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Anita Blake 05 - Bleich Stille

Anita Blake 05 - Bleich Stille

Titel: Anita Blake 05 - Bleich Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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konnte die Schrotflinte nicht benutzen. Sie waren zu nah aneinander. Auf die Entfernung würde ich sie beide umbringen.
     
    Ich warf die Flinte dem verblüfften Larry in den Schoß. Er lag noch auf dem Boden und machte große Augen. Ich zog die Browning und feuerte Grangers Vampir in die breite Brust. Sie zuckte zusammen, ließ aber nicht von ihm ab. Sie blickte zu mir, hielt den Mann an sich gedrückt. Sie fauchte mich an. Ich schoss ihr in den aufgerissenen Rachen. Das pustete ihr den Hinterkopf weg.
     
    Die Vampirfrau erzitterte. Ich feuerte ein zweites Mal auf ihren Kopf. Sie ließ Granger los und fiel zuckend ins Laub. Granger lag nur da. Ich konnte weder sein Gesicht noch seinen Hals erkennen. Ob er tot war oder lebendig, ich hatte getan, was ich konnte.
     
    Larry stand, die Schrotflinte ungeschickt in den Händen.
     
    Es gab einen Schrei, einen tiefen Schmerzensschrei. Wallace lag am Boden mit einem zierlichen Vampir auf sich. Die Reißzähne versanken in seinem Arm. Der Knochen brach mit lautem Knacken. Er schrie auf.
     
    Aus den Augenwinkeln sah ich Coltrain erstarrt dastehen. Hinter ihm bewegte sich etwas. Ich starrte dorthin, wartete, dass der Vampir aus dem Dunkeln heraus Gestalt annahm, stattdessen leuchtete da etwas. Eine matt silberne Klinge schien auf. Ich blickte unentwegt hin, doch dann fehlte mir eine Sekunde. Als Nächstes sah ich die Klingenspitze aus Coltrains Hals hervorstoßen. Wieder fehlte mir eine Sekunde, während ich ungläubig ins Dunkle starrte, und der Vampir zog die Klinge aus Coltrains Hals und war verschwunden. Er sauste mit unmenschlicher Geschwindigkeit durch die Bäume, so unglaublich schnell wie ein Spuk, den man aus den Augenwinkeln sieht.
     
    Larry hob die Flinte an die Schulter, zielte in Wallace' Richtung. Ich riss sie ihm aus den Händen, da sprang mich jemand von hinten an und warf mich ins Laub. Eine Hand drückte mein Gesicht in die trocknen, knisternden Blätter. Die andere Hand riss so fest an meinem Overallkragen, dass ich mir die Schulter verrenkte. Direkt hinter meinem Kopf gab es eine Explosion, und der Vampir verschwand. Ich rollte mich mit klingenden Ohren herum.
     
    Larry stand mit ausgestreckten Armen über mir, in den Händen eine Pistole. Worauf er geschossen hatte, war in der Dunkelheit verschwunden.
     
    Meine linke Schulter war verletzt, aber nicht so schlimm, wie es sein könnte, wenn ich liegen blieb. Ich rappelte mich auf. Die Vampire waren weg.
     
    Wallace setzte sich auf, er hielt sich den Arm. Coltrain lag reglos am Boden. Hinter uns war ein Geräusch. Ich fuhr herum, die Browning schussbereit. Larry drehte sich ebenfalls um, aber zu langsam. Es war St. John, den ich anvisierte.
     
    »Nicht schießen. Ich bin's.« Larry hielt seine Waffe mit beiden Händen auf den Boden gerichtet. »Großer Gott«, sagte er. Amen. »Was ist mit Ihnen passiert?« »Der Sturz hat mir das Bewusstsein geraubt. Jetzt bin ich dem Knall der Schüsse gefolgt«, sagte St. John.
     
    Ein heftiger Wind traf uns. Er roch so stark nach Regen, dass ich meinte, schon die Tropfen auf der Haut zu spüren.
     
    »Prüfen Sie Grangers Puls, Larry«, sagte ich. »Was?« Larry sah niedergeschmettert aus.
     
    »Sehen Sie nach, ob er lebt.« Das war eine blutige Aufgabe, und ich hätte es selbst getan, aber ich traute eher mir als Larry zu, die Vampire fern zu halten. Er hatte mir eben erst das Leben gerettet, trotzdem traute ich mir selbst mehr.
     
    St. John ging an uns vorbei. Er fasste Wallace an der Schulter, der nickte. »Mein Arm ist gebrochen, aber ich werd's überleben.« St. John ging zu Coltrains regloser Gestalt.
     
    Larry kniete sich neben Granger. Er wechselte die Waffe in die linke Hand, was nicht unbedingt gut war, aber ich verstand ihn. Im Dunkeln an einem blutüberströmten Hals nach dem Puls zu suchen ist schwer. Da nimmt man besser die gewohnte Hand.
     
    »Ich habe den Puls.« Er sah auf, sein breites Lächeln war ein düsteres Weiß. »Coltrain ist tot«, sagte St John. »Gott steh mir bei, er ist tot.« An seiner Hand glänzte schwarz das Blut. »Er ist fast enthauptet. Wie ist das gekommen?«
     
    »Ein Schwert«, sagte ich. Ich hatte es gesehen. Gesehen, wie es passierte. Aber ich konnte mich nur an eine schwarze Gestalt erinnern, die größer war als ein Mensch. Oder größer als die meisten. Ein Schatten mit einem Schwert, mehr hatte ich nicht erkannt, und ich hatte genau hingesehen.
     
    Mir strömte etwas über die Haut, und es war nicht der Wind.

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