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Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Titel: Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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ihn schon einmal irgendwo gesehen. Doch ich wusste, dass mir noch niemand begegnet war, der so ausgesehen hatte. Das war ein sehr außergewöhnliches Gesicht.
     
    Ich starrte ihn an. Ich war peinlich berührt, und das störte mich. Mein Blick begegnete dem seinen. Seine Augen waren dunkelbraun und lächelten. Seine dunklen Haare waren eins nach dem anderen geschnitten und für viel Geld trocken geföhnt worden. Er saß in seinem Sessel hinter dem sauber polierten Schreibtisch und lächelte mich an.
     
    »Mr Oliver, das ist Anita Blake«, sagte Inger, der noch immer steif neben der Tür stand. Oliver stand auf und kam um den Schreibtisch herum, um mir die kleine, wohl geformte Hand zu geben. Er war einszwanzig groß, keinen Zentimeter mehr. Sein Händedruck war fest und viel kräftiger, als er aussah. Ein kurzes Drücken, und ich spürte die Kraft in seiner kleinen Gestalt.
     
    Er hatte keine überentwickelte Muskulatur, aber diese mühelose Kraft war vorhanden, in seinem Gesicht, in den Händen, in der Haltung.
     
    Er hielt seine geringe Größe nicht für ein Gebrechen. Das gefiel mir. Ich empfand genauso.
     
    Er schenkte mir ein schmallippiges Lächeln und setzt, sich wieder in seinen Sessel. Inger brachte einen Stuhl aus einer Ecke und stellte ihn vor den Schreibtisch. Ich setzte mich. Inger blieb an der nunmehr geschlossenen Tür stehen. Er stand trotzig stramm. Er achtete den Mann in dein Sessel. Ich war bereit, ihn zu mögen. Das war neu für mich. Ich neige mehr dazu, jemandem sofort zu misstrauen, als sofort Sympathie zu fassen.
     
    Ich merkte, dass ich lächelte. Mir war in seiner Gegenwart warm und behaglich zumute, als wäre er mein Lieblingsonkel. Ich runzelte die Stirn. Was zum Teufel passierte mit mir?
     
    »Was geschieht hier?«, fragte ich. Er lächelte, strahlte mich herzlich an. »Was können Sie nur meinen, Ms Blake?«
     
    Seine Stimme war weich, leise, klangvoll wie Aufzugmusik. Ein warmer Trost in den Ohren. Ich kannte sonst nur eine Stimme, die Ähnliches vollbringen konnte.
     
    Ich blickte auf den dünnen Streifen Sonnenlicht neben seinem Arm. Es war helles Tageslicht. Das konnte nicht sein. Oder doch?
     
    Ich starrte in sein höchst lebendiges Gesicht. Da war keine Spur von der Andersartigkeit der Vampire. Und doch, diese Stimme, dieses behagliche Gefühl, nichts davon war natürlich. Ich hatte noch nie jemanden sofort gemocht oder ihm vertraut. Damit wollte ich jetzt nicht anfangen.
     
    »Sie sind gut«, sagte ich, »sehr gut.« »Was meinen Sie, Ms Blake?« Man hätte sich in diese warme, kuschelige Stimme einhüllen mögen wie in eine Schmusedecke. »Lassen Sie das.«
     
    Er sah mich seltsam an, als wäre er verwirrt. Das Schauspiel war perfekt, und ich begriff, warum. Es war keins. Ich hatte schon mit sehr alten Vampiren zu tun gehabt, aber noch keinen gesehen, der als Mensch durchgehen konnte, nicht so. Man hätte ihn überallhin mitnehmen können, und niemand hätte es gemerkt. Nun, fast niemand.
     
    »Glauben Sie mir, Ms Blake, ich tue gar nichts.«
     
    Ich schluckte mühsam. War das wahr? War er so verflucht mächtig, dass die Sinnestäuschungen und diese Stimme automatisch kamen? Nein. Wenn Jean-Claude sich kontrollieren konnte, dann dieser auch.
     
    »Unterlassen Sie die Sinnestäuschungen und zügeln Sie Ihre Stimme, in Ordnung? Wenn Sie mit mir etwas besprechen wollen, reden Sie, aber lassen Sie die Spielchen.«
     
    Sein Lächeln wurde breiter, aber noch nicht breit genug, um die Reißzähne zu zeigen. Im Laufe der Jahrhunderte lernte man wirklich fantastisch, so zu lächeln.
     
    Jetzt lachte er. Es klang wundervoll, wie warmes Wasser, das aus großer Höhe herabstürzt. Man hätte hineinspringen und darin baden mögen und hätte sich prächtig gefühlt.
     
    »Hören Sie auf damit, hören Sie auf!«
     
    Die Reißzähne blitzten auf, als er endlich mit Lachen fertig war. »Es sind nicht die Zeichen des Dieners, die Ihnen gestatten, die Spielchen, wie Sie sich ausdrücken, zu durchschauen. Es ist Ihr natürliches Talent, nicht wahr?«
     
    Ich nickte. »Die meisten Animatoren haben es.« »Aber nicht in dem Grade wie Sie, Ms Blake. Sie haben selbst Macht. Sie kriecht mir über die Haut. Sie sind eine Totenbeschwörerin.«
     
    Ich wollte anfangen, es abzustreiten, unterließ es dann aber. So jemanden anzulügen war zwecklos. Er war älter, als ich mir vorstellen konnte, schlimmer als jeder Albtraum, den ich gehabt hatte. Aber er brachte meine Knochen nicht zum

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