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Anita Blake 05 - Bleich Stille

Anita Blake 05 - Bleich Stille

Titel: Anita Blake 05 - Bleich Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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an.
     
    »Dieser Wind, der kalte Wind.« Er klang ein wenig erschrocken. Gut. Man sollte immer ein bisschen Angst haben, wenn man mit Magie umging. Wenn man anfing, sie für selbstverständlich zu nehmen, geriet man in Schwierigkeiten. »Kommen Sie näher, aber berühren Sie mich nicht.« Wegen des Letzten war ich unsicher, aber es klang wie ein guter Einfall. Lieber ein bisschen zu vorsichtig.
     
    Er kam langsam heran, eine Hand ausgestreckt, als wollte er den Wind auf der Haut spüren. »Jesus, Maria und Josef.
     
    Er kommt von Ihnen, Anita. Der Wind kommt von Ihnen.« »Ja«, sagte ich. Seine Augen waren aufgerissen. Er schaute so, wie er sich anhörte, ein wenig ängstlich. »Wenn ich jetzt neben Stirling stünde, würde er gar nichts spüren. Keiner von denen.«
     
    Larry schüttelte den Kopf. »Wie kann ihnen das entgehen?« Er kam mit seiner Hand ganz nah, berührte mich aber nicht. »Je näher ich Ihnen komme, desto kälter oder stärker oder dergleichen fühlt er sich an.« »Interessant«, sagte ich. »Was jetzt?«, fragte er.
     
    »Jetzt berühre ich die Toten.« Ich ließ locker, etwa wie man die Faust öffnet. Die Finger des »Windes« streckten sich nach unten aus. Wie fühlt es sich an, durch feste Erde zu greifen und die Toten zu berühren? Unmenschlich. Es war, als ob die unsichtbaren Finger auf der Suche nach den Toten durch die Erde strömten. Diesmal brauchten wir nicht weit zu tasten. Das Erdreich war aufgewühlt, und die Toten lagen weit oben.
     
    Bisher hatte ich das immer nur auf ganz ordentlichen Friedhöfen getan. Wo jedes Grab, jede Leiche für sich lag. Der Wind strömte um Larry herum wie ein Bach um einen Stein. Die Kraft staute sich kräuselnd. Er war lebendig, und das störte. Doch wir hatten Übung und würden um ihn herumarbeiten können.
     
    Ich stand auf Knochen. Unter der Erde, wo Blicke nicht hingelangen konnten. Ich wollte von ihnen heruntertreten und trat dafür auf andere. Das Erdreich steckte voller Leichen wie ein Pudding mit reichlich Rosinen, wo man nicht drumherum essen konnte.
     
    Ich stand auf einem Meer trockner, roter Erde mit einem Haufen Knochen drin. Überall, wo ich hinlangte, war ein Toter, war ein Stück Knochen. Es gab keine freie Stelle, keinen Platz zum Aufatmen. So stand ich da und versuchte zu sortieren, was ich spürte.
     
    Der Brustkorb gleich links gehörte zu dem Oberschenkelknochen ein paar Meter weiter. Der Wind strich aus und betastete ein Stück nach dem andern. Ich hätte das Skelett zusammensetzen können wie ein großes Puzzle. Und genau das würden meine Kräfte tun, wenn ich diesen Toten erweckte.
     
    Ich ging umher, trat auf die Toten und stückelte sie zusammen. Die Teile blieben separat, aber ich hatte sie im Kopf. Larry ging mit mir. Er bewegte sich überraschend leicht durch die Macht, wie ein Schwimmer, der die denkbar kleinsten Wellen macht.
     
    Ein Geist erwachte zum Leben wie eine blasse, tanzende Flamme. Ich ging auf ihn zu. Er richtete sich auf wie eine Schlange und beobachtete mich ohne Augen. Da war dieser Hauch Feindseligkeit, den manche Geister gegen die Lebenden zu empfinden scheinen. Eifersucht. Wenn ich seit ein paar hundert Jahren oder länger in ein verwunschenes Stück Erde verbannt gewesen wäre, wäre ich vielleicht auch feindselig.
     
    »Was ist das?«, flüsterte Larry. »Was sehen Sie?«, fragte ich. »Ich meine, es ist ein Geist. Ich habe nur noch nie erlebt, wie einer Gestalt angenommen hat.« Er streckte die Hand aus, als wollte er ihn anfassen.
     
    Ich packte sein Handgelenk und kam ihm zuvor. Ich fühlte, wie sich seine Kräfte in einem Windstoß erhoben, der mir die Haare hätte aus dem Gesicht wehen müssen.
     
    Der Kreis erweiterte sich wie eine Fotoblende. Unter unseren vereinten Kräften erwachten die Toten einer nach dem andern, wie Feuer auf Zweige überspringt. Unsere Macht breitete sich über sie aus, und sie gaben ihre Geheimnisse preis. Verdorrte Muskelreste an Knochen, klaffende Schädel, alle Teile waren da. Wir brauchten nichts weiter zu tun, als sie herauszurufen. Aus dem Boden stiegen zwei Geister auf wie Rauch. Für diesen kleinen, alten Friedhof waren das eine Menge aktiver Geister. Und sie waren alle ärgerlich über die Störung. Dieser Grad an Feindseligkeit war ungewöhnlich.
     
    Durch die Verbindung unserer Kräfte hatte sich der Kreis nicht bloß verdoppelt, er hatte sich vervierfacht.
     
    Der Geist, der uns am nächsten war, stand da wie eine weiße Flammensäule, stark und

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