Anita Blake 05 - Bleich Stille
Jason. Ich ging einen Schritt weiter. »Bleiben Sie nicht stehen, und ignorieren Sie sie.«
Es war nicht meine Absicht, aber mein Schritttempo brachte mich vor Jean-Claude. Der nächste Geist streifte mich im Gesicht. Es gab einen Moment des Erstickens, aber ich lief weiter, und der Moment ging vorüber.
Jean-Claude fasste mich am Arm. Ich blickte ihn an und war nicht sicher, was ich da sah. Er wollte mir eindeutig etwas mitteilen. Er überholte mich und sah mir dabei in die Augen.
Ich nickte und überließ ihm die Führung. Das kostete mich nichts. »Das gefällt mir nicht«, sagte Larry mit schwankender Stimme. »Mir auch nicht«, meinte Jason. Er schlug nach einem kleinen weißen Wirbel, der wie ein harmloser Nebel aussah. Je mehr er schlug, desto dichter wurde der Nebel. Ein Gesicht bildete sich heraus.
Ich ging zurück zu Jason und packte seinen Arm. »Nicht beachten.«
Der kleine Geist hockte sich auf seine Schulter. Er hatte eine große Knollennase und zwei halb sichtbare Augen. Jason spannte unter meiner Berührung die Muskeln an. »je mehr man sie beachtet, desto mehr verleiht man ihnen die Kraft, sich Gestalt zu geben«, sagte ich. Ein Geist hieb mir in den Rücken, drang durch meinen Körper Wi, ein Klumpen Eis. Vorne kam er wieder zum Vorschein, als würde er wie ein Seil herausgezogen. Das Gefühl war höllisch unangenehm, aber nicht von Dauer. Es tat nicht einmal richtig weh.
Der Geist fuhr Jason in die Brust. Der schrie auf, und ich konnte ihn gerade noch davon abhalten, nach dem Wesen zu schlagen. An Jason zuckte jeder Muskel, wie bei einem Pferd, das die Bremsen auffressen. Als der Geist ihn verlassen hatte, verließ ihn die Kraft, und er sah mich mit entsetzten Augen an. Schön zu wissen, dass ihn etwas erschrecken konnte. Es schien, als hätten ihm die Vampire mit ihren verfaulenden Armen den Mumm genommen. Konnte es ihm nicht übel nehmen. Ich hätte auch Kreischanfälle bekommen.
Ein Geist huschte durch Larry, und Larry fuhr zusammen, aber das war alles. Seine Augen waren ein bisschen größer als sonst, aber er wusste, wo die Gefahr zu suchen war. Nicht bei den Geistern.
Jean-Claude trat neben uns. »Was hast du, mein Wolf'« Da schwang ein warnender Unterton mit, ein leiser Zorn. Sein zahmes Tier wurde seinem Ruf nicht gerecht.
»Wir kommen zurecht«, sagte ich. Ich drückte Jasons Hand. Seine Augen waren noch schreckgeweitet, aber er nickte. »Alles in Ordnung.«
Jean-Claude ging weiter auf die ferne weiße Gestalt zu, würdevoll und ohne Hast, als hätte er nicht genauso viel Angst wie wir. Ich zog Jason mit mir. Larry war hinter ml'. Wir drei gingen wie gewöhnliche Menschen hinter Jean-Claude her. Wir sahen aus wie brave kleine Soldaten, bis auf die Tatsache, dass ich dem Werwolf die Hand hielt. Sie war schweißnass. Einen hysterischen Werwolf konnte ich mir nicht leisten. Die rechte Hand hatte ich noch frei, um nach der Pistole oder nach dem Messer zu greifen. Wir hat schon einen von ihnen verwundet. Wenn sie sich nicht benehmen wollten, würden wir den Rest auch erledigen.
Oder es versuchen bis zum Letzten.
Jean-Claude führte uns unter den kahlen Bäumen entlang, wo die Geister wie Phantomschlangen über die Zweige krochen. Ein paar Schritte vor dem Vampir blieb er stehen. Fast rechnete ich mit einer Verbeugung, aber die blieb aus. » Ich grüße dich, Serephina.«
»Ich grüße dich, Jean-Claude.« Sie trug ein schlichtes weißes Kleid, das in glänzenden Falten bis über die Füße fiel. Die Arme verschwanden fast ganz in langen weißen Handschuhen. Ihre Haare waren grau mit einigen weißen Strähnen dazwischen und unfrisiert, von einem Stirnband aus Silber und Perlen abgesehen. Ein Stirnband war es eigentlich nicht, wahrscheinlich nennt man so etwas Diadem oder so ähnlich. Ihr Gesicht war alt und faltig. Sie hatte ein dezentes Make-up aufgetragen, das nicht genügte, um die Tatsache des Alters zu verbergen. Vampire alterten nicht. Das war schließlich der Zweck des Ganzen, oder nicht?
»Wollen wir hineingehen?«, fragte sie. »Wenn du möchtest«, antwortete er. Sie bedachte ihn mit einem leisen Lächeln. »Du darfst mich hinein geleiten, wie du es ehedem tatest.«
»Die alten Zeiten sind vorüber, Serephina. Wir sind nun beide Meister.« »Ich habe viele Meister, die mir dienen, Jean-Claude.« »Ich diene nur mir selbst«, erwiderte er.
Ein paar Herzschläge lang sah sie ihn an, dann nickte
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