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Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Titel: Anita Blake 06 - Tanz der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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war beeindruckend. Andererseits standen da zwanzig Lykanthropen vor uns, und so beeindruckend war es dann auch wieder nicht.
     
    Ein Schrei zerriss das Schweigen, und ich fuhr zusammen. »Anita«, sagte Richard. «Ja?« »Geh Stephen holen.« »Hat er geschrien?« »Geh ihn holen.«
     
    Ich sah mir die Schar der Gestaltwandler an und fragte: »Kommst du zurecht?« »Ich kann sie zurückhalten.« »Aber nicht alle«, meinte Jamil. »Doch«, widersprach Richard, »das kann ich.«
     
    Der Schrei wiederholte sich, aber greller, dringlicher. Er kam aus dem Innern der Scheune, wo ein paar Räume abgeteilt waren. Dazwischen gab es einen Gang. Ich setzte mich in Bewegung und blieb noch einmal stehen. »Wirst du sauer sein, wenn ich jemanden umlege?«
     
    »Tu, was nötig ist«, sagte er. Seine Stimme klang tief, fast wie ein Knurren. »Wenn sie Raina erschießt, wird sie trotzdem nicht deine Lupa sein«, sagte Jamil.
     
    Ich sah zu Richard zurück. Ich hatte nicht gewusst, dass ich für den Posten in der näheren Auswahl stand.
     
    »Geh, Anita, sofort.« Die Worte gingen in Knurren über. »Beeil dich«, brauchte er nicht hinzuzufügen. Er würde sie hinhalten können, aber nicht gegen alle kämpfen.
     
    Heidi näherte sich mir hinter Richards Rücken. Er beachtete sie nicht, so als hielte er sie für ungefährlich. Sie war nicht machtvoll, aber das brauchte man nicht zu sein, um jemandem in den Rücken zu fallen, ob mit einem Messer oder mit Krallen. Ich richtete die Mündung auf sie. Sie strich knapp an Richard vorbei, und er tat nichts. Meine Pistole war alles, was seinen Rücken schützte. Selbst jetzt noch traute er ihr. In diesem Moment hätte er allein mir trauen dürfen. »Gabriel ist bei Raina«, sagte sie, und es klang, als hätte sie Angst vor ihm.
     
    Gabriel war nicht einmal Mitglied des Rudels. Er war ein Werleopard. Aber er war einer von Rainas Lieblingsschauspielern. Er war in ihren Pornofilmen aufgetaucht und sogar in einem Snuff-Film. Ich wollte sie schon fragen, wen sie mehr fürchtete, Raina oder Gabriel. Aber es spielte keine Rolle. Ich würde es mit beiden zu tun kriegen.
     
    »Danke«, sagte ich zu Heidi. Sie nickte. Ich betrat den Korridor und ging den Schreien nach.
     
    Ich folgte dem Klang der Stimmen zur zweiten Tür auf der linken Seite. Es waren mindestens zwei leise Männerstimmen zu unterscheiden. Die Worte konnte ich nicht verstehen. Die Schreie wurden gellend. »Aufhören, bitte, hört auf. Nein!« Das war ebenfalls ein Mann. Sofern sie heute Nacht nicht mehr als einen folterten, musste es Stephen sein.
     
    Ich holte tief Luft, atmete langsam aus und griff mit der Linken nach dem Türknauf. Ich hätte zu gern gewusst, wie der Raum angelegt war. »Bitte, nicht!«, schrie Stephen.
     
    Genug. Ich öffnete die Tür, stieß sie gegen die Wand, damit ich wusste, dass keiner dahinter stand. Ich wollte eigentlich den Raum überblicken, doch was ich auf dem Boden sah, stoppte mich augenblicklich wie eine im Blitzlicht erstarrte Albtraumgestalt. Stephen lag auf dem Rücken in einer weißen offenen Robe, die seinen nackten Körper enthüllte. Von seiner Brust lief das Blut in dünnen Fäden, obwohl keine Verletzungen zu sehen waren. Gabriel hielt ihm unter dem Rücken die Arme fest, als wären sie schon gefesselt. Stephens hüftlange hellblonde Haare lagen in Gabriels Schoß. Gabriel war am Oberkörper nackt, bis auf den Silberring in der rechten Brustwarze. Das schwarze krause Haar hing ihm über die Augen, und als er aufblickte und mich ansah, wirkte er wie blind.
     
    Auf der anderen Seite neben Stephen kniete ein zweiter Mann. Die hellblonden Locken reichten ihm bis zur Taille. Er trug die gleiche weiße Robe, aber geschlossen. Er schaute zur Tür, und sein schmales, hübsches Gesicht war ein Ebenbild Stephens. Er musste sein Bruder sein. Er hielt ein Stahlmesser in der Hand. Er machte gerade einen Schnitt, als ich hereinkam. Aus Stephens Haut quoll frisches Blut.
     
    Stephen schrie.
     
    Auf seinem Unterleib räkelte sich eine nackte Frau. Sie saß rittlings auf ihm und hielt seine Beine fest. Ihr langes braunes Haar fiel wie ein Vorhang um sie und verbarg die letzten schamvollen Einzelheiten. Raina hob das Gesicht von Stephens Leistengegend. Ihre vollen Lippen teilten sich zu einem Lächeln. Sie hatte eine Erektion erzwungen. Trotz Stephens Gegenwehr hatte sein Körper sich gefügt.
     
    Ich brauchte einen Herzschlag lang, um alles in mich aufzunehmen, es geschah wie in Zeitlupe.

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