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Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Titel: Anita Blake 06 - Tanz der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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ihn noch nie in Blau gesehen. Es ließ seine Augen noch dunkler wirken. Seine Jeans waren schwarz und hauteng, die kniehohen Stiefel hatten einen abstehenden Längssaum, der sich beim Gehen bewegte.
     
    Er kniete sich zu mir, fasste mich aber nicht an, fast als fürchtete er die Berührung. »Ma petite, dein Kreuz.«
     
    Ich sah es an. Es glühte nicht, noch nicht. Ich nahm es und zerriss die Kette. Ich warf es weg. Es flog gegen die Wand, ein silberner Schimmer im Halbdunkel. »Zufrieden?«
     
    Jean-Claude sah mich an. »Richard lebt. Marcus ist tot. Richtig?« Ich nickte.»Warum dann die Tränen, ma petite? Ich glaube nicht, dass ich dich je habe weinen sehen.« »Ich weine nicht.«
     
    Er berührte meine Wange mit der Fingerspitze, und es hing eine einzelne zitternde Träne daran. Er führte sie an seine Lippen, leckte sie mit der Zungenspitze ab. »Du schmeckst nach gebrochenem Herzen, ma petite.«
     
    Mein Hals schnürte sich zusammen. Ich konnte an dem Tränenkloß nicht vorbeiatmen. Je mehr ich versuchte, nicht zu weinen, desto schneller flossen die Tränen. Ich schlang die Arme um mich und spürte das klebrige Zeug an mir. Ich streckte die Hände vom Körper ab, als hätte ich in etwas Widerliches gefasst. In dieser Haltung starrte ich Jean-Claude an.
     
    »Mon Dieu, was ist passiert?« Er wollte mich in die Arme nehmen, aber ich drückte ihn weg.
     
    »Du machst dich nur schmutzig.«
     
    Er besah das farblose klebrige Zeug an seiner Hand. »Was hast du so dicht bei einem sich verwandelnden Werwolf gemacht?« Ein Gedanke flog über sein Gesicht. »Das ist von Richard. Du hast erlebt, wie er die Gestalt wechselt.«
     
    Ich nickte. »Er hat sich auf mir verwandelt. Es war ... Oh Gott, oh Gott, oh Gott.« Jean-Claude zog mich in seine Arme. Ich stemmte mich dagegen. »Du ruinierst deine Sachen.« »Ma petite, ma petite, das macht nichts. Das macht doch nichts.«
     
    »Doch.« Ich ließ mich gegen ihn sinken, ließ es geschehen, dass er die Arme um mich schlang. Ich klammerte mich an ihn, grub die Finger in den seidigen Hemdstoff. Ich barg das Gesicht an seiner Brust und flüsterte: »Er hat Marcus gefressen. Er hat ihn gefressen.«
     
    »Er ist ein Werwolf, ma petite. Die tun so etwas.«
     
    Das hörte sich so seltsam an und auch so schrecklich wahr, dass ich lachte - ganz unvermittelt und ein bisschen zornig. Das Lachen ging in Würgen über, das Würgen in Schluchzen.
     
    Ich hielt mich an Jean-Claude fest, als wäre er der letzte geistig Gesunde auf der Welt. Ich drückte mich an ihn und weinte. Es war, als wäre tief in mir etwas zerbrochen, und ich weinte mir die Scherben aus dem Leib.
     
    Seine Stimme kam so schwach, als spräche er schon seit geraumer Zeit und ich hätte es nicht gehört. Er sprach Französisch, flüsterte mir sanft ins Haar, streichelte mir über den Rücken und wiegte mich.
     
    Ich lag still in seinen Armen. Es waren keine Tränen mehr übrig. Ich fühlte mich leer und gefühllos.
     
    Jean-Claude strich mir die Haare aus der Stirn. Er streichelte mit den Lippen über meine Haut, wie Richard es am frühen Abend getan hatte. Selbst dieser Gedanke brachte mich nicht mehr zum Weinen. Dazu war es zu früh.
     
    »Kannst du aufstehen, ma petite?«
     
    »Ich glaube, ja.« Meine Stimme klang fern und fremd. Ich stand auf, immer noch im Schutz seiner Arme und an ihn gelehnt. Ich drückte mich vorsichtig von ihm weg. Ich stand von allein, ein bisschen wacklig, aber besser als gar nicht.
     
    Sein blaues Hemd war vollgeschmiert mit Werwolfschleim und Tränen. »Jetzt brauchen wir beide ein Bad«, sagte ich.
     
    »Das lässt sich arrangieren.« »Bitte, Jean-Claude, keine sexuellen Anspielungen, bis ich wieder sauber bin.« »Natürlich, ma petite. Das war grob von mir. Verzeih.«
     
    Ich starrte ihn an. Er war viel zu nett. Jean-Claude war eine ganze Menge, aber nett bestimmt nicht.
     
    »Wenn du irgendwas vorhast, will ich es gar nicht wis sen. Ich kann heute keine dunklen Machenschaften mehr vertragen, verstanden?«
     
    Er lächelte und machte eine schwungvolle Verbeugung, ohne mich aus den Augen zu lassen. Etwa wie man es auf der Judomatte macht, wenn man fürchtet, dass der Gegner einen umhaut, sobald man ihn aus den Augen lässt.
     
    Ich schüttelte den Kopf. Er hatte bestimmt etwas vor. Schön zu wissen, dass nicht jeder plötzlich ganz anders geworden war. Wenn ich mich auf einen verlassen konnte, dann auf Jean-Claude. Obwohl eine ständige Nervensäge, schien er immer

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