Anita Blake 06 - Tanz der Toten
Er ließ sich ein wenig tiefer ins Wasser, beugte sich über meine Brüste und gab ihnen einen zarten Kuss. Er leckte mir mit sanft arbeitender Zunge das Wasser von der Haut.
Ich schauderte und musste mich an seinen Schultern festhalten. Alles, was ich sehen konnte, war sein langes, dunkles Haar, mit dem er sich über mich beugte. Ich drehte den Kopf und entdeckte uns in den Spiegelkacheln. Ich sah zu, wie sich sein Mund über meiner Brust schloss, fühlte, wie er so viel wie möglich ansaugte. Die Reißzähne drückten sich in die Haut. Eine Sekunde lang glaubte ich, er werde sie hineinbohren, um den dünnen warmen Blutstrahl zu trinken, aber er zog sich zurück. Er ließ sich auf alle viere sinken, sodass ich größer war und von oben in sein Gesicht sehen konnte.
Da war keine Unsicherheit mehr. Seine Augen waren noch genauso schön, genauso menschlich, aber ich sah den wissenden Ausdruck, die wachsende Dunkelheit in ihnen: Sex, in Ermangelung eines besseren Wortes, denn dieser Blick in den Augen eines Mannes ist zu urtümlich für das heutige Vokabular. Es ist das Dunkle, dass wir alle in uns haben, das da hervorlugt. Der Teil von uns, den wir in Träumen gefangen halten und bei Tag verleugnen. Er hockte vor mir im Wasser mit diesem wilden Leuchten in den Augen, und ich ging zu ihm.
Ich küsste ihn, leicht, nur mit den Lippen. Ich huschte mit der Zungenspitze an seinen Lippen entlang, und er öffnete den Mund für mich. Ich nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn, schmeckte ihn, drang in seinen Mund ein.
Mit einem Laut, der halb Stöhnen, halb ein Schrei war,
kam er aus dem Wasser. Seine Arme umfingen mich, und
er rollte uns ins Wasser wie ein Hai. Keuchend kamen wir hoch. Er schob sich weg von mir und lehnte sich an das andere Wannenende. Mein Atem ging so heftig, dass ich zitterte. Mein Puls pochte hinten im Rachen. Ich konnte ihn auf der Zunge schmecken, ihn fast wie ein Bonbon im Mund herumschieben. Ich merkte, dass es nicht nur mein Herz war, das ich hörte, sondern auch Jean-Claudes.
Ich konnte den Puls an seinem Hals sehen wie ein lebendiges, eigenständiges Etwas, aber ich sah ihn nicht nur, ich konnte ihn spüren wie meinen eigenen. Noch nie war mir das zirkulierende Blut meines Körpers so bewusst gewesen, die pulsierende Wärme meiner Haut, der dumpfe Schlag meines Herzens. Mein Leben donnerte in mir. Jean-Claudes Körper pulsierte mit mir im Takt. Es war, als ob er meinen Herzschlag, mein Blut lenkte. Ich spürte sein Verlangen, und das war nicht nur sexuell, und zum ersten Mal verstand ich, dass es auch nicht nur das Blut war, sondern ich im Ganzen. Er wollte sich in mir wärmen, wie man die Hände ans Feuer hält, wollte meine Wärme, mein Leben an sich ziehen. Ich spürte seine Reglosigkeit, die tiefe Stille, die kein Lebender berühren kann, wie einen stillen Teich, der im Dunkeln verborgen liegt. In einem klaren Moment begriff ich, dass das für mich ein Teil seiner Anziehung war: Ich wollte die Hände in diese Reglosigkeit tauchen, in diesen stillen Ort des Todes. Ich wollte sie in die Arme schließen, ihr gegenübertreten und sie besiegen.
Ich wollte ihn mit einem brennenden Schwall Leben erfüllen, und ich wusste in diesem Moment, dass ich das tun konnte, aber nur um den Preis, etwas von diesem stillen, dunklen Wasser zu trinken.
»Ich bitte vielmals um Vergebung, ma petite, du hast mich beinahe entfesselt.« Er rutschte tiefer ins Wasser, lag nur mit dem Kopf auf dem Wannenrand. »Ich bin nicht zu dir gekommen, um meine Blutlust zu befriedigen. Es tut mir leid, ma petite.«
Sein Herzschlag löste sich von mir, entfernte sich, mein Puls wurde langsamer. Was ich in meinen Ohren pochen hörte, war nur noch mein eigenes Herz.
Er erhob sich triefend aus dem Wasser. »Ich werde gehen, ma petite.« Er seufzte. »Du raubst mir meine schwer erkämpfte Selbstbeherrschung. Nur du schaffst das bei mir, nur du.«
Ich kroch durchs Wasser zu ihm und ließ die Dunkelheit in meine Augen kommen. »Geh nicht«, bat ich.
Er betrachtete mich teils verwundert, teils erfreut, teils mit Angst, als ob er mir nicht traute - oder vielleicht sich selbst nicht.
Ich kniete vor ihm, schob die Hände an seinen nassen Jeans hinauf, grub leicht die Fingernägel in seine Oberschenkel und blickte ihn an. Ich war mit dem Gesicht gefährlich nah an Stellen, die ich noch nie berührt hatte, auch nicht mit den Händen. Aus dieser Nähe war nicht zu
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