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Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Titel: Anita Blake 04 - Giergige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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näherte.
    Irgendwo auf halber Strecke merkte ich, dass die Kopfverletzung nicht das einzige Problem war. Sicher konnte ich dieses Gewicht tragen, sogar damit gehen, aber nicht ewig. Mir zitterten die Knie. Jeder Schritt kam langsamer und kostete mehr Anstrengung. Wenn ich wieder hinfiel, würde ich Louie nicht mehr hochheben können. Ich war nicht einmal sicher, ob ich selbst wieder aufstehen könnte.
    Einen Fuß vor den andern, nur einen Fuß vor den andern. Ich konzentrierte mich auf meine Füße, bis die Räder des Jeeps vor mir auftauchten. Na also, war doch nicht so schlimm.
    Die Wagenschlüssel waren natürlich in der Manteltasche. Ich drückte den Knopf, der die Türen entriegelt. Das hohe Piepen, das den Erfolg anzeigte, war laut genug, um Tote zu wecken. Ich öffnete die hintere Tür, während ich Louie mit einer Hand festhielt. Ich ließ ihn auf den Rücksitz fallen. Der Mantel schlug zurück, entblößte ein Stück nackten Körper. Es musste mir besser gehen, als ich dachte, denn ich nahm mir die Zeit, um den Mantel wieder über seine Leistengegend zu legen. Ein Arm hing heraus, schlaff und verletzlich, aber das war in Ordnung. Mein Schamgefühl kam mit einem nackten Arm gut zurecht.
    Ich schloss die Tür und erblickte mich kurz im Seitenspiegel. Eine Gesichtshälfte war eine blutige Maske, die sauberen Partien hatten rote Kratzer. Ich schlüpfte in den Jeep und nahm die Schachtel mit den feuchten Babytüchern von der Ablage. Ich hatte mir angewöhnt, sie mitzunehmen, um mir nach der Arbeit das Hühnerblut abwischen zu können. Sie funktionierten besser als Wasser und einfache Seife, die ich vorher benutzt hatte. Ich wischte mich gerade so sauber, dass ich nicht vom ersten vorbeifahrenden Streifenwagen angehalten würde, dann rutschte ich hinters Lenkrad.
    Ich warf einen Blick in den Rückspiegel. Der Streifenwagen stand noch allein da, wie ein Hund, der auf seinen Herrn wartet. Der Motor sprang an. Ich legte den Gang ein und trat aufs Gas. Der Jeep pendelte auf die Laterne zu, als wäre sie ein Magnet. Ich stieg auf die Bremse und war froh, dass ich mich angeschnallt hatte.
    Schön, ich war also ein bisschen desorientiert. Ich schaltete das Licht auf der Sonnenblende an, das dazu da ist, dass man sein Make-up überprüfen kann, und prüfte stattdessen meine Augen. Die Pupillen waren gleich groß. Wäre eine größer gewesen, hätte das eine innere Blutung im Kopf bedeutet. Die Leute starben daran. Ich hätte uns beide der Polizei übergeben und eine Fahrt ins Krankenhaus gekriegt. Aber so schlimm war es nicht. Hoffte ich.
    Ich knipste das Licht aus und steuerte den Jeep langsam vorwärts. Wenn ich sehr langsam fuhr, würde der Wagen die Straßenlampe nicht küssen wollen. Prima. Ich schob mich zentimeterweise vom Parkplatz, in der ständigen Erwartung, hinter mir Schreie zu hören. Nichts. Die Straße war dunkel und an beiden Seiten zugeparkt. Ich kroch mit etwa zehn Meilen pro Stunde, schneller traute ich mich nicht zu fahren. Ich hatte den Eindruck, auf einer Seite durch die geparkten Wagen zu fahren. Einbildung, aber höllisch nervend.
    Die erste breitere Straße, und die Scheinwerfer stachen mir in die Augen. Ich hielt schützend die Hand hoch und fuhr beinahe in ein parkendes Auto. Scheiße. Ich musste an den Rand fahren, ehe ich noch etwas anfuhr. Vier Blocks weiter fand ich eine Tankstelle mit Münztelefonen davor. Ich war mir nicht sicher, wie mitgenommen ich aussah. Ich wollte nicht, dass ein übereifriger Verkäufer die Polizei anrief, nachdem ich das alles auf mich genommen hatte, um unentdeckt davonzukommen.
    Ich fuhr vorsichtig auf den Parkplatz. Wenn ich den Wagen zu weit rüberzog und die Zapfsäulen abknickte, riefen sie auf jeden Fall die Polizei. Ich lenkte den Jeep vor die Telefone. Ich stellte ihn auf Parken und war sehr erleichtert, still stehen zu können.
    Ich fummelte einen Vierteldollar aus dem Aschenbecher. Er hatte noch nie etwas anderes als Wechselgeld enthalten. Jetzt, wo ich zum ersten Mal ausstieg, wurde mir bewusst, wie kalt es ohne Mantel eigentlich war. Am Rücken, wo mein Pullover zerrissen war, spürte ich einen kalten Streifen. Ohne weiter nachzudenken, wählte ich Richards Nummer. Wen konnte ich sonst anrufen?
    Der Anrufbeantworter sprang an. »Verdammt, sei zu Hause, Richard, sei zu Hause.«
    Der Pfeifton kam. »Richard, hier ist Anita. Louie ist verletzt. Heb ab, wenn du da bist. Richard, Richard, verdammt, Richard, nimm ab.« Ich drückte die Stirn gegen das kalte

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