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Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Titel: Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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und jetzt drohte er mir. Ich zeigte meinen Arger. Da brauchte ich nicht zu schauspielern.
     
    »Du bist zäh, Anita, aber nicht so zäh.« Seine Augen waren neutral, aber unstet, wie bei dem Wolf, dem ich mal in Kalifornien begegnet war. Ich ging um einen Baum herum, und da stand er. Ich erstarrte. Bis dahin hatte ich nie begriffen, was neutral wirklich heißt. Den Wolf kümmerte es einen Dreck, ob er mich zurichten würde oder nicht. Es war meine Entscheidung. Eine Drohgebärde, und es ginge zur Sache. Gäbe ich ihm die Möglichkeit zur Flucht, würde er fliehen. Aber dem Wolf war es egal; er war auf beides vorbereitet. Ich war es, der das Herz bis zum Hals schlug, die vor Angst aufgehört hatte zu atmen. Ich hielt die Luft an und fragte mich, wie der Wolf sich entscheiden würde. Am Ende lief er zwischen den Bäumen davon. Ich fing wieder an zu atmen und ging zum Campingplatz zurück. Ich hatte Angst gehabt, aber ich konnte die Augen schließen und die hellgrauen Augen des Wolfs deutlich sehen. Das Wunder, ein großes Raubtier anzustarren, ohne Gitterstangen dazwischen. Es war wundervoll gewesen.
     
    So starrte ich jetzt Edward an und fand, dass auch das auf seine Weise wundervoll war. Ob ich die Information besaß oder nicht, ich würde sie ihm nicht geben. Niemand schüchterte mich ein. Niemand. Das war eine meiner Regeln.
     
    »Ich will dich nicht töten müssen, Edward.« Er lächelte darüber. »Du mich töten?« Er lachte mich aus. »Wetten?«
     
    Das Lachen verschwand aus seinen Augen, von den Lippen, aus seinem Gesicht, bis er mich nur noch mit neutralen Raubtieraugen fixierte. Ich schluckte und ermahnte mich, langsam und gleichmäßig zu atmen. Er würde mich töten. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
     
    »Ist der Meister es wert, dass einer von uns beiden stirbt?«, fragte ich. »Es geht ums Prinzip«, stellte er klar. Ich nickte. »Für mich auch.« »Dann wissen wir, wo wir stehen«, sagte er. »Ja.«
     
    Er ging zur Tür. Ich folgte ihm und schloss für ihn auf. Er blieb noch einmal stehen. »Du hast Zeit bis zur Dunkelheit.« »Die Antwort bleibt dieselbe.«
     
    »Ich weiß«, sagte er. Er ging, ohne sich noch einmal umzusehen. Ich sah ihm nach, bis er an der Treppe verschwunden war. Dann schloss ich die Tür und verriegelte sie. Ich stand mit dem Rücken an die Tür gelehnt und versuchte, einen Ausweg zu finden.
     
    Wenn ich es Jean-Claude erzählte, würde er Edward wohl umbringen können, aber ich liefere niemanden an die Monster aus. Aus keinerlei Gründen. Ich könnte Jean-Claude an Edward verraten. Er würde es vielleicht sogar schaffen, den Meister zu töten. Ich könnte ihm sogar helfen.
     
    Ich versuchte, mir Jean-Claudes perfekten Körper vorzustellen, wie er von Kugeln durchsiebt, von Blut überströmt war. Sein Gesicht weggepustet von einer Schrotflinte. Ich schüttelte den Kopf. Ich konnte es nicht tun. Ich wusste eigentlich nicht, warum, aber ich konnte jean-Claude nicht an Edward ausliefern.
     
    Ich wollte keinen von beiden verraten. Womit ich bis zum Hals in Alligatoren steckte. Was gab es sonst Neues?
     
    11
     
    Ich stand am Ufer unter dem schwarzen Rand der Bäume. Der schwarze See plätscherte und strömte fort ins Dunkle. Am Himmel hing der Mond riesig und silbern. Sein Licht malte flimmernde Muster auf das Wasser. Jean-Claude stieg aus dem See. Wasser troff in silbernen Fäden aus Hemd und Haaren. Sein schwarzes Haar lag gekräuselt am Kopf an. Das weiße Hemd klebte ihm am Körper, machte die harten Brustwarzen sichtbar. Er streckte mir die Hand entgegen.
     
    Ich trug ein langes, dunkles Kleid. Es war schwer und hing wie ein Gewicht an mir. Etwas in dem Rock machte, dass es nach allen Seiten abstand wie ein verbogener Hula-Hoop-Reifen. Ein schwerer Umhang war mir um die Schultern gelegt. Es war Herbst und Vollmond.
     
    Jean-Claude sagte: »Komm zu mir.«
     
    Ich verließ das Ufer und sank ins Wasser. Der Rock saugte sich voll, dann der Umhang, das Wasser zog ihn herab, und er versank, bis er nicht mehr zu sehen war. Das Wasser war warm wie Badewasser, warm wie Blut. Ich hob die Hand in den Mondschein, und was daran herabfloss, war dick und dunkel und keinesfalls Wasser.
     
    Ich stand da in einem Kleid, wie es mir noch nie in den Sinn gekommen war, an einem Ufer, das ich nicht kannte, und blickte auf das schöne Monster, wie es auf mich zukam, elegant und blutüberströmt.
     
    Japsend wachte ich auf, klammerte mich an die Decken wie an eine Rettungsleine. »Du

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