Wenn die Schlange nicht gezähmt wäre, hätte Jean-Claude sie in einen Käfig sperren lassen, richtig? Richtig.
     
    Ich ließ die Schlangenbeschwörerin und der Welt größte Kobra hinter mir. Ich wollte mit Jean-Claude sprechen und dann nichts wie weg hier. Hinter der offenen Tür herrschte Dunkelheit. Vampire brauchen keine Lampen. Und Lykanthropen? Ich wusste es nicht. Mensch, es gab noch so viel zu lernen. Der Reißverschluss meiner Jacke war bereits offen. War praktischer, wenn man schnell ziehen musste. Aber ehrlich, wenn das heute Abend nötig wurde, steckte ich ziemlich in der Klemme.
     
    Ich atmete tief ein und aus. Hatte keinen Zweck, es aufzuschieben. Ich trat in die wartende Finsternis, ohne einen Blick zurück. Ich wollte nicht

Weitere Kostenlose Bücher